Der Straguther Motorsägenkünstler Michael Fröhlich zeigt Speedcarving beim Dorffest 30 Minuten für ein Kunstwerk aus Holz
Mit der Motorsäge Holz für den heimischen Kamin zu machen, ist das eine. Mit der Motorsäge aus Holz Kunstwerke zu erschaffen, ist etwas ganz anderes. Es mag vielleicht 20 Mann in Deutschland geben, die diese Kunst richtig gut beherrschen. Einer von ihnen kommt aus Straguth. Wie er sein Werkzeug handhabt, zeigt Michael Fröhlich am Sonnabend beim Dorffest in Straguth.
Straguth l In 30 Minuten wird Michael Fröhlich aus einem Baumstamm ein kleines Kunstwerk entstehen lassen. "Speedcarving" nennt sich das Ganze, was ins Deutsche übersetzt "Geschwindigkeitssägen" bedeutet. Es ist eine reine Showvorführung, die als Highlight beim Straguther Dorffest zu erleben sein wird. "Ich werde demonstrieren, was bei Wettbewerben so abgeht", erklärt Fröhlich.
Seit zwei Jahren gibt es sogar Deutsche Meisterschaften im Speedcarving. An internationalen Schnitz-Wettbewerben nimmt der Straguther Motorsägenkünstler regelmäßig teil. Sein erster Auftritt am Anfang der 2000er Jahre war mehr ein Zufall, erinnert sich Fröhlich. Er nahm eine Einladung einer Firma, die auch Kettensägen verkauft, an. Der Neuling gewann den Schnitzwettbewerb.
Vor sechs Jahren ging es zum ersten Mal ins Ausland. In Ridgeway Pennsylvania findet jedes Jahr im Februar das weltgrößte Treffen der Kettensägenkünstler statt. Der Termin steht inzwischen jedes Jahr im Kalender von Michael Fröhlich. "Am Anfang bin ich dort wie ein Groupie rumgerannt", muss Fröhlich lachen. Hier lernte er seine Idole kennen, hier beeindruckten ihn Skulpturen, hier wurde er so richtig infiziert. Eine Woche dauert das alljährliche Spektakel. Vergangenes Jahr belegte er einen 2. Platz im Wettbewerb.
Vizemeister wurde er im letzten Jahr auch bei einem Kettensägenschnitz-Event in Österreich. Noch nicht lange zurück liegt die zweite offene Weltmeisterschaft, die Pfingsten in Deutschland ausgetragen wurde. Teams aus den USA, Ecuador, Europa und ein Frauenteam traten an. Fröhlich erzählt begeistert von den lebensgroßen detailgetreuen Figuren, die von den Künstlern geschaffen wurden. Er selbst nahm am Speedcarving-Wettbewerb teil, wurde Neunter von 16 Teilnehmern.
Bei den meisten Wettbewerben werden die Kunstwerke, wenn sie fertig sind, versteigert. Der Erlös geht womöglich an den Sieger oder wird für einen wohltätigen Zweck gesponsert. So will es Michael Fröhlich auch am Sonnabend handhaben. Was auch immer er bei seiner Vorführung entstehen lässt, soll sogleich versteigert werden. Das Geld kann dann für den Spielplatz im Dorf, die Jugendfeuerwehr oder irgendetwas für die Kinder verwendet werden. Was er aus dem Baumstamm zaubern wird, verrät Fröhlich vorab nie. Es könnte ja schließlich immer etwas mit dem Holz, dem Werkzeug etc. sein, so dass er improvisieren muss.
Kettensägenschnitzen kann man zwar lernen - solche Schnitzkurse werden angeboten - , aber um zu den Besten zu gehören, braucht es sicherlich ein wenig Talent. Räumliches Denken und Kreativität sind Voraussetzung. Wer gut sein will, müsse sich Belesen, sich mit der Anatomie von Tier und Mensch auseinandersetzen, so Fröhlich, da gehöre permanentes Üben dazu: "Man strebt nach Perfektion".
Seinen Sägeplatz hat Michael Fröhlich im Wald, die Feinarbeiten werden am Haus erledigt. Schnitzereien macht er seit etwa 15 Jahren. Dass er Kettensägenschnitzer wurde, ist einfach "passiert". Erst schnitzte der gelernte Landmaschinen- und Traktorenschlosser mit der Hand, bevor es mit der Kettensäge losging. Nachdem er zuletzt in der privaten Forstwirtschaft gearbeitet hat, ist er seit Oktober 2011 als Kettensägenschnitzer selbständig. Er übernimmt Aufträge für Privat, für Betriebe, Vereine, etc.
Die Palette der Arbeiten ist breit gefächert. Er hat schon Bänke für eine Kinderklinik in Marburg geschnitzt oder diverse Tiere für Naturlehrpfade oder Kitas geschaffen. Eine Wildschweinrotte, wie sie schon in Buhlendorf steht, ist ein aktueller Auftrag. Mundpropaganda und Internetpräsenz führen Kunden und Interessenten zu Michael Fröhlich nach Straguth.
Das Kettensägenschnitzen ist Fröhlichs Hobby, "wie für andere das Motorradfahren" und "mein Leben" zugleich. Es sei herrlich zu sehen, was man erschaffen kann, meint der 41-jährige Künstler, bei dem Sicherheit oberste Priorität bei der Arbeit hat. Die Arbeit mit handelsüblichen, modifizierten Kettensägen ist nicht ungefährlich. Selbständig zu sein bedeutet für Michael Fröhlich, sich 100-prozentig um seine Kettensägerei kümmern zu können. Da sind zum Beispiel die Aufträge mit den Wettbewerben in Einklang zu bringen. Auf eine Abhängigkeit von einem Sponsor hat er bislang verzichtet.
Rückhalt findet er in seiner Familie. Wenn man von der Familie nicht unterstützt wird, kann man das sein lassen, ist der Vater von zwei Söhnen überzeugt. Sein 16-jähriger Spross hat längst Ambitionen für das Kettensägenschnitzen bewiesen. Bei seinem Zehnjährigen werde das wohl bald losgehen, meint der Papa.
Für Michael Fröhlich geht es in diesem Jahr noch einmal nach Nordamerika, dahin, wo das Kettensägenschnitzen seinen Ursprung hat. Im August nimmt der Straguther an den US-Open in Wisconsin teil. "Ich freue mich, dass ich da mitmachen kann", erklärt Fröhlich. Bei den meisten Events ist es in der Regel so, dass der Veranstalter die Teilnehmer, also die Besten, auswählt und einlädt. Für 2013 hofft Fröhlich bei den English Open dabeisein zu können. Wer den Künstler erleben will, der sollte am Sonnabend zum Dorffest nach Straguth fahren. Um 16 Uhr gibt es die Speedcarving-Vorführung.