Handwerk in Oschersleben Wie eine Sattlerin in Oschersleben zu ihrem Beruf gekommen ist
Für ihre Ausbildung als Sattlerin ist Hannah Hesse vor sechs Jahren weggezogen. Nun ist die 25-Jährige wieder zurück und hat im Oschersleber Ortsteil Emmeringen ihre eigene Werkstatt eingerichtet. Über die Vielfalt des Berufs und was ihr bei der Arbeit besonders am Herzen liegt.
Emmeringen - Wer die Alte Emmeringer Straße entlang spaziert, dem fällt wahrscheinlich ein von der Straße aus gut sichtbares Schaufenster mit einem grünen Fensterrahmen auf. Zu sehen sind dort seit einigen Wochen ganz unterschiedliche Dinge, die auf dem ersten Blick nicht zusammenpassen: Ein Pferdekopf aus Holz, eine antike Nähmaschine und einige Ledergürtel. Das Geheimnis um diese Dekoration wird allerdings schnell gelüftet, wenn man in das Geschäft geht.
Es ist die Werkstatt von Hannah Hesse. Hier geht die 25-Jährige aus Hordorf seit vergangenen März ihrem durchaus nicht alltäglichen Handwerk nach. Sie ist Sattlerin und ist damit eine von nur wenigen Menschen, die in der Region in diesem Beruf tätig ist.
Das Interesse an dieser Tätigkeit wurde damals von ihren beiden Pferden geweckt, erzählt sie im Rückblick. „Ich hatte Schwierigkeiten, einen Sattel für mein großes Pferd zu finden, weil es ein bisschen unförmig ist. Deshalb habe ich mich mehr mit dem Thema Sattlerei beschäftigt und dachte, das ist eigentlich ganz cool.“ Es sei etwas handwerkliches und habe etwas mit Pferden zu tun. Eine Kombination, die kurz danach ihren Weg nach dem Abitur im Oschersleber Gymnasium ebnet.
Ausbildung als Landessiegerin beendet
Sie ging für die Ausbildung als Sattlerin daraufhin nach Brandenburg, die sie im Jahr 2020 als Landessiegerin abschloss. Da es in dem Handwerk aber nicht ausschließlich nur um Pferdesattel und das nötige Zaumzeugs geht, arbeitete sie anschließend vor Ort in einer Auto- und Bootssattlerei, später in einem Betrieb in Düsseldorf. „Meine Pferde waren immer dabei“, betont Hesse.
Ihre Tiere sind deshalb auch wieder mit dabei, als es sie nach sechs Jahren zurück in die alte Heimat zieht. „Es ist natürlich schön wieder zu Hause in der Region zu sein und wieder alle Menschen da zu haben, die man jahrelang nicht gesehen hat“, schildert sie. Der Schritt, sich vor Ort selbstständig zu machen, sei schnell gefasst worden. „Es ist gibt einen Markt, dadurch das es hier sehr wenig Sattler gibt“, so die 25-Jährige.
Mittlerweile sei auch ihre Werkstatt nahezu vollständig eingerichtet. „Ich habe das hier mit der Unterstützung meiner Familie alles ausgebaut.“ An einer Wand hängen typische Sattlerwerkzeuge, wie Riemenschneider, Halbmondmesser und Lederscheren. „Vieles davon habe ich schon während der Ausbildung über Kleinanzeigen gekauft.“ Einige Werkzeuge seien bestimmt schon 50 Jahre alt und damit genau so alt, wie eine ihrer Nähmaschinen aus DDR-Produktion. „Viele von den alten Maschinen funktionieren einfach gut.“
Vorteile der Selbstständigkeit
Vor Ort verarbeitet sie jetzt hauptsächlich Leder. So sei sie gerade dabei an einer Motorrad-Sitzbank zu werkeln. An einer anderen Stelle in der Werkstatt liegt schon der nächste Auftrag. „Diese Lederstühle sind schon etwa 100 Jahre alt und müssen neu bezogen werden“, erklärt die Sattlerin die in dem Zusammenhang die positiven Seiten der Selbstständigkeit betont. „Es macht mir Spaß, weil am Ende bin ich ja nicht nur handwerklich tätig, sondern auch kreativ“, wenn sie beispielsweise Handtaschen oder ein Halsband für Hunde nähe. Vorher hatte sie demnach das Gefühl, dass man abstumpfe, wenn man den ganzen Tag an der Nähmaschine sitze. „Außerdem ist es natürlich ganz praktisch, dass ich mir die Arbeitszeiten so legen kann, wie sie mir passen“, sie sei nämlich kein Morgenmensch, fügt sie mit einem Lächeln hinzu.
Nur einen klassischen Pferdesattel, könne sie nicht produzieren. „Das würde sich für mich als Einzelperson nicht lohnen, weil ich dafür zu viele verschiedene Maschinen und Zeit bräuchte“, fasst Hesse zusammen. Bei ihrer Arbeit liegt ihr dabei eine Sache ganz besonders am Herzen. „Ich möchte gerne nachhaltig produzieren. Ich benutze deshalb Leder nur aus Deutschland und versuche die Materialien so zu kaufen, dass es für mich auch ethisch vertretbar ist“, ohne Schäden für Mensch und Umwelt.
Gewiss ist es für ein endgültiges Fazit zum Start ihres Betriebs noch zu früh. Eine vorläufige Einschätzung teilt sie aber trotzdem schon mit. „Es muss erst noch ein bisschen anlaufen, dadurch dass ich am Anfang noch nicht alle Maschinen da hatte. Aber ich habe aber gut zu tun“, so die 25-Jährige. Und wie finden das ihre Pferde? „Es ist gerade ein bisschen ruhiger für die Beiden aber ich glaube, sie finden es in Ordnung. Wenn es so heiß ist, haben sie sowieso keine Lust auf mich“, sagt Hannah Hesse mit einem Lächeln.