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Musikfestival Schlamm: „Willkommen bei Wacken am Brocken“

Während das Metal-Festival in Wacken im Schlamm versinkt, trotzen auch im Harz Tausende Musikfans dem Regen. Die Laune bei Rocken am Brocken in Elend ist dennoch gut.

Aktualisiert: 05.08.2023, 16:49
Vor der Brockenbühne in Elend bildeten sich rasch große Schlammlachen.
Vor der Brockenbühne in Elend bildeten sich rasch große Schlammlachen. Sandra Reulecke
Sonnensegel wird Regenschutz: Maria, Dennis, Desi, Mario und Alex (von links) haben sich auf dem Wohnmobil-Platz bei Rocken am Brocken getroffen.
Sonnensegel wird Regenschutz: Maria, Dennis, Desi, Mario und Alex (von links) haben sich auf dem Wohnmobil-Platz bei Rocken am Brocken getroffen.
Katrin Schröder

Elend - Auf der Brockenbühne singt Ennio, aufstrebender Indie-Star aus München, seinen Hit „Blaulicht“, davor gerät das Publikum aus dem Häuschen. Ausgelassen tanzen Imke und Wiebke mit der Menge. Dass ihre Schuhe bis über die Knöchel mit Schlamm beschmiert sind, stört die jungen Harzerinnen nicht. Wie die übrigen 6000 Festival-Gäste in Elend freuen sie sich auf ein Wochenende voller Musik und Spaß bei Rocken am Brocken. Als Zugabe gibt es Regen, Wind und jede Menge Matsch – ähnlich wie für die Heavy-Metal-Fans, die zeitgleich beim Wacken Open Air durch Schlammwüsten waten.

Den Vergleich mit dem Mega-Festival in Schleswig-Holstein hört Anne Bredernitz häufiger. „Es haben schon einige angerufen und gefragt, ob es bei uns auch so schlimm ist wie in Wacken“, berichtet die Sprecherin des Organisationsteams. Sie ist aber überzeugt: „So schlimm wird es nicht. Wir hoffen das Beste.“

Mit ihrem Optimismus fahren die Organisatoren bisher gut. Anders als in Schleswig-Holstein musste im Harz niemand wegen des Wetters draußen bleiben. Ab 12 Uhr mittags haben die Veranstalter am Donnerstag die Park- und Campingplätze geöffnet, drei Stunden später als geplant – in der Hoffnung, dass die durchweichten Böden sich ein wenig stärker erholen würden.

Zusätzliche Platten für stabile Wege

Denn schon die Lkw, die das Material für die Bühnen und die übrigen Anlagen gebracht haben, hatten tiefe Furchen im Erdreich hinterlassen. Deshalb orderten die Veranstalter zusätzliche Platten, um einen stabilen Weg zu schaffen.

Wer mit dem Van oder Wohnmobil auf den Platz rollen wollte, brauchte ordentlich Anlauf und eine gute Portion Glück. Jedes zweite der rund 350 Camping-Fahrzeuge musste per Traktor oder Radlader auf das Feld bugsiert werden, berichtet Festival-Geschäftsführer Markus Blanke. Um den rund 1200 Autos auf den Parkplatz zu helfen, reichte in der Regel kräftiges Anschieben.

Die Zugmaschinen haben die Veranstalter kurzfristig besorgt. „Bis fünf Tage vor Festivalbeginn war vor allem der Brandschutz Thema“, berichtet Blanke. Aus Furcht vor glimmenden Kippen auf trockener Feldflur habe man 25 Riesen-Aschenbecher gebaut und über weitere Schutzvorkehrungen diskutiert. „Dann hat sich gezeigt, dass wir andere Sorgen haben werden.“

Der Popsänger und Songschreiber Bosse räumte bei seinem Auftritt in Elend bei Rocken am Brocken am Donnerstagabend richtig ab.
Der Popsänger und Songschreiber Bosse räumte bei seinem Auftritt in Elend bei Rocken am Brocken am Donnerstagabend richtig ab.
Wolfgang Schilling

Sturm ausgefallen

Eine davon hat sich buchstäblich in Luft aufgelöst: Der Sturm, vor dem am Donnerstag gewarnt wurde, ist ausgefallen, obwohl durchaus eine steife Brise über das Gelände wehte. „Wir wollten das Dachzelt aufbauen, aber dafür war es zu windig“, berichtete Festivalbesucherin Desirée. Die Nienburgerin und Partner Mario haben das Sonnensegel zum Regenschutz umfunktioniert, der auch Dennis aus Verden sowie Maria und Alex aus Cottbus Unterschlupf bot – auf Festivals werden Zeltplatz-Nachbarn schnell Freunde.

Die beiden Paare sind zum ersten Mal in Elend, Freunde hatten ihn Rocken am Brocken als kleines, aber feines Festival ans Herz gelegt. Zu recht, sagt Dennis, der seit Jahren am ersten August-Wochenende in den Harz reist. Den Spaß wollen sie sich nicht nehmen lassen. „Regen ist flüssiger Sonnenschein“, sagt Mario, die anderen nicken und lachen.

Die Stimmung ist trotz Regen und Schlamm gut, hat Anne Bredernitz beobachtet. „Die Leute haben Bock auf das Festival und lassen sich das nicht nehmen“, so die Sprecherin. Anspielungen auf das schwermetallische Schwester-Festival sind an der Tagesordnung, wie bei Bosse, dem bekanntesten Künstler und Hauptact am Donnerstagabend. „Willkommen in Wacken am Brocken“, ruft der Sänger seinem Publikum zu, das vor der Bühne im Matsch tanzt und seine Hits wie „So oder so“ und „Der letzte Tanz“ lauthals mitsingt.

Die Festivalbesucher haben sich vom Regen am Donnerstag nicht die Stimmung verderben lassen, sondern feierten die Künstler auf den zwei Bühnen.
Die Festivalbesucher haben sich vom Regen am Donnerstag nicht die Stimmung verderben lassen, sondern feierten die Künstler auf den zwei Bühnen.
Wolfgang Schilling

Chillig in Gummistiefeln

Zur Standardgarderobe gehörten Regenjacke und Gummistiefel. Ihre hat Besucherin Astrid eigentlich für das Wacken Open Air gekauft. Weil die junge Frau aus der Nähe von Bremen keine Karten ergatterte, stehen nun statt Headbangen beseeltes Tanzen oder entspanntes Mitwippen an. „Fluffig und chillig“ gestalte sich ihr erster Besuch in Elend, wo schon viele Künstler aus dem Independent-Bereich kurz vor ihrem großen Durchbruch aufgetreten sind.

Ihre Gummistiefel hat Astrid eigentlich für  Wacken gekauft.
Ihre Gummistiefel hat Astrid eigentlich für Wacken gekauft.
Wolfgang Schilling
Alex aus Leipzig ist in Flip-Flops auf dem Festival unterwegs.
Alex aus Leipzig ist in Flip-Flops auf dem Festival unterwegs.
Wolfgang Schilling
Paula Carolina ist bei Rocken am Brocken in Elend aufgetreten.
Paula Carolina ist bei Rocken am Brocken in Elend aufgetreten.
Katrin Schröder

Derweil freut sich Markus Blanke, dass der Regen am Freitag aufgehört hat und die Sonne manche Pfütze austrocknet. Doch der Schlamm bleibt, das weiß der Festival-Chef. „Der Abbau wird sehr spannend. Wir können jeden Helfer gebrauchen.“