Betrugsvorwürfe Der "Imperator" schlägt wieder zu
Offenbar konnte der Zerbster Christoph Julius Caesar erneut zahlreiche Unternehmen mit schickem Anzug und nobler Firmenadresse blenden.
Zerbst/Berlin l Christoph Julius Caesar macht wieder von sich reden. Er tut das, was er offenbar am besten kann – Schaum schlagen. Der gebürtige Zerbster, der 2011 Schlagzeilen als „Deutschlands jüngster Unternehmer“ machte und 2017 aus dem Strafvollzug entlassen wurde, ist zur Fahndung ausgeschrieben. Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt gegen Christoph Julius Caesar wegen des Verdachts des Betruges in vier Fällen.
„Das Verfahren ist vorläufig eingestellt, da die Klageschrift nicht zugestellt werden konnte“, bestätigt Koray Freudenberg, Amtsrichter und Pressesprecher des Amtsgerichts Hannover, auf Volksstimme-Nachfrage. Unter anderem gehe es um nicht bezahlte Möbel und eine unbezahlte Anwaltsrechnung in Zusammenhang mit seiner Firma.
„Bei einer Verurteilung drohen eine Geldstrafe oder auch eine Haftstrafe. Die Höhe des Strafmaßes hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem von der Schadenshöhe oder auch von eventuell einschlägigen Vorstrafen“, so der Amtsrichter. Caesar sei im Moment zur Fahndung ausgeschrieben. „Ein Haftbefehl wurde aber nicht ausgestellt – Fahndung heißt nicht gleich Haftbefehl“, erklärt Freudenberg. Es gehe erst einmal um die Feststellung des Aufenthaltsortes.
„excofirm Communication Group“, so heißt die neue Firma von Christoph Julius Caesar mit Sitz in der noblen Berliner Friedrichstraße, in der auch sein Ehemann seit April 2018 als Assistant Manager (Mitarbeiter mit einer bestimmten Ebene von Management- oder Aufsichtsbefugnissen, der einem oder mehreren übergeordneten Managern unterstellt ist) angestellt ist. Dies zumindest steht im Profil von Caesars Ehemann M.K. auf XING, einem sozialen Netzwerk, in dem die Mitglieder vorrangig berufliche Kontakte suchen und verwalten. Die Beiden haben laut Medienberichten nach Caesars Haftentlassung geheiratet.
Das Unternehmen beschäftigt sich mit Eventmarketing, insbesondere Auftrags- und Bedarfsanalyse, Strategieentwicklung, Planung, Realisation und Vermarktung von Veranstaltungen, Messen und der damit verbundenen Gastronomie, Vertriebs- und Salesmaßnahmen. Darüber geben unter anderem die Online-Portale webvalid, Northdata oder Company House – Seiten, die Handelsregisterbekanntmachungen analysieren – Auskunft. In den Bekanntmachungen wird übrigens Hannover als Wohnort angegeben.
Laut eben dieser Webseiten ist der 24-Jährige Geschäftsführer von insgesamt fünf Firmen: der excofirm Europe GmbH, der excofirm Sales Partners GmbH, der excofirm Business Services GmbH, der excofirm System Event GmbH (ehemals Stuttgard, jetzt wie alle anderen in Berlin gemeldet) und der CAESAR Enterprises GmbH, die ihren Firmensitz in der Frankfurter Poststraße haben soll.
Mit der Firma oder Caesar selbst Kontakt aufzunehmen, gestaltet sich allerdings schwierig. Auf der facebook-Seite von excofirm gibt es seit dem 23. August 2017 ganze fünf Einträge, der letzte ist vom 12. April 2019. Auch telefonisch ist excofirm nicht zu erreichen. Nach einer Bandansage, dass der Anrufer gleich Gehör findet, wird der Anruf unterbrochen.
