Investitionen im Tourismus Schierke hat den Brocken
Während Schierke mit dem Aus des Seilbahn-Projektes hadert, schreitet die Entwicklung im niedersächsischen Bad Harzburg voran. Volksstimme-Reporterin Ivonne Sielaff hat dazu mit Bürgermeister Ralf Abrahms (parteilos) gesprochen.
Volksstimme: Bad Harzburg wirkte lange wie im Dornröschenschlaf versunken. In den letzten Jahren ist aber viel passiert. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Investitionen in den Tourismus?
Ralf Abrahms: Das ist zum einen der Baumwipfelpfad. Unsere Tochterfirma, die Kur- Tourismus- und Wirtschaftsbetriebe, hat ihn 2015 für 4,6 Millionen Euro gebaut. Betrieben wird er von Harzventure. Wir haben damals mit 80.000 Besuchern im Jahr kalkuliert. Inzwischen sind es 200.000 jährlich. Weiter zu nennen ist der Wassererlebnispfad, die Erneuerung der Touristinformation und des Seilbahnempfangs, der Bau eines Großparkplatzes für Besucher und schließlich die Baumschwebebahn. Wir haben einen Wohnmobilstellplatz eröffnet. Dazu kommen Hotelinvestitionen im Umfeld. Wir haben an vielen kleinen und großen Schrauben gedreht. Die Initialzündung war für Bad Harzburg der Deutsche Wandertag, der 2014 hier ausgetragen wurde. 10.000 Teilnehmer, vier Tage Party – die Stadt hat sich dadurch einen guten Ruf gemacht. Auch die Stimmung in der Bevölkerung verbesserte sich. Das hat uns motiviert.
Volksstimme: Attraktionen wie der Baumwipfelpfad und die Baumschwebebahn sind nicht nur naturnah, sondern mitten in der Natur entstanden. War das Genehmigungsverfahren ähnlich schwierig wie für das Seilbahnprojekt am Schierker Winterberg?
Ralf Abrahms: Beim Baumwipfelpfad haben wir damals alle an einen Tisch geholt. Themen wie Umweltpädagogik haben wir konzeptionell mit eingebunden. Und wir haben bewusst außerhalb des Nationalparks geplant, um Konflikte mit dem Naturschutz zu vermeiden. Bei der Baumschwebebahn war die Zustimmung der Naturschutzverbände nicht da. Wir haben das Projekt trotzdem umgesetzt. Aber wir haben keine verbrannte Erde hinterlassen.
Volksstimme: Inwieweit haben sich die Investitionen der letzten Jahre gelohnt?
Ralf Abrahms: Der Erfolg ist sicht- und messbar. Unsere Übernachtungszahlen sind von 428.000 im Jahr 2017 auf 528.000 in 2019 gestiegen. Sogar im Coronajahr 2020 hatten wir 400.000 Übernachtungen. Die Gästezahl der Seilbahn hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. Auch die Anzahl der Tagestouristen ist hochgegangen, was sich in höheren Parkgebühreneinnahmen niederschlägt. Wir sind mit der Entwicklung sehr zufrieden, haben uns sowohl beim Niedersächsischen Wirtschaftsministerium als auch bei privaten Investoren einen Ruf als guter Partner erarbeitet.
Volksstimme: Und stehen in Zukunft noch weitere Investitionen an?
Ralf Abrahms: Natürlich. Grundvoraussetzung dafür sind eine solide Finanzplanung und ein genehmigter Doppelhaushalt. Beides können wir im Gegensatz zu unseren Nachbarstädten seit Jahren vorweisen. Wir haben gerade erst die Herzog-Wilhelm-Straße innerhalb von 14 Tagen saniert. Außerdem sind wir dabei, die Fußgängerzone für eine Million Euro zu erneuern. Für das Haus der Natur ist eine neue Ausstellung konzipiert worden. Der größte Paukenschlag ist aber das Thermalbad. Wir lassen es für 5,6 Millionen Euro runderneuern und erweitern. Es gibt also eine Menge Sachen, auf die sich Einwohner und Gäste nach der Corona-Pause freuen können.
Volksstimme: Welchen Rat können Sie den Wernigerödern beziehungsweise Schierkern nach dem Rückzug des Investors für das Winterberg-Projekt mitgeben?
Ralf Abrahms: Da wurde aus meiner Sicht viel Porzellan zerschlagen. Es ist schlecht, wenn sich die Diskussion verhärtet, dann kommt man nicht voran. Die Frage ist, wie groß man das Rad in Schierke noch dreht. Schierke hat den Brocken - und wird ihn immer haben. Durch die vielen Besucher haben die da oben die Lizenz zum Geld drucken. Das ist Schierkes großer Vorteil. Der Nachteil ist die Lage. Schierke liegt in einer Sackgasse. Aber die Substanz vor Ort ist gut – der Kurpark, die Eishalle. Da sollte man weiter drauf setzen. Ich habe großen Respekt vor dem, was Wernigerode in Schierke bisher geleistet hat. Ich bin davon überzeugt, dass das Strahlkraft auf die gesamte Region hat. Was weitere Investitionen betrifft – da will ich mich wirklich nicht aus dem Fenster lehnen. Wernigerode muss selber wissen, was es sich leisten kann und was nicht.