Natur Nach seiner Rettung kehrt wieder Leben ein in den Ütschenteich bei Wernigerode
Wernigerode
Vorsichtig lässt Tommy Löwenberg seine Finger ins Wasser gleiten. Die winzigen Fische sind nun frei, auch wenn sie sich erst an ihre neue Heimat – den Ütschenteich – gewöhnen müssen. Für Löwenberg und seine Mitstreiter vom Verein für Angler und Naturfreunde Wernigerode ist es ein ganz besonderer Moment. Denn lange Zeit war an Leben in dem kleiden Gewässer in den Wäldern zwischen Wernigerode und Darlingerode nicht zu denken.
„In einem ersten Gang haben wir den Teich mit sogenannten Biotopfischen besetzt“, berichtet der Vereinschef. Darunter Moderlieschen, Bitterlinge, Gründlinge und Teichmuscheln. Viele dieser Arten seien geschützt, stehen auf der Roten Liste in Sachsen Anhalt. „Es sind keine Fische zum Angeln“, erklärt Löwenberg. „Die Teichmuschel und der Bitterling leben in Symbiose und können sich nur fortpflanzen, wenn beide Arten in einem Teich vorkommen.“ Gleichzeitig sei ihr Vorkommen ein guter Indikator für die Wasserqualität eines Gewässers.
Und um die Wasserqualität des Ütschenteichs war es zuletzt schlecht bestellt. Im kleinen Paradies – so der Spitzname des Gewässers – hatte sich vor einigen Jahren die Krebsschere explosionsartig vermehrt. Fast die ganze Teichoberfläche war von der Wasserpflanze überwuchert und machte den Fischen mächtig zu schaffen. Die Krebsschere entzog dem Teich den Sauerstoff. Immer mehr abgestorbene Blätter lagerten sich ab. Der Lebensraum für die Fische wurde immer kleiner. Der Teich kippte mehrfach um und drohte sogar, komplett zu verlanden.
Das wollten die Mitglieder vom Verein für Angler und Naturfreunde nicht zulassen. In mehreren Arbeitseinsätzen versuchten sie, ihr Pachtgewässer von der Krebsschere zu befreien. Aber vergeblich. Allein war es nicht zu schaffen. Zusammen mit dem Ortschaftsrat Darlingerode und dem Unterhaltungsverband Ilse-Holtemme wurde nach Lösungen gesucht. Der entscheidende Tipp kam schließlich von Umweltministerin Claudia Dalbert (Bündnis 90 /Die Grünen) – ein Förderantrag für das Artensofortprogramm des Umweltministeriums. 600.000 Euro wurden bewilligt – die Rettung des kleinen Paradieses konnte beginnen.
Schlamm ausgebaggert
Im Sommer 2019 wurde der Teich entwässert. Die eigentlich Arbeiten starteten im November 2019. Allen Schwierigkeiten zum Trotz gelang es, Tausende Kubikmeter Schlamm aus dem Teich zu baggern, einen neuen Auslauf zu installieren, die Hochwasserüberleitung zu erneuern und den Uferbereich zu modellieren.
Ein Jahr nach der Fertigstellung ist der Ütschenteich nun wieder gut mit Wasser gefüllt. Und nicht nur das – es kreucht und fleucht wieder. „Es haben sich bereits Stockenten, Gänse, Blässhühner, Erdkröten und Laubfrösche angesiedelt“, berichtet Tommy Löwenberg, der sich im Namen des Vereins bei allen Unterstützern und Helfern bedankt. Ziel des Vereins sei es, den Teich als Biotop, aber auch wieder als Angelgewässer herzustellen. „Wir als Verein haben auch die Aufgabe, die Natur nachhaltig zu bewirtschaften.“ Deshalb wurden in einem zweiten Schritt laichfähige Rotfedern und Plötzen in den Teich gesetzt. „Die Fische können sich über den Sommer in Ruhe an das Gewässer gewöhnen und eventuell gleichzeitig laichen“, sagt der Vereinschef.
Regelmäßige Kontrollen
Im Herbst sollen dann die vor den Bauarbeiten abgefischten Schleien zurück in den Ütschenteich kehren. „Diese werden elektrisch aus den Wernigeröder Teichen abgefischt und in ihr Heimatgewässer zurückgebracht.“ 2022 soll dann auch wieder der Hecht angesiedelt werden, der vor der Invasion der Krebsschere ebenfalls in dem Teich ansässig war.
Dennoch ist die Arbeit am Teich für die Angelfreunde noch längst nicht beendet, wie Tommy Löwenberg informiert. „Wir müssen zwei-, dreimal im Jahr mit dem Boot über den Teich und kontrollieren, ob die Krebsschere sich wieder vermehrt.“ Wenn nötig, werde die Wasserpflanze dann gleich wieder entfernt. Zudem soll zusammen mit der Stadt Ilsenburg ein Rechen installiert werden, der das Laub aus dem Zufluss der Limmecke aufhalten soll. „Dadurch kann eine schnelle Verschlammung des Teichs verzögert werden.