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Streit um Kastanien beim Straßenbau Können die Kastanien stehen bleiben?

Über die Sanierung eines Abschnitts des Breitewegs in Barleben und die Fällung zweier Bäume wird seit Monaten trefflich gestritten. Nun ist eine Lösung in Sicht.

Von Sebastian Pötzsch 31.08.2024, 07:45
Der südlichste Abschnitt des Breitewegs in Barleben soll im kommenden Jahr saniert werden. Neueste Pläne sehen vor, den künftigen Geh- und Radweg auf der rechten Seite vor der ersten Kastanie enden und die alten Bäume stehen zu lassen.
Der südlichste Abschnitt des Breitewegs in Barleben soll im kommenden Jahr saniert werden. Neueste Pläne sehen vor, den künftigen Geh- und Radweg auf der rechten Seite vor der ersten Kastanie enden und die alten Bäume stehen zu lassen. Foto: Sebastian Pötzsch

Barleben - Dass der südlichste Abschnitt des Breiteweges in Barleben saniert werden soll, darüber besteht im Gemeinderat Einigkeit. Schließlich wurde schon vor Jahren ein entsprechender Grundsatzbeschluss gefasst.

Doch um die Ausführung wird seit geraumer Zeit trefflich gestritten. Stein des Anstoßes sind zwei alte Kastanien an der Westseite der Fahrbahn. Die einen wollen die großen Bäume unbedingt erhalten, andere wollen sie für einen straßenbegleitenden Radweg fällen lassen.

Sanierung für Anbindung zum Einkaufen

Nun liegt eine weitere, nämlich die vierte Ausbauvariante vor. Demnach soll der künftige westliche Geh- und Radweg entlang der beiden Altbäume zwischen Sülzestraße und Lindenallee ausgespart werden. Der Weg würde damit in Höhe des Hauses mit der Nummer 101 enden und Radfahrer auf die vielbefahrene Fahrbahn geleitet.

Eigentlich hatten die Räte bereits den Weg für das Projekt frei gemacht, zumindest was die Finanzierung betrifft. Insgesamt 1,4 Millionen Euro soll der grundhafte Ausbau des rund 350 Meter langen Teilstückes zwischen Sülzestraße und Brücke über das gleichnamige Flüsschen kosten. 200.000 Euro sind für dieses Jahr im Haushalt eingestellt – für die konkrete Realisierungs- und Kostenplanung. Weitere 1,2 Millionen Euro werden für 2025 vorgehalten, um das Vorhaben in die Tat umzusetzen.

Doch dann keimte jenes Problem mit den Kastanien auf. Die im Frühjahr 2023 präsentierte Vorplanung durch ein Ingenieurbüro hatte zunächst drei Varianten vorgesehen. Für die Gemeinderäte galt es, sich für eine Variante zu entscheiden, um diese dann zur Umsetzung in die Ausführungsplanung zu überstellen. Das hatte zu teils hitzigen Debatten geführt.

Kastananien sind altes Naturdenkmal

Der Unterschied zwischen Variante 1 und Variante 2 bestand in der Anzahl der möglichen Parkflächen für Fahrzeuge. Auf Bäume wäre in der ersten Variante zumindest auf der Westseite gänzlich verzichtet worden – im Gegensatz zur zweiten Variante, für die es vor elf Monaten auch eine Mehrheit gab. Diese sah das Fällen der zwei großen Kastanien, das Pflanzen von acht neuen Bäumen sowie den Bau eines Radweges vor.

Doch die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises hatte dem Antrag der Barleber Gemeindeverwaltung zum Fällen der Bäume nicht stattgegeben. Begründung: Die Kastanien sind Bestandteil des Naturdenkmals „Linden-Kastanien-Allee Barleben“.

Zudem hatte ein Fachmann im Auftrag der Gemeinde ein Baumgutachten erstellt mit dem Ergebnis: Die Kastanien sind vital und können noch gut 30 bis 40 Jahre leben.