Auch auf E-Mails oder Nachrichten bei Facebook: keine Reaktion. Die Recherche hat außerdem ergeben, dass wohl die noble Firmenadresse ebenfalls nur Schein ist. Sie lief über ein Unternehmen, das einen Büroservice betreibt, der unter der Adresse Friedrichstraße 95 zu finden ist und den Caesars excofirm genutzt und nicht bezahlt hat, so eine Firmenmitarbeiterin des Büroservices. „Die Zusammenarbeit wurde wegen zahlreicher unbezahlter Rechnungen beendet“, so die freundliche Dame am Telefon. Nun ist ihm wohl auch sein exklusiver Briefkasten in der Berliner Friedrichstraße abhanden gekommen.
Im Laufe der Recherche meldet sich auch die Firma Sixt Autovermietung München in der Lokalredaktion der Volksstimme in der Hoffnung, den Aufenthaltsort von Christoph Julius Caesar zu erfahren. „Ich bin auf der Suche nach Christoph Caesar. Er und vier Fahrzeuge, die er über die Firma in der Zweigstelle Hannover geleast hat, sind verschwunden“, erzählt ein Mitarbeiter des Forderungsmanagements von Sixt. Er habe im Berliner Bürohaus erfahren, dass wir ebenfalls in Sachen excofirm recherchieren und hoffte, dass wir weiterhelfen könnten.
Offensichtlich geht es hier in Summe um mehr als nur ein paar unbezahlte Möbel und eine unbezahlte Anwaltsrechnung. Und dann kam doch noch eine Antwort auf unsere Anfrage von Christoph Julius Caesar: „Aufgrund des laufenden Verfahrens ist eine Stellungnahme zum Sachverhalt oder einzelnen Vorwürfen derzeit nicht möglich“, lässt uns Christoph Julius Caesar, Geschäftsführer/Managing Director der excofirm Europe GmbH – so ist das Schreiben gezeichnet – per E-Mail wissen und ergänzt: „Die Anklageschrift ist uns im Übrigen bis heute nicht bekannt.“
Rückblick: „Global denken, regional handeln, lokal profitieren“, das war 2011 der Slogan der Firma „Anhaltisches Institut für Medien“ und Christoph Julius Caesar nannte sich ganz bescheiden Präsident des Instituts. Der damals 15-Jährige wurde als Deutschlands jüngster Unternehmer gefeiert. Die Medien stürzten sich förmlich auf den jungen Mann im Anzug mit Chauffeur und vier Büros: eins in Dessau, zwei in Zerbst und eins in Berlin.
Neun in Vollzeit angestellte Mitarbeiter soll Christoph Caesar damals in der Hauptstadt beschäftigt haben – inklusive eigenem Geschäftsführer für die Außenstelle. Seine Mitarbeiter und er entwickelten wohl Ideen und Marketingkonzepte. Namhafte Firmen gehörten zu den Auftraggebern unter anderem: BMW, die AOK, der MDR, Lokalpolitiker, wie die Volksstimme berichtete.
2013 stürzt das Lügengebäude des mittlerweile 18-Jährigen wie ein Kartenhaus zusammen. Am 9. Juli hatte die Hallenser Polizei den vorbestraften Caesar festgenommen. Erneut lautete der Verdacht auf gewerbsmäßigen Betrug und Urkundenfälschung.
Er soll zwischen Mai 2012 und Mai 2013 mit dem Namen erfundener Firmen und den Daten Dritter zahlreiche Waren im Internet bestellt und einen Schaden von 20 000 Euro angerichtet haben. Caesar wurde vom Zerbster Amtsgericht bereits im Frühjahr 2013 in 19 Fällen wegen Betrugs, versuchten Betrugs und Urkundenfälschung zu einer Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt. Am Ende, im August 2014, kassierte der junge Mann in Halle für seine zahlreichen Betrügereien 31 Monate Haft – ohne Bewährung.
Aktuell informiert ein Schriftband auf der Internetseite von Excofirm Europe darüber, dass das Unternehmen im März neue Geschäftsräume bezieht. Der Kundenservice sei allerdings wie gewohnt zu erreichen.