Buchhandlung Trotz Öffnung schwierige Zeit
Die Traditions-Buchhandlung Gast in Zerbst ist während des Lockdowns geöffnet. Doch sie hat auch mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen.
Zerbst l Die Buchhandlung Gast in der Fritz-Brandt-Straße wurde im vergangenen Jahr – von den meisten Zerbstern ganz und gar unbemerkt – stolze 155 Jahre alt. Und wenn es nach Inhaberin Hannelore Seidler geht, sollen noch viele Jahre dazu kommen. Immerhin ist die Buchhandlung die einzig gebliebene in der Stadt.
„Auch wenn momentan einige Zungen in der Stadt behaupten, dass unser Traditionsgeschäft kurz vor der Schließung steht, kann ich versichern, dass dies nicht der Fall ist. Wir denken nicht einmal über einen solchen Schritt nach“, ärgert sich Hannelore Seidler schon ein wenig über derartiges Gerede.
Die Zeit sei gewiss nicht die Leichteste, doch von Schließung könne keine Rede sein. „Wir können im Gegensatz zu vielen anderen Einzelhändlern und Gastronomen unsere Buchhandlung trotz des Lockdowns weiter öffnen. Das war schon im Frühjahr 2020 beim ersten Lockdown so, doch den Teilstillstand bekommen auch wir zu spüren“, sagt Seidler.
Es sei nicht so, dass überhaupt keine Kunden kämen. „Doch mit ‚normalen‘ Zeiten sind die Umsätze nicht zu vergleichen“, erklärt die Buchhändlerin. Von Vorteil sei, dass sie auch einen Online-Shop betreiben. „Auch das Geschäft mit den Schulbüchern hilft über die Krise“, so Seidler. Auch die zahlreichen Stammkunden hielten dem Geschäft jetzt in der Krise die Treue.
Doch auch ohne die Corona-Pandemie werde es immer schwieriger für kleine inhaber-geführte Geschäfte in den Innenstädten. „Supermärkte mit breitem Sortiment und Online-Riesen zwingen immer mehr Händler in den Städten in die Knie“, meint Hannelore Seidler.
So wirklich verstehen könne sie dies allerdings nicht. „Wenn wir es nicht schaffen, über unser Kaufverhalten nachzudenken und den Online-Trend nicht minimieren, werden wir mittelfristig durch dunkle Innenstädte – ohne Schaufenster und mit vielen geschlossen Läden – spazieren“, ist sie sicher.
Seidler: „Und was die Handelsware Buch betrifft, so kann kaum der Preis entscheiden, wo ich beispielsweise Sebastian Fitzeks Bestseller ´Der Heimweg´ kaufe, denn immerhin gibt es in Deutschland eine Buchpreisbindung. Das heißt, egal wo ich den Psychothriller in den Warenkorb lege, ob bei Amazon, Thalia oder in der Buchhandlung Gast, er sollte immer 22,99 Euro kosten“, erklärt Hannelore Seidler.
Auch die Lieferzeit sei nicht wirklich ein Argument, online zu kaufen. „Viele Kunden meinen, dass unsere Lieferzeit nicht wesentlich länger sei, im Gegenteil, in zahlreichen Fällen hätten Kunden ihre Bestellung bei uns sogar schneller als aus Online-Shops bekommen“, schildert Hannelore Seidler.
Sie können ihre Händler-Kolleginnen und Kollegen nur zustimmen, die kürzlich in einem Volksstimme-Beitrag erklärten, dass es doch noch Kunden gibt, die das Einkaufen in den Geschäften der Innenstädte noch als Erlebnis empfinden. „Ich wünsche mir sehr, dass viel, viel mehr Menschen wieder so empfinden und durch die lokalen Geschäfte bummeln“, so Seidler.
Jetzt hoffe sie auf eine baldige Normalisierung der Lage, dass nach und nach alle Beschränkungen wieder aufgehoben werden können. „Vielleicht hilft ja der Impfstoff wirklich, die Bekämpfung der Pandemie zu beschleunigen. Bis dahin halten wir einfach durch“, sagt Seidler kämpferisch.