Ganztagsschule Zerbst Ciervisti-Konzept: Trotz großer Enge "gut verfestigt"
Die Zerbster Sekundarschule "Ciervisti" arbeitet seit drei Schuljahren als Ganztagsschule. Der tägliche Ablauf hat sich über das rein schulische Angebot hinaus in ein breit gefächertes Kursangebot hineingefunden, holt das Maximum aus dem Schulgebäude, der Sporthalle, dem Garten, der Außensportanlage und sogar der benachbarten Schwimmhalle heraus.
Zerbst. "Wir haben uns ganz zweifellos entwickelt. Im ersten Jahr zusammengefunden, im zweiten konzeptionell durchgestartet, im dritten nun erstmals ein komplettes Jahr nach Ganztagsschulkonzept durchgezogen." Birgit Kleinecke ist Lehrerin, zugleich als Ganztagsschulkoordinatorin auch Chefin der Steuerungsgruppe für alle Kurs- und Sonderangebote, die die "Ciervisti" neben dem Unterricht so hat. "Die Ganztagsschule wird sehr gut angenommen. Sämtliche Schüler der fünften und sechsten Klassen nehmen mindestens ein Ganztagsschulangebot wahr. In den siebten Klassen liegt die Beteiligung bei 74 Prozent, in den achten bis zehnten Klassen steht der Unterricht ganz vorn, da bleibt kaum Zeit. Diese Klassen stellen jedoch auch die Schülerfirma oder das Betreuungsprojekt mit den älteren Herrschaften im Altenpflegeheim."
Die Ganztagsschulangebote haben sich "gut verfestigt", so Frau Kleinecke. Und werden seit Monaten schon auch von eigenen Schülern gestützt. Ältere leiten beispielsweise durchweg begehrte Kurse im Fußball und Tischtennis.
Größtes Problem der Schule war und ist die räumliche Enge. "Wir können das Klassenraumprinzip nicht verfolgen. In Bibliothek, Hausaufgabenzimmer und Aula findet Unterricht statt", zählt Frau Kleinecke einzelne Umstände auf.
Aktuell gibt es vier fünfte und fünf sechste Klassen an der "Ciervisti". Für die knapp 70 Schulabgänger Ende Juni kommen im August knapp 100 Fünftklässler neu in die Schule. "491 Schüler werden wir nach der jüngsten Prognose haben. 21 Klassen, im Schnitt mit 24 Schülern. Das passt überhaupt nicht mehr, nicht mal für normalen Unterricht. Und wir brauchen für das Ganztagsschulkonzept ganz natürlich darüber hinaus Räume", erklärt die Koordinatorin.
Sie setzt auf den Landkreis. Als Schulträger sind ihm die Probleme bekannt. Abhilfe soll durch Hinzunahme von Räumen der leerstehenden Berufsschule auf der Breite erfolgen. "Ich hoffe nur, dass das auch tatsächlich bis zum Schuljahresanfang geschieht. Denn alles andere haben wir schon mehrfach durch. Fangt erstmal an, hieß es immer. Uns blieb nichts anderes, und nach einer Zeit hieß es dann: Na seht ihr, es geht doch. Aber es geht eben nicht mehr", sagt Frau Kleinecke mit großem Ernst.
Abgesehen vom Raumproblem hat sich die Schule "aus unserer Sicht gut entwickelt. Die Disziplin zum Beispiel wird spürbar besser. Ich glaube, die Trainingsraummethode hilft dabei." Bitte? In allen Unterrichtsräumen sind einfache Regeln angeschlagen. Wer sie verletzt, wird in den "Trainingsraum" geschickt. Dort hat ein Lehrer Dienst und befasst sich mit dem Verursacher und seiner Verfehlung. Nach fünf derartigen Terminen gibt es Schulverbot und die Eltern müssen zum Gespräch kommen. "Das wollen alle vermeiden", schmunzelt Frau Kleinecke.
Nicht minder hilfreich sind die Schülerpatenschaften. Ältere helfen jüngeren, dazu stehen beide unter Vertrag. Die Patenschaft wird durch die Zerbster Rotarier gestützt und sogar finanziell stimuliert. "Das läuft ganz prima."
Die Patenschaften verhelfen indirekt, die Kombiklasssen unmittelbar zu besseren Schulabschlüssen. "Wir bilden keine Hauptschulklassen mehr. Diejenigen Schüler bekommen andere Aufgaben und andere Maßstäbe, bleiben aber in einer Klasse mit den anderen. Das funktioniert. Es gibt keine Grenzen zwischen den Schülern mehr." Die Trainingsraummethode und die Kombiklassen einzuführen, waren "die Hauptkampffelder dieses Schuljahres".
Für das kommende Schuljahr kann bereits jetzt ein zusätzlicher Handballkurs angekündigt werden. "Der HSV kommt zu uns." Ferner wird Frank Schöttke einen Kurs "Berufsorientierung Farbe und Design" eröffnen. Umgekehrt nimmt "Ciervisti" Abschied vom Percussion-Kurs der Musikschule. "Frau Handrich wird ihn bestmöglich fortsetzen, und wir können einen Teil der Instrumente mieten. Wir wollen nun ganz schnell durch Sammlungen Geld einnehmen, um selbst Percusssioninstrumente anzuschaffen. Zumindest in den unteren Klassenstufen wollen wir das Projekt fortsetzen. Das ist mit der beliebteste Kurs, es trommelt in jeder Mittagspause. Kaum ein Elternhaus könnte sich derartigen Unterricht für sein Kind leisten."