Castingshow So reagieren die Wernigeröder darauf, dass ihre Stadt Drehort für „Deutschland sucht den Superstar“ wird
„Deutschland sucht den Superstar“ kommt nach Wernigerode. Die Neuigkeit hat sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen. Freuen sich die Wernigeröder auf die Show?
Wernigerode - Freudige Erwartung auf der einen Seite, Ablehnung auf der anderen: Die Nachricht, dass die Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS) nach Wernigerode kommt, wird heiß diskutiert. Die Stadtverwaltung ließ am Mittwochabend, 7. Juli, die Bombe platzen, indem sie bekanntgab, dass bereits am Freitag, 16. Juli, das Produktionsteam anrücken wird. Doch was kommt damit auf die Wernigeröder zu? Und ist die Show überhaupt willkommen?
Dass Wernigerode Teil der Sendung wird, erfuhr die Verwaltung selbst erst vor wenigen Tagen, berichtet Kristin Dormann, die Büroleiterin des Oberbürgermeisters. Dabei, so verrät sie, sei die Produktionsfirma schon vor einiger Zeit auf die Stadt zugekommen. „Daraufhin mussten wir uns bewerben.“ Bei Vorort-Terminen wurden Wernigerodes Vorzüge präsentiert. „Wir freuen uns riesig, dass es geklappt hat“, so Kristin Dormann.
Neues Format und neue Juroren
Wie die Büroleiterin berichtet, sei das Konzept der Show aufgefrischt worden. Nicht nur, dass neue Juroren die Gesangstalente beurteilen. Die Inhalte der Sendung sollen nun historische und moderne Elemente verbinden, futuristische Kulissen zwischen Fachwerkhäusern errichtet werden. Als Hauptdrehorte dienen in Wernigerode bis zum 28. Juli der Markt vor dem Rathaus und der Nicolaiplatz. Ab Januar 2022 wird das in zehn Folgen zu sehen sein. Gedreht wird außerdem in Burghausen in Bayern.
Die DSDS-Nachricht stieß in den sozialen Netzwerken auf ein geteiltes Echo. Während einige Nutzer ankündigen, sich Plätze in der ersten Reihe sichern zu wollen, reagieren andere sehr ablehnend. „Oh man, Wernigerode verliert seinen Charme“, schreibt etwa eine Leserin auf Facebook zu dem Online-Volksstimme-Beitrag. Ein anderer Nutzer kommentiert auf Instagram: „Mit dieser,Werbung’ schadet ihr der Stadt mehr, als ihr zu helfen.“
Einige der Schreiber kritisieren zudem, dass der wochenlange Dreh für Einschränkungen innerhalb der Stadt sorgen werde.
Mit diesen Einschränkungen ist zu rechnen
Diese fallen gering aus, beschwichtigt Kristin Dormann. So müssen sich die Wernigeröder darauf einstellen, dass der Wochenmarkt anders als gewohnt stattfindet. „Er fällt aber nicht aus, sondern wird verlegt“, versichert sie. Die Stände werden während der Dreharbeiten an der Blumenuhr zu finden seien.
In der Marktstraße sei das linksseitige Parken in dieser Zeit untersagt und temporär – für die Auf- und die Abbauarbeiten - die Befahrbarkeit des Nicolaiplatzes eingeschränkt.
Für Gastronomen, auch diejenigen, die ihre Lokale direkt an den Drehorten haben, gebe es dagegen keine Einschränkungen. Sie dürfen wie gewohnt auf den Terrassen und Vorplätzen Gäste empfangen.
Positives Echo aus Handel und Gastronomie
Bei den Gastronomen herrscht bereits Vorfreude. „Für unsere Gäste ist das eine willkommene Attraktion“, sagt Café-Inhaber Michael Wiecker. „Es mussten so viele Stadtfeste ausfallen, da bieten die Dreharbeiten mal Abwechslung.“ Der Markt biete genug Platz, um Dreharbeiten und Außengastronomie gut in Einklang zu bringen. Zudem sei das TV-Format eine gute Möglichkeit, „die Schönheit Wernigerodes nach außen zu transportieren“. Ähnlich sieht das Sternekoch Robin Pietsch. „Die Sendung wird in ganz Deutschland ausgestrahlt, eine bessere Werbung kann es für die Stadt nicht geben.“
Und davon profitieren dann alle Händler, Hoteliers und Gastronomen Wernigerodes, ist Björn Rosenberg überzeugt. Der Direktor des HKK-Hotels erläutert: „Die prozentualen Chancen stehen gut, dass man einen Krümel vom Kuchen abbekommt.“ Aufgrund der TV-Sendung würden sich noch einige Leute mehr überlegen, Wernigerode kennenlernen zu wollen. „Ich finde es richtig toll, dass die Sendung junge Leute anspricht, durch so etwas ergibt sich eine ganz neue Dynamik.“ Eine, von der sowohl Urlauber als auch Einheimische profitieren könnten.
„Gerade jetzt, nach dem Lockdown, kann Wernigerode so ein positives, überregionales Signal nur guttun“, bestätigt Dietmar Hanisch im Namen des Vorstands der Kaufmannsgilde. „So kann man nur noch mehr Leute finden, die sich Wernigerode mal in natura ansehen wollen.“
Tourismus-Aufschwung im kommenden Jahr erhofft
Davon geht auch Andreas Meling, Geschäftsführer der Wernigerode Tourismus GmbH aus. „Man kann das Format mögen oder nicht – in jedem Fall ist eine große mediale Aufmerksamkeit damit verbunden“, sagt er. In der Zielgruppe „Familien“ könne anderweitig kaum eine größere Reichweite – je Sendung mehrere Millionen Zuschauer – erzielt werden und dank der Jury-Besetzung werden „wahrscheinlich auch Ältere einmal mehr einschalten“. Das sei unbezahlbar.
Neben kurzfristigen Effekten – Neugierige, die einen Blick auf die Dreharbeiten erhaschen wollen – rechnen sich Wernigerodes Tourismusexperten vor allem ab der Ausstrahlung im Januar einen spürbaren Anstieg der Buchungszahlen aus.
Das sagt Orchester-Chef zur musikalischen Konkurrenz
Noch ein anderes Musikereignis lockt im Sommer Besucher nach Wernigerode – die Schlossfestspiele. Christian Fitzner, Chef des Philharmonischen Kammerorchesters, steckt mitten in den Vorbereitungen für die Carmen-Oper. Was sagt er zu DSDS – eine Sendung, die musikalisch so ganz anders geartet ist? „Die Herangehensweise ist natürlich eine ganz andere als in der Klassik. Aber es passt wunderbar zu Wernigerode und zeigt, was der Name bunte Stadt wirklich bedeutet.“ Er sehe DSDS nicht als Konkurrenz, sondern als Bereicherung. Kritikern des Formats entgegnet er: „In solchen Sendungen werden immer wieder tolle Menschen und tolle Stimmen entdeckt.“