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Finanzen Jetzt geht‘s an den Sparstrumpf

In den kommenden Jahren ist ein dickes Minus im Wernigeröder Stadthaushalt zu erwarten. Ab sofort heißt es sparen.

Von Ivonne Sielaff 17.09.2018, 01:01

Wernigerode l Diese Nachricht muss erst einmal sacken: Wernigerode erwarten arge Geldprobleme. Bereits für 2019 rechnen die Finanzexperten im Rathaus mit einem Fehlbetrag von 3,1 Millionen Euro im Ergebnisplan. Für 2020 wird ein Defizit von 3,7 Millionen Euro vorhergesagt, wie Stadtkämmerer Frank Hulzer in der Sitzung des Finanzausschuss informiert hat.

Glück im Unglück: Die Stadt kann in 2019 und 2020 noch auf den städtischen Sparstrumpf mit Überschüssen aus den vergangenen Jahren zurückgreifen, um den Haushalt im Gleichgewicht zu halten. Die schlechte Nachricht: Ab 2021 sind alle Reserven aufgebraucht, Wernigerode steht dafür mit einem dicken Minus da. „Wenn es so bleibt, werden wir um Konsolidierungsmaßnahmen nicht herum kommen“, so Hulzers düstere Prognose.

Was das bedeutet? Die Kommunalaufsicht des Harzkreises verlangt von den Kommunen einen ausgeglichenen Haushalt. Erträge und Ausgaben müssen sich die Waage halten, die Einnahmen im günstigsten Fall überwiegen. Schafft eine Stadt das nicht aus eigener Kraft, rutscht sie in die Haushaltskonsolidierung, bei der alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um den Fehlbetrag zu schmelzen. Dazu zählen auf der einen Seite Steuer-, Gebühren- und Beitragserhöhungen und auf der anderen Seite die Reduzierung der kostenintensiven freiwilligen Aufgaben. Das heißt: Alles kommt auf den Prüfstand: Museen, Bäder, Freizeiteinrichtungen, Kulturstätten, Sport- und Vereinsförderung. Auch geplante Investitionen können unter die Lupe genommen werden.

Wie konnte es so weit kommen? „Wir hatten gute Jahre, die nächsten Jahre werden schwieriger“, versucht Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos) im Volksstimme-Gespräch zu erklären. Die Kreisumlage, also das Geld, das die Stadt jährlich an den Landkreis zu zahlen hat, sei um 777.000 Euro gestiegen. „Insgesamt führen wir 13 Millionen Euro an den Kreis ab.“ Die Stadtwerke, der stadteigene Energieversorger, prognostiziert für die kommenden Jahre niedrigere Gewinne. „Auch die Gewerbesteuer wird sich verringern“, so Gaffert. Er rechne mit 800.000 Euro weniger Einnahmen. Das sei ein gesamt-ostdeutsches Phänomen. „Weil sich die Konjunktur verlangsamt.“ Dazu kommen Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst.

Eine große Unbekannte sei das neue Kinderförderungsgesetz, das Ende 2018 verabschiedet werden soll. „Wahrscheinlich bekommen wir 600.000 Euro mehr vom Land.“ Gleichzeitig würden aber die Aufwendungen der Stadt für die Kinderbetreuung um 1,1 Millionen Euro steigen.

Lässt sich das Gespenst Haushaltskonsolidierung noch aufhalten? „Wir sind intern dabei, Sparmöglichkeiten zu prüfen“, sagt der Stadtchef. Er habe vom Stadtrat den Auftrag bekommen, das Personalkonzept zu überarbeiten. „Wir werden da in Kürze einen Vorschlag unterbreiten – mit ziemlichen Auswirkungen finanzieller Art“, kündigt Gaffert an, ohne ins Detail zu gehen. Das habe aber auch Folgen für die Erledigung von Aufgaben.

Ziel seien nach wie vor „keine radikalen Abstriche“ bei den Leistungen der Stadt. Gleichzeitig erwarte er von den Bürger die Bereitschaft, einen „gewissen Anteil“ davon zu tragen. Sprich Steuern? „Man kann nicht alles über Steuern abfangen“, sagt Gaffert. „Aber wir sind 2018 mit der Grundsteuer nicht so richtig weiter gekommen.“ Die Verwaltung hatte Anfang des Jahres darauf gedrängt, die Grundsteuer B von 360 auf 450 Hebesatzpunkte zu erhöhen – für jährliche Mehreinnahmen von 848.000 Euro. Die Stadträte einigten sich dann aber lediglich auf einen Hebesatz von 380. „Damit sind wir nicht einmal in der Lage, den Winterdienst und Straßenreinigung zu finanzieren“, sagt Peter Gaffert jetzt. Also eine erneute Steuerdiskussion? Vor der Kommunalwahl sehe er dafür keine Möglichkeit. „Obwohl wir eigentlich müssten.“