Podiumsgespräch im Rahmenprogramm der Sonderausstellung im Zerbster Museum "Freimaurer sind völlig normale Menschen"
Das Museum der Stadt Zerbst hat zu einer Podiumsdiskussion als Teil des Begleitprogramms der Sonderausstellung "230 Jahre Freimaurerei in Anhalt - 1783 bis 2013" eingeladen.
Von Helmut Rohm
Zerbst l Gesprächspartner für die etwa 15 Teilnehmer waren am Freitagabend mit Hans-Günther Fischer (Brandenburg), Uwe Dorand (Dessau), Guntram Seidler (Halle) und Karl-Heinz Bannasch (Spandau) vier Freimauererbrüder aus verschiedenen Logen. Mit am Podiumstisch hatte Albrecht Lindemann, Pfarrer der Evangelischen Landeskirche Anhalts, Platz genommen. Moderatorin war die Zerbster Museumsleiterin Agnes-Almuth Griesbach.
Gut eine Stunde nahmen sich die vier Logenmitglieder Zeit, um über die Freimaurerei an sich sehr allgemein, mal mehr oder weniger auch über historische Entwicklungen zu erzählen, teilweise auch sehr detailreich zu berichten, wie sie selbst die Mitgliedschaft in der jeweiligen Loge leben. In den Eigendarstellungen und bei der Beantwortung von Fragen der Gäste wurde deutlich gemacht, dass es sich bei den Freimaurern um keine Verschwörung und auch nicht um einen Geheimbund handelt, wie es oft vermutet wird. "Freimaurer sind völlig normale Menschen, die aus allen Berufsschichten kommen können, die sich hier gleichberechtigt kennenlernen und miteinander über alles reden können", gibt Uwe Dorand, Meister vom Stuhl der Dessauer Freimaurerloge "Zu den drei Säulen", eine Erläuterung.
Logen-Ämter sind Ämter auf Zeit
Auf die Frage nach Hierarchien in Beziehung zur formulierten gleichberechtigten Teilhabe am freimaurischen Leben erklärte der Alt- und Ehrenstuhlmeister der Brandenburger Johannisloge "Friedrich zur Tugend" Brandenburg, Hans-Günther Fischer, dass eine Freimauerloge eine geschlossene Gesellschaft ist, gleichermaßen aber ebenso ein Verein und eine Gesellschaft des öffentlichen Rechts. Da sei natürlich eine Vertretung nach innen und nach außen notwendig. So ist zum Beispiel das höchste Amt der Loge der "Meister vom Stuhl". Nach außen sei er der Vereinsvorsitzende. Das Ausüben der Ämter, das als "Dienen" und - mit speziellen praktizierten Ritualen ausgeführt - auch "Tempelarbeit" bezeichnet wird, ist auf Zeit festgelegt.
Auf die Frage nach den Zielen der Freimauerei gab es unterschiedliche, zum Teil plakativ anmutende Aussagen, wie "es wird diskutiert, nichts in Frage gestellt", es herrsche "ein brüderlicher Umgang miteinander", "sich verändern, um ein nützliches Mitglied der Gesellschaft" zu werden, "wir wollen uns selbst veredeln".
Auf der Grundlage des 1723 in England erarbeiteten Grundpatents (ein Art Grundstatut) haben alle Logen übereinstimmende Grundsätze, so soll es zum Beispiel keinen Streit über Religion und über Politik geben. Dazu gehöre unter anderem auch die konsequente Toleranz gegenüber dem jeweiligen herrschenden System. Woraus sich die nicht erschöpfend beantwortete Frage ergab, wie weit denn diese Toleranz reiche. Im Umgang mit dem durchaus gehändelten sozialen Engagement reichten die auch hier unterschiedlich praktizierten Auffassungen von "Freimauerer machen Spenden nicht publik" bis "Natürlich können wir als Loge oder Stiftung in die Öffentlichkeit gehen". Kontroverse Auffassungen wurden auch zur Mitgliedschaft von Frauen in Logen deutlich - Einbeziehen der Frauen in bestimmte Veranstaltungen, Mitgliedschaft in "normalen" Logen, eigene Frauenlogen hin bis zum kategorischen Nein. Das Argument zur letzten Haltung: Ein Mann könne ja schließlich auch nicht in den Frauengesprächskreis der evangelischen Kirche eintreten.
Insgesamt jedoch ist hervorzuheben, dass sich die an der Zerbster Ausstellung mitwirkende Weltkugelstiftung der Großen Nationalen Mutterloge "Zu den drei Weltkugeln" Berlin und die Dessauer Loge "Zu den drei Säulen" engagiert für eine breite öffentliche Information einsetzen.
Balanceakt: Friedrich II. als Monarch, Mensch, Freimaurer
Dem diente auch das zum Abschluss der insgesamt dreieinhalbstündigen Veranstaltung, während der auch die Ausstellung besucht wurde, von den beiden Freimaurerbrüdern Guntram Seidler (Autor und Darsteller des Königs Friedrich II.) und Hans-Günther Fischer geführte fiktive Interview mit dem preußischen Herrscher.
Da er auch aus Anlass seines 300. Geburtstages Anfang dieses Jahres in den Biografien und profanen Vorträgen so gut wie gar nicht als Pionier und Protektor der Freimaurerei gewürdigt wurde, entstand dieser als Interview gestaltete Vortrag. Es wird hierbei deutlich gemacht, welchen komplizierten Balanceakt Friedrich II. zwischen Monarch, Mensch und Freimaurer geleistet hat.
Die Ausstellung im Museum der Stadt Zerbst ist noch bis zum Sonntag, dem 27. Januar 2013, geöffnet. Im Begleitprogramm der Ausstellung hatte es am 17. November bereits eine erste öffentliche Führung gegeben. Etwa 30 Interessierte aus Zerbst, Köthen und Dessau ließen vom Archivar der Dessauer Loge "Zu den drei Säulen", Dr. Peter König, fachkundig in die Geheimnisse der Freimaurerei einführen.
Die nächste öffentliche Führung findet am 25. Dezember um 14 Uhr im Museum statt.