Naturschutz Ütschenteich trocken gelegt
Die Rettung des Ütschenteichs bei Wernigerode ist zum Greifen nah. In wenigen Tagen rücken die Baumaschinen an.
Wernigerode l Ein ungewohntes Bild: Das Wasser im Ütschenteich ist abgelaufen, gibt den Blick auf Massen von Schlamm und abgestorbenen Wasserpflanzen frei. Gleich nach der Laichzeit im August haben die Angler den zwischen Wernigerode und Darlingerode gelegenen Teich entwässert – ganz langsam, damit die dort lebenden Tiere mitkommen. Die verbliebenen Fische wurden eingefangen und in den Köhler- und Kurtsteich in Wernigerode umgesiedelt. Seither hat das Kleinod Zeit zu trocknen, bis im November die Renaturierung beginnen kann.
Die Sanierung des 1,2 Hektar großen Gewässers ist dringend notwendig, weil es zu verlanden droht. Die vor Jahren angesiedelte Krebsschere macht dem Teich und den Fischen mächtig zu schaffen. Die auch unter dem Namen Wasseraloe bekannte Pflanze hat sich explosionsartig vermehrt, so dass inzwischen fast die ganze Wasserfläche überwuchert war. Die Krebsschere entzog dem Teich den Sauerstoff, immer mehr Moder lagerte sich ab, den Fischen fehlte der Lebensraum. Der Teich kippte bereits mehrmals um und stank gen Himmel.
Die Mitglieder des Vereins Angler und Naturfreunde Wernigerode mit Tommy Löwenberg an der Spitze hatten in den letzten zwei Jahren mehrfach versucht, der Krebsschere in ihrem Pachtgewässer den Garaus zu machen. Vergeblich. Auch der Ortschaftsrat Darlingerode setzt sich seit geraumer Zeit für eine Rettung des Teichs ein. Erst mit dem Unterhaltungsverband Ilse-Holtemme im Boot und mit einem Tipp von Umweltministerin Claudia Dalbert (Bündnis 90 / Die Grünen) kam Bewegung in die Sache. Ein Förderantrag für das Artensofortprogramm des Umweltministeriums wurde gestellt und zur Freude der Ütschenteichfreunde bewilligt. 600.000 Euro stehen für die Renaturierung bereit.
Die Herausforderung ist es nun, den Schlamm zu entfernen. Bis zu drei Meter tief sei der Schlamm an einigen Stellen des Teichs, im Schnitt sei es ein Meter, informiert die beauftragte Projektleiterin Bettina Knab. „Etwa 10.000 Kubikmeter Schlamm müssen entsorgt werden. Das ist eine gewaltige Aufgabe“, schätzt die Diplom-Ingenieurin ein.
In einer ersten Bauphase sollen ab 4. November die vorbereitenden Arbeiten erledigt werden. „Wir müssen Zugänge und Baustraßen schaffen und sichern und gleichzeitig die Zuläufe abriegeln“, informiert Bettina Knab. Im Dezember sollen die Schlammmassen zusammen geschoben werden. „Wir haben keinen Platz zum Zwischentrocknen. Wir lassen sie vor Ort auf Haufen erst einmal ausbluten.“
Der Abtransport ist für Mitte, Ende Februar geplant, wird in etwa sechs Wochen dauern. Der „gute organische Schlamm“ werde auf die Felder gebracht. „Er wertet den Boden auf“, erklärt Bettina Knab. Wo und wieviel – das werde noch mit den zuständigen Behörden abgestimmt.
Im Frühjahr soll dann ein neuer Auslauf im Teich installiert werden, „um den Auslauf zu vergrößern“, so die Projektleiterin. Zudem sollen das Bachdelta der Limmecke profiliert und die Hochwasserüberleitung erneuert werden. Die aufgeschüttete Insel in der Mitte des Gewässers kommt weg, um eine gute Durchströmung zu gewährleisten. „Danach gestalten wir den ganzen Teich mit natürlich schönen flachen Ufern, Schilf und Kleingehölzen.“
Ein Detail aber bereitete den Planern im Vorfeld einiges an Kopfzerbrechen. Bei einer Kartierung wurde die grüne Mosaikjunfer entdeckt. Die Libellenart gilt als gefährdet und muss deshalb geschützt werden. Was die Sache kompliziert macht: Ihr Lebensraum ist ausgerechnet die ungeliebte Krebsschere. „Wir stellen uns dem, haben das Projekt angepasst“, versichert Ulrich Eichler, Chef des Unterhaltungsverbandes Ilse-Holtemme. „Der Lebensraum bleibt erhalten.“ Deshalb soll die Wasserpflanze zumindest in einem abgegrenzten, etwa 2000 Quadratmeter großen Bereich erhalten werden.
Wenn alle Arbeiten nach Plan laufen, kann im Juni wieder Wasser angestaut werden. Danach wollen die Angler den Teich wieder mit Fischen besetzen. Dafür gebe es genaue Vorgaben von der Naturschutzbehörde, informiert Tommy Löwenberg. „Schleie und Hecht beispielsweise“, zählt der Vereinschef der Angler auf.
Dass sich am Ütschenteich endlich etwas tut, sei als echter Erfolg zu werten, sind sich alle Beteiligten von Verein, Unterhaltungsverband, Unterer Wasserbehörde und Ortschaftsrat einig. Ein Zusammenspiel vieler, mit nachhaltigem Erfolg. Damit dieser gesichert ist, haben sich die Angler bereit erklärt, ihr Pachtgewässer auch zukünftig zu pflegen, informiert Löwenberg. „Wir müssen gleich reagieren, damit so etwas nicht wieder passiert.“