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Landratswahl in Anhalt-Bitterfeld Alternative ist keine für drei Zerbster Gymnasiastinnen und Erstwählerinnen

Vor einigen Tagen haben sich die drei Kandidaten zur Wahl eines neuen Landrates am 6. Juni in Anhalt-Bitterfeld bei den Zerbstern persönlich vorgestellt. Die stellten natürlich Fragen – durchaus auch unangenehme.

Von Thomas Kirchner 25.05.2021, 14:27
Emmy Morgenstern, Johanna Ryter und Maria-Sophie Däubert  (v.r.) wollen sich ein Bild von den Kandidaten machen, die am 6. Juni in Anhalt-Bitterfeld zum Landrat gewählt werden wollen.
Emmy Morgenstern, Johanna Ryter und Maria-Sophie Däubert (v.r.) wollen sich ein Bild von den Kandidaten machen, die am 6. Juni in Anhalt-Bitterfeld zum Landrat gewählt werden wollen. Foto: Thomas Kirchner

Zerbst - Zur Wahl stellen sich Andy Grabner (CDU), der von der FDP und den Freien Wählern unterstützt wird, der gemeinsame Kandidat von SPD, Linken und Bündnis 90/Grünen Swen Knöchel (Linke) und Volker Olenicak (AfD). Unter den rund 30 Interessierten, die kürzlich die Vorstellungsrunde in der Stadthalle besucht haben, fallen drei junge Mädchen auf: Maria-Sophie Däubert, Johanna Ryter und Emmy Morgenstern. Alle drei sind 16 Jahre alt, Schülerinnen des Francisceum und dürfen zum ersten Mal ihre Stimme abgeben – sind also Erstwählerinnen bei der Landratswahl am 6. Juni, erzählen sie.

„Wir wollen wählen gehen, mitentscheiden, wer künftig im Landkreis die Zügel in den Händen hält“, sagt Emmy. „Wir wollen nicht nur wissen, wer die Kandidaten sind, sondern auch, was sie vorhaben. Schließlich sind ja auch die weiterführenden Schulen Sache des Landkreises“, erklärt Johanna. „Wir finden es schon wichtig, sich ein Bild von den Kandidaten und ihren Programmen zu machen“, ergänzt Maria Sophie.

Themen waren Nahverkehr und Digitalisierung

In einem sind sich die drei jungen Frauen schon vor Beginn der Vorstellungsrunde einig: „Die AfD schließen wir schon von vorn herein aus. Die plumpen Sprüche auf all den Plakaten sind es unter anderem, die uns keinesfalls ansprechen. Das passt nicht in eine tolerante und weltoffene Gesellschaft“, betonen die drei.

Kreiswahlleiter René Rosenfeldt, der die Runde moderiert hat, erläuterte kurz das Prozedere, bevor sich die drei Männer kurz vorstellten. Dann konnten die Zerbster ihre Fragen loswerden. Fragen kamen unter anderem zum öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und zur Digitalisierung, auch in den Schulen. Auch die Zukunft der Kommunalen Beschäftigungsagentur (KomBA) beschäftigte die anwesenden Zuhörer ebenso wie der Wohnort von Landratskandidat Swen Knöchel, der seinen Wohnsitz nicht in Anhalt-Bitterfeld, sondern in Arnstein (Landkreis Mansfeld-Südharz) hat.

Einer der Fragensteller war Justin Wurbs, Vorsitzender der Zerbster Jungen Union. Er wollte von AfD-Kandidat Volker Olenicak wissen, wie wir in unserem Landkreis und in unseren Kommunen von Leuten, die zu uns kommen, eine Akzeptanz unserer gesellschaftlichen Werte, zu denen auch der Kampf gegen Antisemitismus gehört, mit einem Landratskandidaten einfordern wollen, der in der Vergangenheit selbst Probleme hatte, sich eindeutig zu unseren Werten zu bekennen, und dem eine deutliche Grenze gegen Antisemitismus zumindest sehr schwergefallen ist?

Hintergrund der Frage waren Zeitungsberichte aus dem Jahr 2016, die Wurbs anführte, wonach Olenicak ein Bild von Angela Merkel auf seiner Facebook-Seite mit der Aufschrift geteilt hat: „Verräterin Merkel gefährdet den Frieden in Europa. Rücktritt der zionistischen US-Agentin.“ „Das ist klar antisemitisch“, betonte Wurbs.

