Bildhauer verewigt Gefühle in Stein Ghandi baut mit Behinderten Schachtisch
Der Wolmirstedter Bildhauer Bernd Morgenroth trägt den Künstlernamen Paul Ghandi. Seine Werke sind eigen und unverwechselbar. Das Bildhauerhandwerk gibt Ghandi an andere weiter. Mit Behinderten fertigt er derzeit einen Schachtisch, der vor dem Magdeburger Dom aufgestellt werden soll.
Wolmirstedt l Die Skulpturen auf dem Dach von Paul Ghandis Haus im Veilchenweg fallen auf. Drachenähnliche Gestalten sollen böse Geister fern halten. Die Figur in der Stele, die den Mittelpunkt seines Gartens kennzeichnet, scheint hingegen von bösen Geistern verfolgt. "Im steinernen Verließ verlassen", heißt sie. Ein Kind mit ängstlich aufgerissenen Augen stemmt sich gegen die enge Behausung. "Ich habe mich als Kind auch oft verlassen gefühlt", sagt Ghandi.
Der Stein, aus dem diese Stele gefertigt ist, stammt aus dem Haus seiner Kindheit, einer Jugendstilvilla in Dresden. Sie war über die Jahre verfallen und unbewohnt, und nun hat der Stein eine neue Bestimmung bekommen und ist aus der Kindheit des Bernd Morgenroth in das Erwachsenenleben Paul Ghandis hinübergerettet worden.
Der Künstlername soll widerspiegeln, was auch die Werke Ghandis beinhalten: die Symbiose von Abendland und Morgenland, Okzident und Orient, Paul und Ghandi, solider Stein aus der Region und oft grimmige Phantasiefiguren.
Paul Ghandi gibt sein Wissen gern weiter, bietet Kurse in verschiedenen Städten an, die sich auch mit seiner zweiten Leidenschaft, der Malerei, beschäftigen, und auch sein Auto ist bunt besprüht, als Auto eines Künstlers erkennbar.
Eine seiner liebsten Arbeits-Gruppen ist die Kunstwerkstatt in den Pfeifferschen Stiftungen. "Dort arbeite ich mit Behinderten zusammen", sagt er, "viele Jahre schon." Und er erzählt vom nächsten Großprojekt: "Wir fertigen einen Schachtisch aus Stein mit zwei Hockern und Schachfiguren, der im Herbst 2014 vor dem Dom unter den Linden einen Platz finden soll. Das Modell gibt es bereits. Die Tischplatte wird als Schachbrett gestaltet, die Tischkante mit Reliefs. Die schwarzen Reliefs gestalten Menschen mit Behinderungen, die weißen Reliefs ich." Fröhliche viereckige Männchen werden sich auf den Reliefs tummeln.
Gegenseitiges Lernen
Ghandi steht den Behinderten als Berater zur Seite, als Handwerksvermittler. Reinreden will er in die Gestaltung nicht, auch seinen Stil nicht aufdrängen. "Ich muss erkennen, wann ich den Freiraum lassen muss, damit jeder seinen eigenen Charakter in den Werken behält."
Der Bildhauer sieht sich als Dirigent. "Ohne die Musiker bin ich gar nichts. Wir müssen alle an einem Strang ziehen" Als Einbahnstraße will er die gemeinsame Arbeit auch nicht verstehen. "Die Behinderten lernen die Grundlagen von mir und ich lerne viel von der kindlichen Phantasie der Behinderten."
Die Arbeit in Stein wird für die Werkstattbesucher neu. "Ein Experiment", weiß Ghandi, "eines, das Geduld braucht." Der weiße Thüsterkalk wird mit Steinmetzwerkzeug bearbeitet. Die Figuren werden aus Keramik gegossen und mit Beton gefüllt.
Paul Ghandi arbeitet auch gern zu Hause allein, gestaltet den Stein nach seinem Gutdünken. Manchmal arbeitet der Sohn neben ihm, Paul, der schon von Geburt an auf diesen Namen getauft wurde. Derzeit einsteht in Wolmirstedt ein neues Atelier.