Deshalb hatten die Mitglieder des Hauptausschusses im Mai empfohlen, nach weiteren Ausbauvarianten zu suchen, um die beiden Altbäume zu erhalten. Die neue Variante sah vor, dass der Radweg im Bereich der Kastanien verschwenkt und der Gehweg auf nur einen Meter Breite verjüngt würde. Doch auch dieser Vorschlag war mit knapper Mehrheit abgelehnt worden. Ein „Slalom-Parcours“ um die Kastanien herum war nicht gewollt.

Lösung: Radler auf der Straße

Guter Rat war also teuer. Eine Kompromisslösung schien zunächst in weiter Ferne. Einen Vorschlag hatte die damalige Fraktion FWG/Grüne vorgelegt. Vorsitzender Edgar Appenrodt beantragte, den Radwegbau nur bis kurz vor die erste Kastanie zu realisieren. Hier könnte der Radweg den Breiteweg queren. Die Ostseite müsste entsprechend angepasst und der dortige Radweg für entgegengesetzte Richtungen auf die doppelte Breite vergrößert werden.

So hatten die Mitarbeiter der Verwaltung und des Planungsbüros über die Sommermonate ihre Stifte gespitzt. Tatsächlich wurde der Vorschlag von Edgar Appenrodt eingearbeitet. Allerdings soll der westliche Radweg nicht den Breiteweg queren. Die Lösung: Radler sollen nunmehr auf die Fahrbahn geführt werden. Der Radweg würde entsprechend auf dem Asphalt markiert. Radler und Autos müssen sich den Platz teilen, wobei Radfahrer Vorrang hätten. Diese vierte Variante liegt nun also vor und wurde in eine Beschlussvorlage gegossen, die dieser Tage die politischen Gremien passiert.

Variante ist Kompromiss

Doch kann die Mehrheit der Räte diesem Lösungsvorschlag etwas abgewinnen? Im Barleber Ortschaftsrat am Donnerstagabend wurde die Beschlussvorlage jedenfalls einstimmig empfohlen. Nun sind die Ausschüsse dran und zu guter Letzt der Gemeinderat, der am 24. September final entscheiden soll. „Wir wollen der neuen Ausbauvariante nicht entgegenstehen und den vorliegenden Kompromiss nicht verhindern“, sagt Reinhard Lüder (SPD/UWG). Er gehörte zu jenen Räten, die die Fällung der Kastanien vehement befürworteten.

Auch Edgar Appenrodt ist zufrieden mit der von der Verwaltung als temporäre Lösung kommunizierten Variante. Wenn die Bäume einmal sterben, könnte der Radweg wie geplant umgesetzt werden – also auch mit der Bepflanzung neuer Bäume. „Wir werden sehen, ob der Gutachter Recht hat oder der Rat“, sagt Edgar Appenrodt.

Finale Entscheidung zum Baumfällen steht aus

Und er meint: „Besser kann es für die Kastanien nicht kommen.“ Schließlich wird in der Nähe der Gehölze nun gar nicht gebaut. Die Gefahr, dass die Wurzeln Schaden nehmen, wäre also gebannt. Auch würde es keine Versiegelung des Bodes geben, wodurch die Wurzeln genug Wasser aufnehmen können. „Mich freut, dass die Kastanien nun maximalen Schutz genießen.“

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Doch könnte die Freude von kurzer Dauer sein. Derzeit liegt der Gemeinde nämlich die Anhörung zur beabsichtigten Ablehnung des Fällantrages seitens des Landkreises vor. Somit wird Barleben vor dem endgültigen Erlass der Unteren Naturschutzbehörde eingeräumt, sich nochmals zu äußern. „Sollte es wider Erwarten zu einer Fällgenehmigung kommen, wird der Ausbau der Westseite entsprechend der Variante 2 mit Geh- und Radwegen, Parktaschen und Neupflanzungen von Bäumen ausgebaut.“ So hatten es die Räte einst mehrheitlich entschieden.