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Finale in Rio Nils Petersen auf Kurs Olympia-Gold

In Wernigerode werden Sonnabendnacht die Sektkorken knallen. Nils Petersen spielt im Fußball-Finale bei Olympia in Rio.

Von Dennis Lotzmann 20.08.2016, 12:22

Wernigerode l Nils Petersens Vater Andreas „schwebt“ in diesen Tagen wie berauscht durch die Weltgeschichte. Aus gutem Grund: Erst hat der Trainer von Germania Halberstadt Sohnemann Nils fast noch dazu motivieren müssen, dem Ruf von Olympia-Trainer Horst Hrubesch nach Brasilien zu folgen. Nun ist der 27-Jährige, der am Mittwoch im Halbfinale Augenblicke vor dem Schlusspfiff das 2 : 0 gegen Nigeria markierte, auf gutem Weg zu Olympia-Gold.

„Ich war nach diesem Spiel völlig aus dem Häuschen“, berichtet Petersen senior. Und jenes – nennen wir es mal Schicksal – droht dem 56-jährigen Fußball-Enthusiasten heute noch einmal: Um 22.30 Uhr deutscher Zeit laufen die deutschen Kicker im legendären Maracanã-Stadion von Rio de Janeiro gegen Gastgeber Brasilien auf. Zwei Jahre nach dem fulminanten WM-Triumph der Nationalmannschaft greift der DFB-Nachwuchs erstmals nach Olympia-Gold.

Das Maracanã-Stadion dürfte sich dabei in einen Hexenkessel verwandeln. Tausende Fans beider Lager werden von den rund 79 000 Plätzen aus ihre Teams frenetisch anfeuern.

Ganz anders Petersen senior: Während der Junior am Abend vielleicht schon in der Startelf dabei ist, mag er es eher übersichtlich: „Ich bin nicht der Typ für große Übertragungspartys.“ Eines aber ist schon jetzt sicher: „Egal, wie die Partie ausgeht – wir köpfen danach Sekt, um entweder auf Silber oder sogar Gold anzustoßen“, so Andreas Petersen.

Für den 56-Jährigen, der nicht nur Sohnemann Nils, sondern auch Tochter Norma mit dem Fußball-Virus infiziert hat, sind die Auftritte in Brasilien zugleich persönliche Bestätigung. Und: Wie stolz kann ein Vater auf seinen Sohn sein?

Letztlich, sagt Petersen, sei das kaum messbar. „Wenn du aber diese Bilder siehst, läuft vor deinem Auge seine gesamte Kindheit nochmal wie im Film ab“, beschreibt der 56-Jährige eines der am Mittwochabend durchlebten Gefühle. Um exakt 22.47 Uhr hatte der gerade eingewechselte Sohn Nils mit dem 2 : 0 gegen Nigeria das Ticket nach Rio klar gemacht.

Wenn man so will, ein perfekter Höhepunkt in einer langjährigen und höchst innigen Liebe. Schon im Kindesalter hatte der Filius seine Liebe zum runden Leder entdeckt. „Seine große Schwester Norma war treibende Kraft und Motivation“, verrät der 56-jährige Vater. „Er hat mit sechs, sieben Jahren mal geguckt, und dann ist es immer mehr geworden.“ Und wie oft unter Geschwistern, war es auch hier: Der Jüngere lernt vom Älteren und eifert ihm nach.

Nils sei aber nichts in den Schoß gefallen. „Er hat sich das über die Jahre alles erarbeitet.“ Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Einst beim FC Einheit Wernigerode gestartet, spielt der 27-Jährige heute als Stürmer beim Erstligisten FC Freiburg und war schon Torschützenkönig.

„Ich bin unendlich stolz“, so der Vater. „Davon träumst du als junger Sportler – nun ist dieser Traum wahr geworden. Er hat eine olympische Medaille sicher.“ Der Oberliga-Trainer verhehlt aber auch nicht, wie aufgewühlt er ist: „Ich habe Probleme damit, wieder runterzufahren.“

Konsequenz: Der gebürtige Quedlinburger machte die Nacht zum Donnerstag durch, verfolgte die gesamte Olympia-Berichterstattung und marschierte am Morgen mit Mega-Augenrändern, völlig übermüdet, aber unendlich glücklich durch die Weltgeschichte.

Bei aller Euphorie und Freude über den Erfolg des 27-jährigen Sohnes – kurzentschlossen springt der Vater trotzdem nicht in den Flieger nach Rio de Janeiro. „Der Aufwand wäre viel zu groß und so einfach kommt man nicht an einen Direktflug. Ich wäre gut und gerne 20 Stunden unterwegs.“

Außerdem sei er ja in Trainerpflichten: „Ich habe mit dem VfB Germania am Freitagabend ein wichtiges Pokalspiel und möchte dieser Aufgabe professionell gerecht werden. Außerdem bin ich keine 30 mehr. Deshalb werde ich das Gold-Spiel im kleinen Kreis genießen.“ Er wird gemeinsam mit seiner Frau daheim in Silstedt die Daumen drücken. Selbige könnten dann freilich schon etwas schmerzen. Schließlich ging am Freitagabend bereits das Finale der deutschen Olympia-Kickerinnen gegen Schweden über die Bühne. „Da bin ich natürlich auch dabei“, so Petersen Stunden zuvor.

Sollte Sohn Nils heute das Wunder Olympiasieg vollbringen – Freude und Stolz des Vaters wären unermesslich. Persönlich gratulieren könne er aber frühestens in zwei bis drei Wochen. „Erstmal muss Nils zurück nach Freiburg, dort startet die Saison. Wir telefonieren aber täglich.“

Bleibt zum Schluss die alles entscheidende Frage an Petersen senior: Wie endet heute das Finale? „Es gibt volles Programm – erst 1 : 1 nach Verlängerung und dann Elfmeterschießen mit 5 : 4 für Deutschland.“ Und als Zugabe knallende Sektkorken.