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Wörlitzer Marktplatz war bisheriger Standort für Hunde-Skulptur Ein tierisches Geschenk sorgt für reichlich Gesprächsstoff

Von Andreas Behling 12.09.2013, 01:18

Eine englische Bulldogge stiftet in Oranienbaum-Wörlitz Unfrieden. Während die einen den Wörlitzer Marktplatz als geeigneten Standort für die farbige Skulptur des belgischen Künstlers Hannes D\'Haeses halten, fordern andere dessen Entfernung.

Oranienbaum-Wörlitz l Furchtbar kitschiges Monstrum, komisches Vieh, albernes Ding. Ungünstige Attribute sind dem zwar wuchtigen, doch insgesamt eher harm- und wehrlosen Tier schon eine Menge verpasst worden. Und auch sein aktueller Standort gefällt nicht jedem. Erika Miertsch, Chefin des Hotels "Landhaus Wörlitzer Hof", hat den vom belgischen Künstler Hannes D\'Haese gestalteten Kunststoffhund auf dem Marktplatz aufgestellt.

Dass er dort die Gastronomie unter freiem Himmel "bewacht", verärgert zum Beispiel Brunhild Höhling sehr. "Ich bin keine Freundin des Kunstwerks", sagt die pensionierte Studienrätin (89). Die Nutzung als Café sei auf einem Platz, den Fürst Franz von Anhalt-Dessau und Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff gestalteten, in Ordnung. Aber da "solch ein Ding" zu drapieren, das finde sie "einfach albern". Die bunte englische Dogge müsse weg. Vor allem: Sie könne "nicht auf Dauer" dort stehen bleiben.

Lieber heute als morgen würden auch etliche Ortschaftsräte den Vierbeiner aus dem Stadtbild verbannen. Zumal D\'Haese das zum Tier des Anstoßes mutierte Kunstobjekt ursprünglich dem Oranienbaum-Wörlitzer Bürgermeister Uwe Zimmermann (Linke) schenkte. Indes wollte sich anschließend über lange Zeit partout kein Standplatz in Oranienbaum finden, so dass Erika Miertsch mit Hilfe des niederländischen Reiseveranstalters Jan Geldof der Dogge Asyl gewährte. "Doch wie lange dauert dieses Asyl an einem sehr sensiblen Ort noch?", wollte Gudrun Teube (SPD) jetzt wissen. "Bei uns hat man es nicht beantragt und wir haben es auch nicht befürwortet", hielt ihr Parteikollege Kuno Wendt fest. Während der Oranienbaumer Ortschaftsrat "Kopfstände und sich drei Mal Gedanken" gemacht habe, wo die Dogge platziert werden könnte - in der Nähe der Oranier-Route, so der letzte Stand -, sei sie "einfach so" nach Wörlitz gelangt, wo "gar keiner gefragt worden" sei.

Ortsbürgermeister Horst Schröter (SPD) erklärte, über Geschmack nicht streiten zu wollen. Allerdings sei "dieses Vieh" gemeinsam mit den bemalten Äpfeln, die im halben Dutzend ebenfalls auf dem Markt stehen, durchaus geeignet, dass man sich ängstige, "wenn man im Dunkeln daran vorbeigeht". Ordnungsamtsleiterin Jutta Matthias ("Persönlich mag ich den Hund auch nicht.") wehrte freilich das Argument ab, es läge ein Fall von Sondernutzung vor. "Das Gelände, auf dem die Open-Air-Gastronomie betrieben wird, wurde vom Hotel gepachtet. Die Regelungen liefen über einen privatrechtlichen Vertrag, an dem das Bauressort mitwirkte", sagte sie.

"Was können wir sonst hier in Wörlitz von moderner Kunst erfahren?", klagte derweil Erika Miertsch. Ihr Eindruck: "Hier geht es nur immer um das Eingemachte. Alles andere zählt nicht!" Es sei "nicht gut, immer nur in der Zeit der anhaltischen Fürsten stehen zu bleiben". Ihre Beobachtungen: "Viele Besucher kommen extra nach Wörlitz, um die Äpfel und den Hund zu fotografieren. Und wenn sie einmal da sind, dann essen und trinken sie auch hier." Andere Städte, so die Hotel-Chefin, würden sich nach einer solchen Ausstellung "die Finger lecken" und diese Kunst "mit Freude" empfangen.

Zwischenzeitlich hat Hannes D\'Haeses Doggen-Skulptur Abschied von Wörlitz. Der Belgier gehört neben Eva Brodska aus dem tschechischen Roudnice und EunJung Seo-Zimmermann, einer Berlinerin koreanischer Abstammung, zu den Gastkünstlern der diesjährigen BrauART-Ausstellung "Illusionen" in der Dessauer Schultheiß-Brauerei. Dort dürfen seit diesem Wochenende und noch bis zum 22. September deren Besucher einschätzen, womit sie es zu tun haben: Kitsch oder Kunst?