Wanderweg Gute Aussichten für Wilhelmsblick
Der Aufstieg zum Wilhelmsblick bei Treseburg ist seit August 2019 gesperrt. Bald soll die Mauer aber einer Treppe für Wanderer weichen.
Treseburg l „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen“ steht es in roter Schrift auf hellem Grund geschrieben. So lang und von einschneidender Bedeutung wie die Berliner Mauer ist sie zwar bei Weitem nicht, doch auch die Holzwand, die den Aufstieg zum Wilhelmsblick bei Treseburg verhindert, teilt die Gemüter. Seit Jahren schon ist die Problemstelle den Verantwortlichen ein Dorn im Auge. Doch passiert ist noch nichts. Bis auf den Mauerbau.
Diese wurde im August 2019 vom Landesforstbetrieb errichtet, damit dem Aufstieg kein Fall in 50 Meter Tiefe folgt. Denn die Holzstufen sind stark verwittert und ausgespült, ein Geländer fehlt komplett. Vor gut einem Jahr trafen sich Verantwortliche verschiedener Fachbereiche und politischer Ebenen zum Krisengipfel.
„Thale hat sich damals bereiterklärt, eine Lösung zu finden. Die Lösung ist eine Stahltreppe. Es wurden sofort Angebote eingeholt, die seit Oktober auch vorliegen, aber grundsätzlich tut sich nichts“, bemängelt Egon Lüdtke, Vorsitzender des Fremdenverkehrsvereins Bodetal. „Thale hat wenig Geld, aber wir fühlen uns in den Ortsteilen dennoch ein wenig hinten angestellt.“ Das Bild werde durch aktuelle Planungen verstärkt. Denn erst vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass rund 13 Millionen Euro in den Hexentanzplatz und das Bergtheater investiert werden sollen. Da dürfe eine Stahltreppe für rund 50.000 Euro kein Problem sein, vor allem in Hinblick auf die Kurtaxe von 3 Euro pro Erwachsenem und Tag in der Saison.
Thales Bürgermeister Thomas Balcerowski (CDU) möchte an der Stelle keine Äpfel mit Birnen vergleichen. Denn zum Einen würden 90 Prozent des Großprojekts am Hexentanzplatz über Fördermittel finanziert, zum Anderen locke das Vorhaben nach Fertigstellung deutlich mehr Touristen an als ein neues Geländer. Trotzdem sei die Absicherung an dem gefährlichen Abschnitt des Wanderwegs wichtig. Die Stadt sehe sich in der Pflicht, auch wenn hier auf fremdem Grund gebaut werde.
„Derzeit reden wir mit dem Landesforstbetrieb über eine Kostenbeteiligung“, informiert Balcerowski. Schließlich sei der Betrieb als Eigentümer verantwortlich, eine finanzielle Unterstützung im vergangenen Jahr bereits mündlich zugesichert worden. Auch der Harzklub habe damals seine Hilfsbereitschaft signalisiert.
„Wenn die Finanzierung geklärt ist und das Wetter mitspielt, geht es los“, verspricht der Verwaltungschef. „Die Wandersaison beginnt Ostern, das werden wir nicht schaffen“, räumt er ein. Das Ziel sei aber eine Fertigstellung im Mai. Und noch eins stellt er klar: Selbst wenn die Stadt kein zusätzliches Geld auftreiben könne, werde gebaut. „Dann müssen wir in den sauren Apfel beißen, aber in dem Fall bleiben dann andere Sachen liegen.“
Entstehen soll übrigens keine komplette Stahltreppe, wie sie sich Egon Lüdtke analog der Verbindung von der L 93 zum Roßtrappenweg wünscht. Dafür seien aber auch der angedachte Handlauf aus Robinienholz oder einem dicken Hanfseil vom Tisch. Auch wenn die Naturmaterialien sich besser ins Landschaftsbild einfügen würden, seien sie eben auch witterungsanfällig. Laut Balcerowski sollen Betonelemente sowie ein Geländer aus Metall für mehr Sicherheit sorgen.
Alle, die bis dahin nicht auf den einzigartigen Doppelblick auf die Bode verzichten wollen, können den Wilhelmsblick weiterhin über den Kammweg aus Richtung Treseburg erreichen. Oben angekommen, ermöglicht der 314 Meter hohe Fels zu beiden Seiten eine Sicht auf den sagenumwobenen Fluss, der sich um das Gestein windet. Hier befindet sich zudem die Stempelstelle 66 der Harzer Wandernadel. Ein zweiter Kasten wurde vorübergehend an der Holzwand angebracht. Wanderfreunde können sich den Stempel also auch ohne mühsamen Aufstieg oder langen Umweg holen. Zumindest, bis auch diese Mauer fällt.