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Sanierung Zankapfel Wasserturm

Mitglieder des Ortschaftsrates Athensleben kritisieren Ortsbürgermeister Jürgen Kinzel für Aussagen zur Sanierung

Von Enrico Joo 30.03.2021, 22:00

Athensleben

Der eine hatte „dicke Backen“, der andere war einfach nur verwirrt und diskutiert wurde unter den Mitgliedern im Ortschaftsrat in Athensleben viel. Nachdem die Linke-Fraktion in Staßfurt einen Antrag zur Sanierung des Wasserturms in Athensleben eingebracht hatte, äußerte sich Ortsbürgermeister Jürgen Kinzel (Bürgerfraktion von Athensleben) im Bauausschuss und sprach davon, dass die Sanierung „später“ gemacht werden könne. Zwei Straßen im Ort wären wichtiger. Er kritisierte zudem, dass der Ortschaftsrat nicht eingebunden war (Volksstimme berichtete).

Diese Aussagen haben mehrere Kommunalpolitiker irritiert. „Ich bin sehr enttäuscht und entsetzt über diese Aussagen“, sagt Rolf Funda, früherer Bürgermeister von Löderburg. Er hatte die Sanierung des Wasserturms angeregt, analog zur kürzlichen Sanierung des Wasserturms in Löderburg. „Kinzel sollte sich doch freuen. Ich wollte nur helfen. Ich habe großes Interesse daran, dass der Turm wieder schöner wird. Kinzel vermischt da zwei völlig verschiedene Dinge mit Straßenausbau und dem Wasserturm.“ Tenor: Nur weil das eine gemacht wird, heißt das nicht, dass das andere nicht gemacht wird.

Ähnlich äußert sich Bianca Görke, die für die Linken den Antrag eingebracht hatte, über den am 8. April auch im Stadtrat abgestimmt wird. „Es ist Blödsinn, den Straßenausbau mit dem Leader-Programm zu vermischen. Das hat nichts miteinander zu tun“, sagt sie.

Im Antrag der Linken heißt es: „Der Stadtrat beauftragt den Oberbürgermeister allumfassend zu prüfen, ob zur Sanierung des Wasserturms in Athensleben, Förderprogramme in Frage kommen. Insbesondere das Programm Leader scheint hier erfolgversprechend.“

Ortsbürgermeister sieht Wahlkampf

Die Kritik von Kinzel, dass der Ortschaftsrat nicht eingebunden wurde, weist Görke von sich. „Es ist durchaus üblich, so einen Antrag von unten nach oben durchzubringen. Und die unterste Ebene ist der Ortschaftsrat in Athensleben“, sagt sie. Zudem habe es zu dem Thema im Vorfeld Kontakt mit einzelnen Ortschaftsräten gegeben. Auch der Ortsbürgermeister habe mit Rolf Funda im Vorfeld dazu telefoniert.

Zum angedeuteten Gespräch sagt Kinzel: „Das ging keine Minute. Funda sagte, er wolle sich kümmern, hat aber nicht gesagt, dass es einen Antrag geben wird.“

Kinzel bleibt bei seiner Kritik. „Wir sind davon überrascht worden. Es hat auch keiner im Ortschaftsrat etwas dazu erklärt“, sagt er. „Es braucht ja für die angedachte Sanierung des Wasserturms auch Eigenmittel. Das fehlt vielleicht an anderen Stellen beim Straßenausbau.“ Er vermutet hinter dem Antrag der Linken ganz andere Motivationen. „Für mich ist das Wahlkampf von Frau Görke. Sie will ja in den Landtag. Mit mir hatte sie vorher nicht gesprochen.“

Gegenwind bekommt Kinzel auch aus dem Ortschaftsrat. „Ich weiß nicht, wie Kinzel darauf kommt, für uns zu sprechen“, sagt der stellvertretende Ortsbürgermeister Alexander Ackermann. „Das ist wieder ein Alleingang von ihm. Uns hat der Artikel irritiert, es ist nur seine Meinung.“ Ackermann betont: „Alle acht Mitglieder des Ortschaftsrates haben für den Antrag gestimmt. Eindeutiger geht es nicht.“

Ackermann brauchte auch keine Erklärung zu dem Antrag. „Frau Görke hatte ja in der Beschlussvorlage ausführlich erklärt, worum es geht. Ich denke, dass das alle verstanden haben. Es wäre schade, wenn Fördermittel verfallen“, sagt er. Kinzels Abwägung zwischen Sanierung des Wasserturms und der Straßen hält er für einen Vergleich von „Äpfel mit Birnen. Die Angst ist völlig unbegründet.“ Zudem: „Straßenausbau war am 15. März im Ortschaftsrat gar kein Thema.“

