Händler protestieren gegen neue Standortdiskussion / Hotelgäste beschweren sich über Lärm "Wenn der Markt geht, geh\' ich auch"
Bereits im Mittelalter galt der Marktplatz als Mittelpunkt der Stadt, auf dem Händler ihre Waren anpriesen und mit Kunden feilschten. Für den Wernigeröder Wochenmarkt könnte der Standort vor dem Rathaus bald Geschichte sein.
Wernigerode l Der Marktplatz könnte künftig als Standort für den Wernigeröder Wochenmarkt ausgedient haben, wie auf der jüngsten Stadtratssitzung bekannt wurde. "Es wäre nicht richtig, das in aller Heimlichkeit vorzunehmen", kritisierte Stadtratsmitglied Rainer Schulze.
Ganz neu ist die Idee um einen Standortwechsel nicht, wie Gerald Fröhlich auf Volksstimme-Nachfrage bestätigt: "Die Gedanken zu einem Umzug gibt es nicht erst seit gestern." Bisher gebe es einige Ideen für einen neuen Standort, entschieden sei aber noch nichts, so der Ordnungsamtsleiter.
Die Entscheidung, wo der "Grüne Markt" bleibt, sei eine wichtige Frage, bestätigt auch Michael Wiecker. Der Gastronom prophezeit: "Das wird ein langer Prozess, bis eine Lösung gefunden ist, mit der alle zufrieden sind."
Doch warum überhaupt etwas an dieser Tradition verändern? Monika Wieland, Inhaberin des Hotels "Weißer Hirsch", kennt zumindest einen Grund: "Es gibt Gäste, die sich über den Lärm beim frühen Aufbau des Wochenmarktes beschweren." Von den meisten Touristen werde der Markt jedoch positiv aufgefasst, weiß sie. Und wünscht sich trotzdem, "dass der Markt erst später eröffnet." Dann würden die Hotelgäste nicht zu früh geweckt.
Auch den Mitarbeitern der Tourist-Information Wernigerode sind Beschwerden über den Wochenmarkt nicht neu. "Der ein oder andere ärgert sich schon, dass durch den Markt der Blick auf das historische Rathaus eingeschränkt wird", weiß Gunda Pietsch. Allerdings sei dies wirklich nur die Ausnahme.
"Das ist einfach ein Thema, über das man reden sollte. Und das von verschiedenen Seiten betrachtet werden muss", mahnt Rainer Schulze. Er könne nachvollziehen, dass sich Urlauber vom Lärm am Morgen gestört fühlen. Andererseits könne der Wochenmarkt nicht einfach verlagert werden. Immerhin habe er eine wichtige Versorgungsfunktion. "Der Nicolaiplatz ist als Alternative ungeeignet - da muss die Stadtverwaltung erstmal Geld in einen neuen Untergrund investieren. Sonst gibt es dort bei Regen eine große Schlammschlacht."
Empört zeigen sich einige Marktverkäufer über solche Gedankenspiele. Karin Heinemann, die zweimal pro Woche Obst und Gemüse vor dem Rathaus verkauft, kündigt an: "Wenn der Markt geht, geh\' ich auch." Kollege Wolfgang Bergfeld erinnert daran, dass die jüngste Diskussion "nicht der erste Versuch ist, uns vom Rathausplatz zu vertreiben". Vor etwa fünf Jahren war den Händlern ein Umzug angedroht worden. Damals hatten sie sich mit einer Unterschriftensammlung erfolgreich zur Wehr gesetzt. Um weiter ihre Waren auf dem Markt anbieten zu dürfen, hatten alle Händler neue Markisen in den Stadtfarben rot und weiß kaufen müssen. Karin Heinemann: "War das jetzt umsonst?"