Antisemitismus für Volker Olenicak kein Thema

Olenicak räumte ein, diesen Post seiner Zeit geteilt zu haben, wiegelt aber ab und wirft dem Junge Union Vorsitzenden vor, als „Grabner-Mitarbeiter“ eine Frage zu stellen, um seine Person in Frage zu stellen, meinte aber, dass dies legitim sei und antwortete: „Das Teilen des Posts hatte keinen antisemitischen Hintergrund, es ist wohl eher wahrscheinlich, dass dies aus einer Laune heraus geschehen ist“ sagte Olenicak. Er glaube, dass Antisemitismus in unserem täglichen Leben keine Rolle spiele.

„Ich erlebe zwar Antisemitismus in den Medien, aber bei den Bürgern in unseren Gemeinden sehe ich keinen Antisemitismus“, so Olenicak. Er wisse gar nicht, wieso hier in Deutschland immer wieder versucht wird aufzurollen, dass wir antisemitisch wären. „Ich kenne niemanden in meinem Umfeld, der jüdischen Glaubens ist und es ist auch nicht das Thema, das die Menschen bewegt und es ist auch nicht das Thema, das mich bewegt. Antisemitismus ist kein Thema für mich“, so Olenicak.

Schülerinnen empfehlen Besuch von Wahlveranstaltungen

Und was sagen die drei Erstwählerinnen nach der Runde? „Wir konnten die Kandidaten besser kennenlernen und uns ein Bild von ihrer Persönlichkeit und ihren Vorhaben machen. Wir würden eine solche Veranstaltung – vor allem wenn für Erstwähler – weiterempfehlen, da die Kandidaten auch jede Frage beantwortet haben“, sagt Maria-Sophie. Sie sei sich jetzt sehr sicher, wen sie wählen wird.

„Meiner Meinung nach hätten viel mehr Leute teilnehmen müssen, um keine Fehlentscheidung zu treffen. Auch die Wahl zwischen dem Kandidaten der CDU und dem der SPD, den Linken und der Grünen fällt mir nun leicht“, so ihr Fazit. Sie würde auf jeden Fall wieder solch eine Veranstaltung besuchen und es auch jedem raten, der wählen gehen möchte.

Meinung der Gymnasiasten wurde gestärkt

„Diese Veranstaltung kann ich allen Erstwählern oder unschlüssigen Wählern nur empfehlen, da sie eine Menge Klarheit schafft und man sich ein sehr gutes Bild von den Kandidaten machen kann. Ich habe jetzt einen Favoriten für die Wahl. Trotzdem werde ich mich über das Ganze natürlich noch bis zur Wahl weiterhin informieren“, macht Emmy Morgenstern deutlich. In einem sind sich die drei Francisceer auch nach der Veranstaltung einig: Die AfD wird keine der drei Schülerinnen wählen.

„Ich kann nur sagen, dass sich meine Meinung durch die gestrige Veranstaltung nur gestärkt hat. Die AfD passt einfach nicht zu meiner Vorstellung von einer vielfältigen, toleranten und weltoffenen Zukunft und deshalb möchte ich, gerade als Erstwählerin, diese Partei nicht unterstützen und somit kommt der AfD-Kandidat für mich als neuer Landrat nicht in Frage“, sagt Emmy.

Auch Maria-Sophie hat das Wahlprogramm des AfD-Kandidaten nicht angesprochen. Sie bleibt dabei: „Kein Kreuz bei der AfD“, betont sie. Johanna bleibt ebenfalls dabei: „Meine Entscheidung auf gar keinen Fall die AfD zu wählen, hat sich mehr als bestätigt.“

Von links: Andy Grabner (CDU), Swen Knöchel (Linke) und Volker Olenicak (AfD) wollen am 6. Juni zum Landrat in Anhalt-Bitterfeld gewählt werden. Wer es am Ende wird, entscheiden die Wähler an der Urne.
Von links: Andy Grabner (CDU), Swen Knöchel (Linke) und Volker Olenicak (AfD) wollen am 6. Juni zum Landrat in Anhalt-Bitterfeld gewählt werden. Wer es am Ende wird, entscheiden die Wähler an der Urne.
Foto: Thomas Kirchner