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Benneckenstein hat eine Tradition, die langsam in Vergessenheit gerät, aber eine Fortsetzung findet Kinder singen nur noch selten zu Silvester

Von Jürgen Kohlrusch und Burkhard Falkner 31.12.2012, 01:20

Sternsinger sind bekannt, aber Silvestersinger? Die gab es einst als Tradition in Benneckenstein und wurden in Wernigerode sogar verboten. Heute sind sie fast vergessen.

Benneckenstein l Die ganze Familie ist mitten in den Vorbereitungen zum Jahreswechsel, da schellt es plötzlich und unvermittelt. Kinder stehen vor der Tür, singen "Bin ein armer König, gib mir nicht zu wenig" und halten die Hände auf.

Das kann auch heute noch in Benneckenstein passieren und hat eine vielfach unbekannte, aber lange Tradition. Denn Chroniken zufolge zogen Kinder in Benneckenstein seit alters her nicht am 6.Januar, sondern zu Silvester durch die Straßen, um Verwandten und Bekannten ein kleines Ständchen zu bringen, Glück für das neue Jahr zu wünschen und kleine Geschenke zu ergattern. Emigranten aus Salzburg sollen den Brauch mitgebracht haben, als sie sich 1732 in Ellrich, Sachsa und Benneckenstein niederließen. Der Brauch blieb regional begrenzt.

Schon in der benachbarten Grafschaft Wernigerode waren derartige Neujahrsgrüße der Kinder als Bettelei eingestuft und verboten. Übertretungen wurden damals mit bis zu zwei Talern Strafe oder sogar auch mit einer Gefängnisstrafe geahndet. Dem zugrunde lag eine Herrschaftliche Verordnung vom 22. März 1790, die das Neujahrssingen "sowohl in als vor den Häusern" untersagte.

Dafür sollten die Leute lieber etwas in Armenkasse geben, hieß es. In Benneckenstein aber erklangen zu Silvester oft Lieder wie "Eine goldene Schnur geht um das Haus", "Drei Rosen" oder eben "Ich bin ein kleiner König". Allerdings heben Medienberichte um 1905 auch hervor, dass dieses Singen oft kein Genuss für die Bürger gewesen sei. Sie hätten etwas Geld oder einen Apfel nur gegeben, um "die kleinen Schreihälse" wieder los zu werden.

Heute ist das silvesterliche "Singengehen" aber auch in Benneckenstein selten geworden. Stattdessen hat sich das Sternsingen am Dreikönigstag immer mehr eingebürgert. Eigentlich katholischen Ursprungs, hat Pfarrer Ulrich Stabe von der evangelischen Gemeinde St. Laurentius das Neujahrssingen seit einigen Jahren im Ort etabliert. Der erste Unterschied ist, dass die Spenden nicht in die Sparschweine der Kinder wandern, sondern einem sozialen Zweck zugute kommen. Und der zweite: Die einst kritisierten Schreihälse sind nicht mehr dabei.