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Corona-Pandemie Tourismusbranche in Wernigerode erholt sich - aber langsam

Die Corona-Pause ist vorbei. Wernigerode ist wieder Ziel von Touristen aus ganz Deutschland. Volksstimme-Reporterin Ivonne Sielaff hat mit Wernigerodes Tourismuschef Andreas Meling über den Re-Start gesprochen.

Von Ivonne Sielaff Aktualisiert: 20.07.2021, 10:34
Wernigerode nach dem Lockdown: Die Tische der Restaurants sind gefüllt, Touristen besuchen die Stadt. Aber zurückhaltender als im Sommer 2020.
Wernigerode nach dem Lockdown: Die Tische der Restaurants sind gefüllt, Touristen besuchen die Stadt. Aber zurückhaltender als im Sommer 2020. Foto: Ivonne Sielaff

Volksstimme: Die Corona-Beschränkungen sind gelockert. Seit Mitte Juni dürfen Hotels, Pensionen und Ferienhäuser wieder Gäste beherbergen. Wie ist das touristische Geschäft nach der Zwangspause in Wernigerode angelaufen?

Andreas Meling: Es geht wieder los. Aber spürbar langsamer als nach dem Lockdown 2020.

Woran machen Sie das fest?

Meling: Nach dem ersten Lockdown im vergangenen Jahr war die Nachfrage nach Übernachtungsmöglichkeiten höher, als wir sie kompensieren konnten. Die Beherbergungsstätten waren zu 100 Prozent belegt. Das ist 2021 anders. Im Moment haben wir eine Auslastung von etwa 80 Prozent bei den Übernachtungsmöglichkeiten, die wir vermitteln, erreicht. Wir gehen davon aus, dass wir im Juli, August wieder 90 Prozent erreichen. Für die Herbstmonate zeichnet sich ebenso eine Belegung von 80 bis 90 Prozent ab.

2020 wurde Wernigerode in den Sommermonaten regelrecht von Touristen überrannt. Warum ist das in diesem Jahr nicht auch so?

Meling: Die Leute sind zurückhaltender – nicht nur bei der Buchung von Zimmern. Auch bei Stadtführungen, Pauschalangeboten wie Harzrundfahrten oder Gruppenreisen. Das Tagungsgeschäft läuft nur langsam an. Wir gehen davon einer Erholung im Herbst aus. Der Busreisemarkt ist ebenfalls noch nicht wieder richtig in Gang gekommen. Er liegt im Moment gefühlt bei 10 bis 15 Prozent. Wahrscheinlich nutzen die Leute aus, dass sie wieder ohne größere Beschränkungen und Quarantänereglungen ins Ausland reisen können. Das war 2020 ja nicht so. Da urlaubten viele lieber im eigenen Land, wovon wir stark profitiert haben.

Nach dem Sommerboom hatten Sie sich für Wernigerode eigentlich eine anhaltende Wirkung erhofft...

Meling: Ja, das stimmt. Deshalb machen wir gerade auch eine Menge, um als Destination auf dem Reisemarkt präsent zu sein.

Was zum Beispiel?

Meling: Wir werben verstärkt in sozialen Netzwerken wie Instagram und Facebook für Wernigerode, haben ein neues Gästemagazin herausgebracht. Es geht uns darum zu sagen: „Hallo, wir sind wieder da. Kommt zu uns. Es ist Zeit zu bleiben in Wernigerode und Schierke“. Und das versuchen wir über verschiedene Kanäle und Kooperationen mit anderen Tourismuspartnern zu vermitteln. Darüber hinaus bereiten wir Veranstaltungen wie das Harz Open Air im Bürgerpark, die 24-Stunden Trophy, das E-Bike-Festival und natürlich den Weihnachtsmarkt vor. Auch darüber gewinnen wir Besucher. Und gleichzeitig bieten wir den Einheimischen mit den Veranstaltungen einen Mehrwert.

Von November 2020 bis Juni 2021 ging touristisch gar nichts. Wie hat die Branche in Wernigerode den Lockdown verkraftet?

Meling: Die Hilfsprogramme und die finanzielle Unterstützung sind inzwischen bei den Hotel- und Gastrobetrieben angekommen. Es war schwierig, es hat gedauert, aber am Ende hat es funktioniert. Wir haben keine Informationen darüber, dass jemand aus der Tourismusbranche wegen Corona aufgeben musste. Zum Glück. Einige Anbieter haben die Corona-Pause sogar genutzt, um in ihren Betrieb zu investieren, zu modernisieren oder umzubauen. Im Hotel „Weißer Hirsch“ wurden beispielsweise weitere Zimmer klimatisiert, im HKK-Hotel Zimmer saniert.

Was wir allerdings beobachtet haben, ist ein hoher Verlust von Arbeitskräften nach der Corona-Pause. Etliche Menschen waren lange Zeit in Kurzarbeit oder gar arbeitslos. Viele von ihnen haben sich beruflich anders orientiert und gehen dem Tourismus langfristig verloren. Das zieht sich durch die gesamte Branche. Wir haben Rückmeldungen aus fast jedem großen Haus, dass händeringend Personal gesucht wird. Von Köchen über Restaurant- und Hotelfachleuten bis zu Technikern und Reinigungskräften.

Ein weiteres Problem war die Ungleichheit zwischen den Bundesländern, was die Lockerungen angeht. Das haben wir in Gesprächen mit Hoteliers vielfach herausgehört. Welche Regelung gilt wo? Wo muss ich mich testen lassen, wo nicht? Das hat zu großer Verunsicherung geführt.

Wie waren die letzten Monate für die Wernigerode Tourismus GmbH?

Meling: Aus meiner Sicht ist 2021 für uns das schwierigere Jahr. Uns fehlen sechs Monate – und damit gut die Hälfte der jährlichen Kurtax-Einnahmen. Eine Million Euro Verlust – das spart man nicht so einfach weg. Sicher: Ein Großteil des Teams war für Monate in Kurzarbeit. Aber auch mit Corona musste das Geschäft weiter gehen, der Re-Start musste vorbereitet, Anfragen bearbeitet werden. Diese Arbeit musste erledigt werden – auch ohne dass Einnahmen kamen.

Was hoffen Sie für das nächste Halbjahr?

Meling: Ich hoffe, dass wir über die touristische Belebung im Sommer, Herbst und Winter mit einem blauen Auge davon kommen. Noch ist es zu früh, um das touristische Jahr abschließend zu bewerten. Ich sehe aber eine positive Tendenz für Wernigerode und Schierke gleichermaßen – auch wenn es einige Zeit dauern wird, bis sich die Branche von der monatelangen Zwangspause erholt hat. Ich würde mir wünschen, dass die Gäste etwas länger als im Schnitt drei Tage bei uns bleiben. Das würde uns schon helfen.

Andreas Meling ist Chef der Wernigerode Tourismus GmbH.
Andreas Meling ist Chef der Wernigerode Tourismus GmbH.
Foto: Ivonne Sielaff
Die Tourismus GmbH wirbt mit Gästemagazin und Prospekten aber auch im Internet für einen Aufenthalt in Wernigerode.
Die Tourismus GmbH wirbt mit Gästemagazin und Prospekten aber auch im Internet für einen Aufenthalt in Wernigerode.
Foto: Ivonne Sielaff
Keine Seltenheit: In Wernigerodes Gastro- und Hotelbetrieben wird dringend nach Personal gesucht.
Keine Seltenheit: In Wernigerodes Gastro- und Hotelbetrieben wird dringend nach Personal gesucht.
Foto: Ivonne Sielaff