Verkehrssicherheit Rübeland hofft auf Tempo 30
Im Oberharz-Ort Rübeland sind viele Autofahrer zu schnell unterwegs. Deshalb wollen Eltern und Ortschaftsrat die Geschwindigkeit begrenzen.
Rübeland l Die Szene könnte aus einem Actionfilm stammen: Ein Autofahrer wartet auf der Straße, um links abzubiegen. Von hinten schießt ein Fahrzeug heran und überholt in rasantem Tempo. Abgespielt hat sich dies am helllichten Tage vor der Kindertagesstätte in Rübeland, berichtet Mary Fehsecke. Deshalb hat die Mutter, deren Kind die Einrichtung besucht, gemeinsam mit anderen Eltern eine Unterschriftensammlung gestartet, um vor der Kita die Geschwindigkeit der Autos auf 30 Kilometer pro Stunde zu begrenzen. 110 Mütter, Väter und andere Familienangehörige von Kindern aus der Tagesstätte haben unterzeichnet, um der Forderung Nachdruck zu verleihen.
Das Problem: Die Blankenburger Straße, die an dieser Stelle schnurgeradeaus führt, verleite viele zum Rasen, so Mary Fehsecke. Viele seien dem Augenschein nach schneller als mit Tempo 50 unterwegs. „Das ist wie eine kleine Rennstrecke.“ Etliche Fahrer nutzen die Möglichkeit, Lkw zu überholen – und die Brummifahrer selbst seien oft ebenfalls zu schnell, beobachtet sie. Die Konsequenz: „Immer häufiger hatten Eltern beim Abholen Beinahe-Unfälle“, so die Mutter. Das sei gefährlich, zumal einige, wie sie selbst auch, ihre Kinder nicht mit dem Auto, sondern zu Fuß abholen und dazu die Bundesstraße entlanggehen.
Das sieht Ortsbürgermeister Dietmar Wiekert (BIOH) genauso. Seine Beobachtungen decken sich mit denen der Eltern. „Die Lkw mit 40 Tonnen Gewicht donnern mit 70 bis 80 Kilometern pro Stunde durch den Ort“ – er sei selbst hinter einigen Fahrzeugen hergefahren, um das zu überprüfen. Die Ortsräte sähen es am liebsten, wenn die Geschwindigkeit an der gesamten Ortsdurchfahrt gedrosselt würde – „von der Feuerwehr bis zum Schwimmbad“, so Wiekert. Denn auch Urlauber, Badegäste, darunter viele Kinder auf Fahrrädern, und andere Passanten würden durch Raser gefährdet. Denkbar sei aber, das Tempolimit auf die Zeit bis zum frühen Abend zu beschränken.
Das Thema beschäftigt die Rübeländer seit langem: Der Ortschaftsrat habe schon vor Jahren einen Beschluss für das Tempolimit gefasst, so Wiekert. Gescheitert ist es bisher am Votum der Kreisverwaltung – weil der Kindergarten keinen direkten Zugang zur Bundesstraße hat, erklärt Roland Krebs, Leiter des städtischen Ordnungsamtes. Vor dem Gebäude befindet sich ein Parkplatz, den Eltern nutzen können. Daher berief sich der Harzkreis auf eine entsprechende Richtlinie des Landesverwaltungsamtes. „Damit waren wir nicht einverstanden“, betont Krebs.
Den neuen Antrag auf Tempo 30 im Umkreis der Kita habe die Stadtverwaltung, mitsamt den Unterschriften der Eltern, an die Kreisverwaltung weitergeleitet. „Viel Hoffnung ist uns nicht gemacht worden“, sagt Roland Krebs. Ebenso sei der weitergehende Antrag des Ortschaftsrates für Tempo 30 in der gesamten Ortslage nach Halberstadt geschickt worden.
Dort liegen beide Anträge vor, heißt es auf Volksstimme-Anfrage aus dem Straßenverkehrsamt. Die Variante „Tempolimit an der Kita“ werde derzeit geprüft. Dazu werde unter anderem die Stadt Oberharz am Brocken um eine schriftliche Stellungnahme gebeten. Voraussichtlich in zehn Tagen sei mit einer Entscheidung zu rechnen, heißt es weiter.
Geprüft werde auch der Antrag für die gesamte Ortsmitte. Dafür sollen laut Kreisverwaltung mehrere Behörden, unter anderem die Stadtverwaltung, Polizei und die Landesstraßenbaubehörde, beteiligt werden. „Wann es hier zu einer Entscheidung kommt, lässt sich noch nicht abschätzen“, heißt es aus dem Straßenverkehrsamt. Dazu sei eine Ortsbegehung vorgesehen, die voraussichtlich in vier Wochen stattfinden könne, sagt Ortsbürgermeister Wiekert. Thema soll auch die Situation an der Kreuzung am Bahnübergang sein. Dort fehlt nach Auffassung der Ortschaftsräte ein Fußgängerüberweg, der Besucher der Hermannshöhle sicher über die Bundesstraße leitet.
Derweil werde im Ordnungsamt über Alternativen nachgedacht, für den Fall, dass das Tempolimit nicht genehmigt wird. Denkbar seien zum einen Warnschilder oder Piktogramme auf der Straße, die auf die Kita hinweisen, sagt Roland Krebs. Diese fehlen bisher, sagt auch Mary Fehsecke – deshalb sei ortsfremden Fahrern vermutlich nicht klar, an was für einem Gebäude sie vorbeirasen.
Die Polizei habe aber schon regelmäßig an der Kita die Geschwindigkeit kontrolliert. Geplant ist zudem die Anschaffung einer Tempomesstafel. Diese soll im April oder spätestens Mai nahe der Tagesstätte montiert werde, sagt Roland Krebs. Die Tafel erfülle einen doppelten Nutzen. Zum einen messe sie die Geschwindigkeit vorbeifahrender Fahrzeuge. „Damit haben wir verlässlichere Daten, wie oft und wie viel dort zu schnell gefahren wird“, sagt der Ordnungsamtsleiter.
Zum anderen wirke das Schild möglicherweise disziplinierend auf die Autofahrer. Das sieht Dietmar Wiekert ebenso. „Ich hoffe, das wird eine moralische Wirkung haben“, so der Ortsbürgermeister.