Orgel Frühjahrsputz in der Katharinenkirche
Die Orgel der Womirstedter Katharinenkirche wird geputzt. Diese Reinigung ist alle 25 Jahre notwendig.
Wolmirstedt l Die Orgel gilt als Königin der Instrumente. Diese Königin braucht Pflege und das Wolmirstedter Exemplar liegt derzeit in den Händen zweier Orgelbauer. Die heißen beide Hartmut, tragen graue Haare und einen grauen Bart, nur Hartmut Beyer sitzt die Brille auf der Nase, Hartmut Rönnecke betrachtet mit bloßen Augen die Orgelpfeifen. Die wurden bereits Montagabend aus dem Orgelgehäuse ausgebaut und liegen nun sorgsam aufgereiht im Kirchsaal auf mit Filz bedeckten langen Tischen.
„Jede Generation erlebt so eine Orgelreinigung“, sagt Hartmut Rönnecke, „etwa alle 25 Jahre muss das Instrument gesäubert werden.“ Der berechenbare Zeitraum hilft bei der Finanzplanung und Kantorin Stefanie Schneider bleibt deshalb gelassen. „Wir haben dafür bereits angespart.“ Rund 20 000 Euro muss die Kirchengemeinde aufbringen, die außerdem auf Unterstützung durch den Kirchenkreis und die Landeskirche hofft. Auch der Gemeindegliederbeitrag für 2016 soll zum Teil in den Topf für die Orgelreinigung fließen.
Die Orgel der Wolmirstedter Katharinenkirche wurde 1989 von der Gothaer Firma Böhm gebaut. „Ein gutes Mittelklasseinstrument“, loben Hartmut Beyer und Hartmut Rönnecke. Die Orgel ist eine der letzten, die in der DDR entstanden sind. Das spiegelt sich in der Qualität der Pfeifen wider. „Damals gab es die Vorgabe, dass der Zinnanteil nicht mehr als 75 Prozent betragen darf“, erzählt Hartmut Rönnecke. Das gilt als hinnehmbar, aber mehr Zinn wäre besser gewesen, denn je höher dessen Anteil in der Zinn-Blei-Legierung gerät, um so durchsetzungsfähiger klingt der Ton.
Noch einen Vorteil hat ein höherer Zinngehalt: Er lässt die Pfeifen glänzen. Deshalb haben die Pfeifen im Prospekt der Orgel, also die, die sichtbar sind, den höchsten Anteil abbekommen.
Vor Staub schützt das dennoch nicht und in einer Orgel lässt sich eben „nicht mal schnell mit dem Lappen drüberputzen“. Deshalb haben neben den Orgelbauern und Stefanie Schneider auch Mitglieder des Posaunenchors und der Kantorei beim Ausbau der Pfeifen geholfen, eine Kette gebildet, bis fast alle auf den Tischen lagen. Nun nehmen Hartmut Beyer und Hartmut Rönnecke jede einzelne in die Hand, reinigen sie, blasen hinein, prüfen, ob der richtige Ton erklingt, und wenn nicht, wird die Verformung der Pfeifen so reguliert, das alles wieder passt.
In manchen Kirchen nehmen Orgeln die gesamte Westwand ein. In der Wolmirstedter Kirche ist sie neben dem Altar errichtet, sie ist wirklich eng gebaut, bestätigen die Orgelbauer, wer sich darin bewegen will, muss schlank sein. Allein für den Einstieg an der Seitenwand ist katzenartige Geschmeidigkeit vonnöten.
Das stört die Orgelbauer jedoch nicht, unbeirrt klettern sie an die richtigen Stellen und wissen, dass dicke Staubschichten auf den Pfeifen normal sind. Die lagern sich dort ab, weil die warme Luft der Kirche die Partikel transportiert, die sich gerne am kalten Metall der Pfeifen niederlassen.
Die beiden Orgelbauer-Hartmuts werden außerdem die Plastikauflage der Manualklaviatur durch eine hölzerne ersetzen. Und noch etwas wird schöner: Die mit Kugelschreiber beschrifteten Klebchen an den Registern werden durch Porzellanschildchen ersetzt. „Das sieht viel eleganter aus“, freut sich Kantorin Schneider, die am Karfreitag wieder an der Orgel sitzen will. Dann soll die Königin der Instrumente zum Gottesdienst erklingen.