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Umweltschutz Oberharze Stadträte vertagen Votum über Solarpark in Benneckenstein

Warum die geplante Anlage in Benneckenstein vorerst in der Warteschleife bleibt

Von Katrin Schröder 28.04.2021, 07:26
Bekommt die Oberharzstadt ihren ersten Solarpark? Die Entscheidung haben die Stadträte in ihrer jüngsten Sitzung vertagt.
Bekommt die Oberharzstadt ihren ersten Solarpark? Die Entscheidung haben die Stadträte in ihrer jüngsten Sitzung vertagt. Foto: dpa

Benneckenstein

In Sachen Solarenergie ist die Stadt Oberharz am Brocken bisher ein unbeschriebenes Blatt Papier. Nun hat ein Investor einen ersten Vorstoß unternommen: Auf dem Gelände von Kalles Reiterhof in Benneckenstein könnte der erste Solarpark im Stadtgebiet entstehen. Die Entscheidung über den Start der Planungen hat der Stadtrat aber vorerst vertagt.

In seiner Fraktion habe man das Thema „heiß diskutiert“, sagte Michael Suchland (CDU) in der Sitzung. Es überwogen die Bedenken, dass das Vorhaben einen Präzedenzfall schaffe. „Wir sind nicht gegen Solaranlagen“, betonte Suchland. Man wolle aber ausführlicher beraten. Dem CDU-Antrag auf Vertagung stimmten elf Stadträte zu, drei waren dagegen, vier enthielten sich.

Aus einem Ja zu diesem Solarpark ließen sich jedoch keine weiteren Ansprüche ableiten, betonte Bauamtsleiter Enrico Schmidt im Stadtrat. „Das ist eine Entscheidung im Einzelfall.“ Gleichwohl sei es angebracht, sich grundsätzlich darüber zu verständigen, an welchen anderen Stellen im Stadtgebiet Solaranlagen möglich und sinnvoll sein könnten.

Entscheidung nicht leicht gemacht

Der Benneckensteiner Ortschaftsrat und der Bauausschuss hatten zuvor den Beschluss befürwortet. „Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht“, sagte Ortsbürgermeister Kay Rogge (parteilos) im Stadtrat.

Bedenken hatte etwa Christel Liebetruth (Linke) im Ortschaftsrat geäußert. „Wir sind ein Erholungsort.“ Deshalb habe man sich bei früheren Beratungen gegen Photovoltaik am Boden ausgesprochen. Man habe sich aber überzeugen lassen, so Rogge. „Damit könnte Benneckenstein einen Beitrag zum Umweltschutz leisten.“

Denn dass das geplante Projekt unangenehm auffalle, sei nicht zu erwarten, sagte Frank Damsch. Der ehemalige Oberharzer Bürgermeister erklärte als Projektentwickler für das beauftragte Ingenieurbüro IP aus Westeregeln den Stand der Planungen. Das Flurstück, um das es gehe, sei zirka 6,4 Hektar groß, doch die Solaranlage selbst werde inklusive Zuwegung und Verkabelung höchstens 8000 Quadratmeter Fläche einnehmen – möglicherweise auch weniger, aber das würden erst die weiteren Planungen ergeben. Das sei ein überschaubares Maß, so Damsch. „Die Fläche ist kleiner als ein Fußballfeld.“

Photovoltaik statt Stall

Der größte Teil des Areals war bereits mit Ställen bebaut, die Eigentümer Karl-Heinz Katzer schon vor Jahren hatte abreißen lassen. „Wir wollen in diese Fläche hineinbauen, wo die alten Fundamente sind“, so Damsch. Damit könne man weitgehend vermeiden, dass landwirtschaftliche Fläche versiegelt werde. „Die Weide bleibt bestehen“, so Katzer im Ortschaftsrat.

Für ihn sei die Solaranlage eine „alternative Einnahmemöglichkeit“ auf einem ansonsten kaum zu nutzenden Grundstücksteil, erläuterte Frank Damsch. Die Leistung der Anlage soll sich auf maximal 750 Kilowatt Peak belaufen – mehr wäre angesichts des Festlegungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz nicht sinnvoll, so der Projektentwickler. Damit könnten jährlich rund. 675000 Kilowattstunden Strom erzeugt und zirka 330 Tonnen CO2 vermieden werden, heißt es in der Beschlussvorlage.

Von der Straße aus sei der betreffende Teil des Geländes kaum zu sehen. Das bestätigte Bauamtsleiter Schmidt: Die Fläche sei „wenig präsent“. Ähnlich äußerte sich Ralf Gläsing (FWG Elend). Im konkreten Fall bestehe „keine Gefahr der Verschandelung“. Die Oberflächen der Solarpaneele könnten zudem mattiert werden, sodass sie nicht spiegeln.

Bewertung beim Betrachter

Bei Einhaltung der bestehenden Auflagen seien keine Probleme mit der benachbarten Panzerfahrstrecke des Ostdeutschen Fahrzeugmuseums zu erwarten. „Der Tourist wird das kaum mitbekommen“, so Damsch. Wenn doch, dann liege die Bewertung beim Betrachter. Mancher fände so einen „Beitrag zur Rettung der Welt“ gut, andere seien vielleicht für regenerative Energien, wollten aber die Stätten ihrer Gewinnung nicht sehen.

Das wolle wohl niemand, sagte Frank Goldhammer (BIOH) im Ortschaftsrat. Das sei aber kein Grund, das Vorhaben zu verhindern. „Wenn hier jemand investieren möchte, sollten wir ihm keine Steine in den Weg legen.“ Ähnlich äußerte sich Matthias Kallmeyer (CDU). Das Vorhaben sei akzeptabel. „Wenn wir ein wenig mitreden können, dann können wir damit leben.“

Das sei auf jeden Fall gewährleistet, erklärte Frank Damsch. Mit dem Beschluss würde der Startschuss für die Ausführungsplanung gegeben, die mit der Erkundung des Naturraums beginne und dann ergebnisoffen voranschreite. Veränderungen im Sinne der Ratsmitglieder und Kompromisse seien möglich, „sodass am Ende ein Papier auf dem Tisch liegt, mit dem jeder leben kann“, so Damsch. Über den Bebauungsplan hätten die Ratsmitglieder zu entscheiden. Die Kosten für das Verfahren übernehme der Investor.

Sogar das Ende des Solarparks lasse sich laut Damsch umweltgerecht planen. Die Laufzeit betrage 20 Jahre und lasse sich um fünf bis zehn Jahre verlängern. Danach bleibe nichts zurück: „Die Anlage lässt sich rückstandsfrei entsorgen, die Fläche kann später anderweitig genutzt werden.“