Kleiner Rückblick in die Harz- und Talsperrengeschichte bei Königshütte/Elend Heute vor 155 Jahren: Der Wormkedamm bricht!
Es ist fast ein Geheimtipp für einen trotz Hitze immer noch kühlen Wanderweg, und es ist ein Spaziergang in die Geschichte: In Mandelholz führt ein Weg zum früheren Wormkedamm. Er brach genau heute vor 155 Jahren und sorgte für eine Überschwemmung.
Königshütte/Mandelholz. Ein ungewöhnliches Rauschen erfüllt die Luft, dazwischen kracht es, als wenn Bäume brächen. Mensch und Tier schauen ängstlich zum Himmel – dann braust auch schon eine meterhohe Flutwelle heran ...
Das ist kein Anfang eines Heimathorrorfilms, sondern in etwa das Geschehen am 22. Juli 1855. Damals brach der Staudamm bei Mandelholz, der sogenannte Wormkedamm. Die Wassermassen aus dem damaligen "Mandelhölzer Teich" ergossen sich in Täler und Ortschaften. "Vorausgegangen ist den alten Chroniken zufolge ein großes Unwetter", schreibt Heimatforscher und Buchautor Dr. Christoph Unger aus Neuwerk der Harzer Volksstimme. Vor allem in den damaligen Königshütter Ortsteilen Neue Hütte, Lüdershof, Rothe Hütte und Königshof habe die Flutwelle große Verwüstungen angerichtet. "Und noch bis in die 1960-er Jahre hinein zeigten Schilder in der heutigen Ofengießerei in Königshütte den "Stand der Wasserfluth" an. 1,37 Meter hoch standen die Fluten vor 155 Jahren dort mitten im Ort.
Damit war ein Versuch, die Wassermassen im Gebiet der Kalten Bode zu bändigen und zu nutzen, gescheitert. Dr. Unger dazu:
"Im Jahre 1797 geplant und kurz danach errichtet, sollte diese kleine Talsperre die Situation des Aufschlagwassers für die Wasserräder der bodeabwärts liegenden Hüttenwerke (Mandelholz bis Königshof) verbessern. Die im Jakobsbruch entspringende Wormke speiste den Teich, soweit ihr Wasser nicht schon über den im 15. Jahrhundert angelegten Wormsgraben in den Zillierbach abgeleitet war." Der Wormkedamm sei in der damals üblichen Harzer Bauweise aus Rasensoden, Dammerde und mit Spriegelgerinne errichtet worden. Der Teich war mit einem gut durchdachten Überlaufgraben angelegt worden, so Experten, doch der reichte im Härtefall nicht.
"In den Archiven finden sich Berichte aus den Jahren 1798 bis 1808", so Dr. Unger weiter, "worin auf Undichtheiten des Dammes und entsprechende Erfordernisse hingewiesen wird." Ob und wie sie berücksichtigt wurden, ist offen. Der Damm hielt noch fast 50 Jahre, dann aber brach er.
Heute ist das Gebiet eine Wanderidylle am Naturdenkmal Mandelholz. Der Zugang ist neben dem Hotel "Grüne Tanne" zu finden. Nach wenigen Minuten und einer Überquerung der Wormke, zurzeit ein Bächlein, ist die damalige Bruchstelle noch gut und genau zu erkennen. Der Weg führt direkt durch den einstigen Wall, auf dem heute Bäume stehen. Eine Hinweistafel gibt Erläuterungen über den Ort und seine Geschichte.
Seit 1957 werden die besonders im Frühjahr anstehenden Wassermassen durch die Talsperre bei Königshütte/Mandelholz, das "Hochwasserrückhaltebecken Kalte Bode", aufgefangen und reguliert.