Geschichte Hinter die Fassade geblickt
Der Diplom-Museologe Peter Nüchterlein erzählt in seinem neuesten Buch historische Geschichten aus der Stadt Wernigerode und den Ortsteilen.
Wernigerode l Zu einem Ausflug in die Wernigeröder Häusergeschichte lädt Peter Nüchterlein in seinem neuesten Buch ein. Auf 760 Seiten präsentiert der Diplom-Museologe hier als Stadtschreiber in Wernigerode Geschichte der Häuser der Altstadt in Wernigerode, Hasserode und Nöschenrode, aber auch die ihrer Bewohner. 1000 Häuser sind in dem Buch aufgeführt.
Der Autor arbeitet seit langem für Gerichte als Nachlassforscher, kommt dabei fast täglich mit dem Lesen alter Schriften in Berührung. Das Projekt „Stadtschreiber in Wernigerode“ ist für Peter Nüchterlein das Bindeglied zwischen Profession im Beruf und der Schriftstellerei. Archive sind auch für ihn kostbare Quellen historischen Schriftgutes.
Zu selten habe der Laie Gelegenheit, diese Archivalien zu Gesicht zu bekommen oder gar zu lesen. Meist würde es an der fehlenden Zeit, aber auch an der Kenntnis alter Schriftformen und der Kalligraphie scheitern. Aus diesem Grund habe er sich für sein Buch als „Stadtschreiber in Wernigerode“ in Archive begeben und dort altes Schriftgut ausgewertet.
Nach eineinhalb Jahren Forschung nimmt er nun geschichtsinteressierte Leser mit auf eine Zeitreise in die Straßen und Gassen der bunten Stadt. Sie erfahren, was sich dort im Laufe der letzten Jahrhunderte ereignet hat. So beispielsweise, dass neben dem Hotel und Restaurant „Weißer Hirsch“ im Jahr 2017 noch ein weiteres Haus dieser Branche sein 300-jähriges Bestehen begeht: Die „Grüne Tanne “ in der heutigen Breiten Straße 211. Als Logierhaus in der Neustadt vor 300 Jahren gegründet, fungierte sie ebenfalls als Preußisches Ordonanzhaus.
Den Häuserlisten vorangestellt ist ein kleiner geschichtlicher Exkurs in die Wernigeröder Stadtgeschichte, sowie der von Hasserode und Nöschenrode. Zwei Ortsteile, die erst 1906 beziehungsweise 1929 mit Wernigerode vereinigt wurden. Bei der Hasseröder Häusergeschichte ist interessant, dass gar nicht so viele Flüchtlinge aus der Pfalz – Stichwort Pfälzer Gasse – hierher kamen.
Die meisten der Neuansiedler stammten aus dem näheren Umkreis innerhalb der Grafschaft Wernigerode. Manche der Häuserlisten beginnen bereits im 15. Jahrhundert, doch fast alle enden zeitgleich zwischen 1900 und 1928. Interessant nachzulesen ist in Nüchterleins Werk, welche Berufsstände und Gewerke es wo in der Stadt gab.
In Nöschenrode waren beispielsweise oft jene Berufsstände vertreten, die auch in den Diensten der Grafen zu Stolberg-Wernigerode standen. Hofradmacher, Rechnungsamtsrat, Hofapotheker und andere, die hier hauptsächlich wegen der Nähe zum Schloss tätig waren.
In der Büchtingenstraße hingegen wohnten und verrichteten zum größten Teil anderen Handwerker ihre Arbeit. So beispielsweise Zacharias Bornemann, der im Haus Nummer 52 im Jahr 1700 als Hufschmied arbeitete. Gleich nebenan im Haus 50 wechselten mit den Generationen auch die Berufsbilder: Es gab Gärtner, Tapezierer, Hausknechte und auch mal einen Schuhmacher.
Um den Aufbau des Buches zu verstehen, bedarf es noch einiger Hinweise. Mitte der 1950er Jahre hatte ein Lokalhistoriker die Grundakten der Stadt eingesehen und daraus die wichtigsten Daten zu den Häusern und den darin lebenden Bewohnern zusammengetragen. Dies wäre heute unmöglich, da nach mehrfacher Umschreibung und Erneuerung der Grundbücher nur noch tagesaktuelle Daten der letzten 30 bis 50 Jahre verzeichnet werden. Ein Zugriff auf Daten vor 1900 ist unmöglich.
Die historischen Grundbücher lagern heute im Grundbucharchiv in Barby im Salzlandkreis und sind nicht mehr komplett einsehbar. Ergänzt wurden diese Daten um Erkenntnisse mit Berichten über die einzelnen Stadtbrände aus Nüchterleins früherem Werk „Der Rote Hahn in Wernigerode“ und den jüngsten Forschungen.
Erhältlich sind die "Wernigeröder Häusergeschichte(n)" im Scriptorium des Stadtschreibers in der Oberengengasse oder unter www.stadtschreiberinwernigerode.de als Hard- und Softcover-Version.