Kirchenmusik Musikbegeisterter Lehrer stiftet Stabkirche Stiege ein Harmonium
Das alte Harmonium der Stabkirche Stiege ist nicht mehr zu retten. Deshalb stiftet der Musiklehrer Christian Hauf ein neues Instrument für die Kapelle.
Bad Harzburg/Stiege - Angriffe mit der Kettensäge, Verschleiß und missglückte Reparaturen: Das alte Harmonium aus der Stabkirche Stiege hat einiges erlebt. Das habe Spuren hinterlassen, sagt Christian Hauf: „Wir haben alles versucht, um das Instrument zu retten.“ Dies jedoch vergebens: Nun stiftet der Lehrer und Kirchenmusiker ein neues Instrument, das jedoch einige Jahre älter ist als sein Vorgänger.
Mit den Tasteninstrumenten kennt er sich aus: „Ich habe eine Harmonium-Neurose“, sagt der 52-Jährige mit einem Lachen. Sein erstes Harmonium erhielt er im Alter von zwölf Jahren, das Geld hatte er zusammengespart. „Ich fand es schon als Kind beeindruckend, wie das Instrument mit seinen Fußpedalen den nötigen Wind erzeugt“, sagt Hauf.
Erinnerungen an die Lungenheilanstalt
Später lernte er zusätzlich Orgel und studierte Kirchenmusik, heute arbeitet er als Musiklehrer im Landschulheim Grovesmühle in Veckenstedt. In der Freizeit befasst er sich ausgiebig mit seinem Lieblingsinstrument. Erfunden wurde es 1842 in Frankreich: „Es ist eine kleinere Orgel, die für den Gemeindegesang und für die Salonmusik verwendet wird.“ Einige Exemplare hat Hauf gesammelt, rund 30 eigenhändig repariert.
Daher wurde er hellhörig, als ihn eine Bekannte vor einem Jahr auf das marode Instrument hinwies, das seinerzeit noch in der hölzernen Kapelle nahe der ehemaligen Lungenheilanstalt Albrechtshaus stand. Das Gelände kannte Hauf aus seiner Kindheit: Der gebürtige Blankenburger, der in Thale aufgewachsen ist, ist dort häufig mit seinen Großeltern gewandert. „Mein Großvater war Arzt und hatte oft im Albrechtshaus zu tun.“
Irreparable Schäden
Das Instrument, das er dort vorfand und zur Reparatur ins heimische Bad Harzburg brachte, war jedoch ein hoffnungsloser Fall. Einbrecher hatten das Gehäuse mit der Kettensäge zerstört. „Da wurde richtig reingesägt“, so Hauf. Als er das Harmonium in seine Einzelteile zerlegte, zeigten sich weitere Schäden an dem Instrument, das vermutlich seit der Kirchweihe 1905 im Gebäude stand. Es stammt aus der Werkstatt des Ulmer Instrumentenbauers Ernst Hinkel, der seit dem Jahr 1880 mit dem Bau von Druckluftharmonien reüssierte.
Im Lauf der Jahre habe sich das Holz zusammengezogen und war nicht nur vertrocknet, sondern auch verfault. Die ledernen Bälge waren ebenfalls zersetzt, die metallenen Zungen gebrochen. Frühere, wenig fachgerechte Reparaturen hatten das Bild verschlimmert.
Besonders wertvoll sei das Harmonium aber nicht gewesen. Man könnte an seinem Beispiel in Workshops zeigen, wie man solch ein Instrument repariert, sagt er. Weil die Kirche aber auch am neuen Standort ein Harmonium brauche und ihn das Engagement des Fördervereins beeindruckte, beschloss Hauf, Ersatz für das defekte Instrument zu stiften.
Instrument wurde in Kanada gebaut
Fündig wurde er bei einem Kleinanzeigen-Portal im Internet. Eine Besitzerin aus dem niedersächsischen Uelzen bot ihr Harmonium feil, das aus Kanada stammt. Gebaut wurde es um 1890 in der Firma von Dennis Walter Karn in Woodstock in der Provinz Ontario. Ihn fasziniere der Gedanke, dass das Instrument einst per Schiff die weite Reise über den Atlantik angetreten hatte, um in Europa verkauft zu werden, sagt Hauf. „Die Harmonien fanden hier reißenden Absatz.“
In Deutschland sei es vermutlich von einer Familie gekauft worden, um zu Hause zu musizieren. Hauf hat es auf Herz und Nieren geprüft und von innen wie außen komplett wiederhergestellt. „Es hat sogar in puncto Klangfarbe mehr zu bieten als sein Vorgänger.“ Als die vorherige Besitzerin hörte, wozu das Instrument künftig dienen soll, habe sie es gerne abgegeben, sagt der Musikliebhaber. „Sie fand den Gedanken sehr schön, dass es auf diese Weise noch ein langes Leben vor sich hat.“
Wann es das erste Mal in der Stabkirche erklingen soll, die derzeit in Stiege wieder aufgebaut wird, ist offen. Er selbst könnte dort ebenfalls in die Tasten greifen, so Hauf. Mit befreundeten Musikern könne er beim Gesprächskonzert den Zuhörern das Instrument nahe bringen. „Doch das ist noch Zukunftsmusik.“