Hebamme: Helfer ins Leben
An einem Dienstagmorgen betrete ich das Haus von Helga Fischer, der wohl bekanntesten Hebamme im Ohrekreis. Tausenden Babys hat die über 60-Jährige schon auf die Welt geholfen. Im Treppenhaus und allen Räumen sehe ich sie dann auch: süße Babynäschen und neugierige Kulleraugen. Viele Mütter schenken der Hebamme Karten und Bilder ihrer Babys, nicht selten versehen mit einem großen "Danke!". Dienstags kommen morgens die Schwangeren, die sich die Geburt durch eine geburtsvorbereitende Akupunktur erleichtern wollen.
Aber heute wird mindestens eine der Frauen, die dort sitzen, noch ihr Baby im Arm halten, denn Helga stellt regelmäßige Wehen fest. Auch für mich nimmt sie sich zwischendurch noch Zeit. ,,Es gibt Hebammen in der Klinik und Hebammen draußen", erklärt mir Helga Fischer, freiberufliche Hebamme, die schon seit 1979 voll im Beruf ist.
Hebammen, die in einer Klinik angestellt sind, arbeiten im Schichtdienst und unterstützen Frauen bei der Geburt des Kindes. Für freiberufliche Hebammen beginnt die Betreuung der Frauen schon viel früher. In der Schwangerschaft stehen sie den Frauen von Anfang an mit Rat und Tat zur Seite. Meist besuchen die Frauen auch einen Geburtsvorbereitungskurs bei einer niedergelassenen Hebamme. Dort lernen sie Atemtechniken und andere geburtsunterstützende Maßnahmen. Außerdem lernen sie dort andere Frauen kennen, die ungefähr zur gleichen Zeit entbinden, erläutert sie mir. Ihre Arbeit umfasst die Schwangerschaft und auch die Betreuung nach der Geburt, Vor- und Nachsorge.
Die Geburt kann, bei komplikationslosem Schwangerschaftsverlauf, auch zu Hause erfolgen. Viele Babys hat Helga schon zu Hause entbunden und jede Geburt ist ein einmaliges, wunderschönes Erlebnis.
Auch nach der Geburt eines Kindes ist die Hebamme zunächst der wichtigste Ansprechpartner. Sie hilft mit, dass der Start ins Leben gut gelingt, kann bei Stillproblemen helfen und hat auch manchen Tee parat, der Mutter und Kind helfen kann, informiert mich die erfahrene Hebamme. Einige Wochen nach der Geburt bietet Helga den Frauen einen Rückbildungskurs an, der den Frauen helfen soll, gesundheitlichen Problemen vorzubeugen.
Sie betreut Frauen im ganzen Landkreis Börde und manchmal darüber hinaus, bis ins Jerichower Land. Im Leben einer Frau sind Schwangerschaft und Geburt und auch das Wochenbett, wie die Zeit nach der Geburt genannt wird, ein sehr spannender und aufregender Lebensabschnitt. Deswegen ist es für die meisten Frauen auch nicht egal, welcher Hebamme sie sich anvertrauen. Viele verlassen sich auf Empfehlungen anderer Frauen, wie mir Helga erklärt. Etliche Mütter, die sie heute betreut, hat sie schon selbst auf diese Welt geholt. Dank ihrer Erfahrung kann sie zum Beispiel das Gewicht eines ungeborenen Kindes oft genauer bestimmen als die modernen Ultraschallgeräte.
Der freundlichen, resoluten Hebamme sieht man ihr Alter nicht an, aber man spürt, dass sie Halt und Vertrauen geben kann in einer Zeit, in der Frauen ängstlich und unsicher sind. Man spürt, dass sie begeistert ist von dem, was sie tut, und dass sie gebraucht wird. Möchte man freiberufliche Hebamme werden, so kann man wohl nicht mit einem geregelten Feierabend rechnen. Die Ausbildung erfolgt in einer Klinik und dauert drei Jahre.
In einigen Städten Deutschlands gibt es Geburtshäuser, diese bieten für Mutter und Kind mehr Sicherheit als eine Hausgeburt, aber haben eine gemütlichere Atmosphäre als ein Krankenhaus. Hier in unserer Region gibt es das leider noch nicht.
Eliane Müller (8a), Gymnasium Kurfürst-Joachim-Friedrich, Wolmirstedt