Tier-Bestand Es spricht viel für ein neues Wolfsrudel
In der Colbitz-Letzlinger Heide liegt die Vermutung nahe, dass sich zu dem bestehenden ein zweites Wolfsrudel gesellt hat.
Colbitz l Knapp fünf Wochen ist es her, als Umweltministerin Claudia Dalbert (Bündnis 90/ Die Grünen) den sogenannten Wolfsmonitoring-Bericht für den Zeitraum vom April 2017 bis zum Mai 2018 vorstellte. Das wichtigste Ergebnis der Studie: Die Wolfspopulation in Sachsen-Anhalt wächst weiter. 92 Tiere leben mittlerweile im Bundesland, sieben mehr als im Vorjahreszeitraum. Exemplarisch dafür steht die Colbitz-Letzlinger Heide. Seit dem Jahre 2011 sind Wölfe auf dem Truppenübungsplatz heimisch.
Nachdem zwischen 2014 und 2016 keine Welpen geboren worden, leben mittlerweile derer drei auf dem weiträumigen Areal. Der Bestand vergrößerte sich von fünf auf neun Exemplare. Doch nicht nur in dieser Hinsicht ist Bewegung in die Wolfspopulation gekommen. Noch ist der eindeutige Nachweis nicht erbracht, dennoch deutet viel daraufhin, dass sich ein zweites Rudel im südlichen Bereich der Heide angesiedelt hat.
„Seit dem Monitoringjahr 2017/18 gibt es einige Indizien, die für ein zweites Rudel sprechen. Es zunächst erst einmal eine Annahme, die noch eindeutig bewiesen werden muss“, bestätigt Ines Wahl, Dezernentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Landesamt für Umweltschutz, eine entsprechende Passage im Monitoring-Bericht. Für ein zweites Rudel sprechen genetische Nachweise, Fotofallenbelege und Spurenfunde.
Nach den bisherigen Erkenntnissen handelt es sich dabei um keine „Abspaltung“ des angestammten Rudels. „Die Individuen passen genetisch nicht zur Konstellation des bekannten Rudels“, gibt Ines Wahl Auskunft. Um belastbare Aussagen zu treffen, müssten noch eine Vielzahl weiterer genetischer Informationen gefunden werden, ergänzt sie. Rein räumlich würden sich die beiden Gruppen dabei kaum ins Gehege kommen. Die alteingesessenen Wölfe bewegen sich bevorzugt im Norden und Osten, die Neuankömmlinge im Süden. Auf Grund der Weitläufigkeit der Colbitz-Letzlinger Heide sei genug Platz für zwei Gruppen, sagt die Dezernentin.
Doch wie ist es um das Verhältnis zwischen dem Raubtier und den Menschen in der Region bestellt? Horst Schulze ist als Revierleiter im Bundesforst in der Colbitz-Letzlinger Heide gleichzeitig der Wolfsbeauftragte. „Die Menschen in der Region fangen zunehmend an, sich an den Wolf zu gewöhnen“, stellt er fest.
Aus seiner Sicht steige die Akzeptanz des Tieres in der Bevölkerung. Das liege auch daran, dass „Wölfe in ihrer körperlichen Wahrnehmung kaum präsent sind.“ Pilzesucher seien weiterhin unterwegs und es werde Brennholz gemacht. „Der Erholungsspaziergang mit angeleintem Hund ist ebenfalls gefahrlos möglich“, ist sich Horst Schulze sicher.
Dass sich die Wölfe Siedlungen nähern, ignoriert er dennoch nicht. Sichtungen seien ihm regelmäßig zugetragen worden. Das sei keine Überraschung, weil der Truppenübungsplatz an Dörfer heranreicht. „Es ist davon auszugehen, dass sich Wölfe durchaus sehr nah bis unmittelbar an die Ortschaften annähern oder daran vorbei ziehen“, schätzt Horst Schulze ein. Kritische Situationen seien ihm bis dato jedoch noch nicht gemeldet worden.
Allerdings ist ihm bewusst, dass vor allem Halter von Nutztieren eine viel skeptischere Haltung zum Thema einnehmen. Fällt der Wolf über ihren Bestand her, ist es mit der Akzeptanz natürlicherweise nicht mehr weit her.
Im abgelaufenen Monitoring-Jahr blieben Vorfälle dieser Art jedoch aus. Dem Wolfskompetenzzentrum Iden wurden keine Angriffe in der Elbe-Heide gemeldet. Für Horst Schulze eine Folge des verbesserten Herdenschutzes: „Mir sind in der Region aus den letzten zwei Jahren heraus keine Nutztierübergriffen bekannt, so denn der aktuelle technische Herdenschutzstandart eingehalten wurde.“ Nicht jedes Rudel greife Nutztiere an, ergänzt Ines Wahl.