Abwahlantrag gegen Ortsbürgermeister

Generell ist die Eintracht im Ortschaftsrat Athensleben verflogen. Ackermann war bis zum 15. März noch Mitglied der Bürgervertretung von Athensleben. Bei dieser Sitzung des Ortschaftsrates trat er aber aus, weil er sich nicht mehr von Jürgen Kinzel vertreten fühlt. „Ich will mich damit vom Ortsbürgermeister distanzieren“, sagt er.

Ackermann hatte im November 2020 auch einen Abwahlantrag gegen den Ortsbürgermeister gestellt. Eine Stimme fehlte zur Zwei-Drittel-Mehrheit von sechs Stimmen. Mittlerweile überlegen diese fünf Politiker, die für die Abwahl gestimmt hatten, eine eigene Fraktion zu gründen. „Das ist aber noch nicht spruchreif“, so Alexander Ackermann.

Einer dieser fünf ist auch Thorald Windt, der der Bürgervertretung von Athensleben laut eigenen Aussagen schon seit 2018 nicht mehr angehört. „Ich bin nicht einverstanden mit den Aussagen von Jürgen Kinzel. Das sind Gedanken eines Einzelnen. Es spiegelt nicht die Meinung des Ortschaftsrates wider“, sagt er.

Er steht zur Sanierung so: „Diese ist dringend nötig. Es braucht neue Farbe und neuen Putz. Innen sind teilweise Fenster kaputt und Metallkreuze angerostet. Es sind viele kleine Sachen zu machen.“

Windt sieht den Wasserturm als Aussichtsturm mit touristischem Potenzial. „Der Wasserturm liegt direkt am Bode-Radweg. Er ist ein Aushängeschild für den Ort. Von oben hat man eine sehr gute Aussicht bis zum Brocken“, sagt er. Derzeit ist der Wasserturm für die Öffentlichkeit gesperrt. Den Schlüssel für den Wasserturm hat unter anderem Ortsbürgermeister Kinzel. „Es müsste vor allem die Frage geklärt werden, wer die Haftung und Verantwortung übernimmt“, so Windt.

So sieht es auch Brigitte Lüdecke (Bürgervertretung von Athensleben). „Man kann den Turm nicht öffnen, weil die Gefahr von Vermüllung und Vandalismus durch Kinder groß ist. Und außerdem: Wer übernimmt die Aufsicht? Wenn sich da ein Kind verletzt, ist das Theater groß.“ Lüdecke hat auch für die Sanierung gestimmt. Sie würde sich freuen, wenn der Straßenausbau zusätzlich auch vorangeht. „Das wäre eine tolle Sache, wenn das so ausgeht“, sagt sie.

Wasserturm zuletzt 1998 saniert

Kinzel sagt, dass der Wasserturm zuletzt 1998 saniert wurde. „Es braucht eigentlich nur mal einen neuen Farb-anstrich. Unten gibt es seitdem auch eine neue Tür, das Dach wurde gemacht. Der Wasserturm geht noch, ich sehe keinen dringenden Bedarf.“

Der Ortsbürgermeister geht entspannt mit der Tatsache um, dass sich im Ortschaftsrat vielleicht eine neue Fraktion gründet, die gegen ihn arbeitet. „Das können sie machen. Man sollte damit aber vorsichtig sein. Wenn es so viele Probleme im Ortschaftsrat in Athensleben gibt, wird vielleicht entschieden, diesen aufzulösen. Dann wird in Löderburg über Sachen in Athensleben abgestimmt“, so Kinzel.

Thorald Windt versteht vor allem eines nicht: Warum Jürgen Kinzel noch Ortsbürgermeister ist. „Wenn ich so viel Gegenwind bekommen würde, wäre ich freiwillig zurückgetreten“, sagt er. Kinzel aber sieht keinen Grund dafür.

Ob im Staßfurter Rathaus nach Fördermitteln für die Sanierung des 1912 erbauten Wasserturms in Athensleben gesucht wird, entscheidet der Stadtrat am 8. April. Bisher haben sowohl der Ortschaftsrat als auch Bauausschuss und Kulturausschuss den Antrag einstimmig empfohlen. Es ist also nicht mit Widerstand im Stadtrat zu rechnen.