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Sicherheit Ein Brocken und viele Fragezeichen

Extremwetter im Oberharz rund um Schierke: Sollten Besucher bei solchen Situationen gewarnt werden? Wenn ja - wie?

Von Dennis Lotzmann 31.01.2019, 00:01

Schierke l Die Bilder sind noch frisch: Eine Schwangere, die Mitte Januar 2019 an einem Sonntagnachmittag bei Orkansturm mit Tempo 120 hilflos auf dem Brocken stand und nicht mehr wusste, wie sie sicher ins Tal kommen soll. Schließlich hatte die Brockenbahn an diesem Tag gar nicht erst den Betrieb aufgenommen. Oder Menschen, die trotz glasklarer Informationen bei Orkan den Berg erklimmen und sogar Kinderwagen dabei haben. Sollte es angesichts dessen bei Extremwetterlagen nicht klarere Warnungen an Wanderer und Touristen geben?

Eine Frage, die seit den jüngsten Schneestürmen auf dem Brocken, die selbst die Brockenbahn zweimal ausgebremst hatte, diskutiert wird. Schließlich ist stets ein hoher Aufwand von Bergwacht, Feuerwehr und Brockenwirt Daniel Steinhoff nötig, um Menschen aus Gefahrensituationen zu retten.

Der Gedanke, bei wirklichen Extremwetterlagen auf dem Brocken oder in gefährdeten Wäldern – beispielsweise bei Wind- oder Schneebruchgefahr – eine konkrete Warnung auszusprechen, liegt dabei nahe, wirft aber auch Fragen auf.

Letztlich müssten zuvor grundsätzliche Punkte geklärt werden, gibt Tobias Kascha, Sprecher des Wernigeröder Oberbürgermeisters Peter Gaffert (parteilos) zu bedenken: Wollen wir das wirklich? Wenn ja: Welches Gremium sollte entscheiden und eine solche Warnung aussprechen?

Und wie sollte die Struktur – insbesondere auch die Kommunikation nach außen – gestaltet sein? Fragen und Aspekte, die aus Kaschas Sicht grundsätzlich geklärt werden müssten.

„Kommunikation nach außen – wir sind durchaus dafür“, sagt Carola Schmidt, Geschäftsführerin des Harzer Tourismusverbands (HTV). „Wenn ein neutrales und fachkundig besetztes Gremium eine solche Warnung formuliert, würden wir diese auf unserer Internetseite breit kommunizieren“, versichert die Verbandschefin. Schließlich habe sie als Touristikerin ein ureigenstes Interesse daran, Besucher in den Harz zu holen. Dazu gehöre aus ihrer Sicht aber eben auch, Gäste vor etwaigen Gefahren zu warnen.

Dass letztere gerade für Besucher aus fernen Regionen mitunter schwer einschätzbar sind, haben die vergangenen Tage gezeigt. Während das Wetter im Tal erträglich und für Januar typisch war, tobte auf dem Brocken der Wintersturm.

Kaum ein Harzer wäre wohl auf die Idee gekommen, sich diesem Wetter auszusetzen – insbesondere Auswärtige pilgerten oder fuhren zuhauf.

Auch OB Gaffert hatte jüngst oben auf dem Berg an einem extrem stürmischen Tag daran erinnert, wie wichtig es sei, klar zu machen, dass zwischen unten und oben wettermäßig extreme Unterschiede bestehen können. Dafür, so Gaffert, müssten die Menschen sensibilisiert werden.

Und Gaffert hatte als Aufsichtsratschef der Harzer Schmalspurbahnen (HSB) den Verantwortlichen eine klare Botschaft mit auf dem Weg gegeben: Im Zweifel die Brockenbahn bei Extremwetter lieber pausieren lassen.

Dass Carola Schmidt derartigen Überlegungen grundsätzlich offen gegenübersteht, macht sie auch an anderer Stelle deutlich. Auf Anregung der Loipenleger des Nationalparks Harz werde mit Wirkung vom gestrigen Tag an, das Loipenzustands-Meldesystem auf der Internetseite ergänzt: Die bisherige Loipen-Klassifizierung werde um eine Kategorie ergänzt, sodass nun zwischen gespurt (grün), alt-gespurt (gelb), nicht gespurt (orange)und gesperrt (rot) unterschieden werde.

„Mit der letzteren Kategorie werden Langläufer ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Nutzen der Loipen beispielsweise wegen Sturm, Wind- oder Schneebruch gefährlich ist. Aber: Diese Feinklassifizierung gelte nur für die Anzeige auf der Website www.wintersport.harzinfo.de und nicht auf der Smartphone-App. Dort werde weiterhin nur zwischen gespurt/offen und nicht gespurt/geschlossen unterschieden.

Apropos geschlossen: Geschlossen – präziser: gesperrt – sind auf dem Brocken und in der Kernzone des Nationalparks grundsätzlich alle Bereiche außerhalb des Wegesystems. Aktuell sorgen die Schneehöhen von rund 170 Zentimetern auf dem Gipfel allerdings dafür, dass jegliche Zäune und Verbotsschilder im Schnee versunken sind. Die Folge: Besucher sind querfeldein unterwegs, zuweilen wird zwischen den sensiblen Krüppel-Fichten gerodelt und manch einer klettert fürs Foto sogar auf die vereisten Bäumchen.

Die wenigen Ranger des Nationalparks auf dem Berg stoßen an besucherstarken Tagen schnell an Grenzen. Das Problem scheint aber die Kommunikation generell zu sein: Wie sollen Besucher wissen, dass die Areale gesperrt sind, wenn Zäune und Hinweisschilder im Schnee versunken sind und die nötige Orientierung fehlt? Der Nationalpark überarbeitet aktuell sein Beschilderungssystem, so Friedhart Knolle. Dabei könne auch dieser Aspekt stärker berücksichtigt werden, so der Sprecher der Verwaltung für das Schutzgebiet.