Wiederansiedlung Großtrappe kehrt in Zerbst zurück
Die Großtrappe galt seit 1997 im Zerbster Umland als ausgestorben. Nun soll sie mit einem Wiederansiedlungsprojekt zurückkommen.
Zerbst l Die Großtrappe ist Thema für die Stadtentwicklung. So wurde den Mitgliedern im Bau- und Stadtentwicklungsausschuss das Vorhaben „Wiederansiedlung der Großtrappe im Zerbster Land“ vorgestellt. In Steckby, dem Sitz der Staatlichen Vogelschutzwarte, war René Köhler vom Förderverein Großtrappenschutz zu Gast, um die Stadträte mit dem Vorhaben bekannt zu machen.
Im Dezember des vergangenen Jahres wurde die Machbarkeitsstudie zur Wiederansiedlung der Großtrappe im Umweltministerium präsentiert. Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne) unterstützt das Projekt. Mit 10 300 Euro fördert das Land bereits die Planung des Zaunes. Dieser Zaun soll im Zerbster Umland errichtet werden, im Naturschutzgebiet „Osterwesten“, das im Dreieck zwischen Schora, Buhlendorf und Strinum liegt. Da gibt es eine landeseigene Fläche. 14 Hektar sollen eingezäunt werden, so dass hier Großtrappen ungestört brüten und Jungtiere aufwachsen können.
So mancher wird sich vielleicht sogar noch an die Tiere erinnern, die um Zerbst früher anzutreffen waren. In den 70-er Jahren gab es schon einmal eine Wiederansiedlung, berichtete René Köhler. 1995 zählte man die letzten etwa fünf Exemplare. 1997 war die Art dann aber im Zerbster Umland ausgestorben. Nun soll sie zurückkehren, dahin wo die Region noch unverbaute Flugkorridore und Offenlandflächen zu bieten hat. Seit 1992 ist das Gebiet Zerbster Land erklärtes Schutzgebiet.
Als gutes Zeichen wertete René Köhler, dass gerade vor der Ausschusssitzung zwei Kilometer nördlich des Dorfes ein Vogel gesichtet wurde. Wohl ein Jungvogel auf Partnersuche. Immer mal wieder „verirren“ sich Vögel, die im Fiener Bruch oder den Belziger Landschaftswiesen ausgewildert wurden, hierher. Doch noch sind keine Artgenossen in der Nähe.
Der Plan „Wiederansiedelung“ sieht vor, Jungtiere im Gebiet Osterwesten auszusetzen. Etwa zehn Tiere in den ersten beiden Jahren, später mehr. Eine Teilpopulation von 40 Großtrappen soll sich etablieren, ist das erste Ziel. Außerdem will man die Großtrappen-Habitate von weniger als ein auf zehn Prozent erhöhen. Die eigentliche Wiederansiedlung ist für den Herbst 2021 geplant. Das Projekt ist auf zehn Jahre ausgelegt. Im Ergebnis wird von einer Erhöhung der Artenvielfalt im Vogelschutzgebiet ausgegangen.
Derweil laufen also die Vorbereitungen. Mit Landwirtschaftsbetrieben habe man sich inzwischen getroffen, so René Köhler. Es sei also nicht von einer einseitigen Geschichte auszugehen. Für Zerbst könnte die Wiederansiedlung durchaus positive Effekte mit sich bringen. Köhler spricht von überregionalem Interesse, das auf diesem weltweit zweiten Wiederansiedlungsprojekt liegt. Er warb für die Großtrappe als eine Art mit internationaler Strahlkraft. Positiv könnte sich das Projekt auch für den Tourismus in der Region auswirken und eine allgemeine Imageaufwertung mit sich bringen. Ein gemeinsames Ökotourismus-Konzept müsste erarbeitet werden.
Durchaus locken Großtrappen viele Interessenten an. Eine faszinierende Vogelart sind die Großtrappen, die oft zu Fuß unterwegs sind, aber auch gute und ausdauernde Flieger sind. Bei keiner anderen Vogelart ist der Größenunterschied zwischen Hahn und Henne so gewaltig.
Spektakulär ist die Balz. Sie stellt im Jahresrhythmus einen besonderen Höhepunkt dar. In Trupps erscheinen die Hennen am Balzplatz, wo sie auf die alten Hähne treffen, die sich eitel zur Schau stellen. Wie riesige Schneebälle plustern diese sich auf, verdrehen ihre Flügel, und der Schwanz wird auf den Rücken geklappt, so dass die schneeweißen Unterschwanzfedern sichtbar werden. Der Kopf wird nach hinten getreckt und der Kehlsack aufgeblasen.
Nach der Balz gehen Hennen und Hähne ihre eigenen Wege. Die Weibchen legen das Nest an. Sie scharren eine flache Mulde in den Boden. Nach etwa 21 Tagen schlüpfen die Küken und verlassen schon einen Tag später das Nest. Die Balz zu beobachten, wäre dann tatsächlich ein Highlight für Vogelkundler, Tier- und Naturfreunde. Ohne die Tiere zu stören, wäre eine Beobachtung von Aussichtstürmen möglich, doch das ist noch reine Zukunftsmusik.
„Wir möchten mit der Stadt Zerbst eine Projektpartnerschaft eingehen“, trug René Köhler sein Anliegen im Bauausschuss vor. Im Rahmen dieser soll es dann auch um ein Pflegekonzept für die kommunalen Feldwege gehen. Konzepte zur Besucherlenkung und zum Großtrappen-Tourismus wären dann die nächsten Vorhaben. Das funktioniert natürlich nur durch eine Zusammenarbeit mit den zuständigen kommunalen Behörden. Zumindest eine Absichtserklärung soll es nach Vorstellungen des Fördervereins Großtrappenschutz noch in diesem Jahr geben.
Der Zerbster Bürgermeister Andreas Dittmann riet dem Vortragenden, das Vorhaben so transparent wie möglich schon im Vorfeld in die Breite zu tragen, einen angedachten runden Tisch dem Stadtratsbeschluss voranzustellen. René Köhler versicherte, dass man bestrebt sei, alle mit ins Boot zu holen. Christiane Schmidt erkundigte sich nach der Unterstützung für die Landwirte, die das Land dann ja trappengerecht bewirtschaften sollen. Da seien zum Beispiel Ausgleichsfinanzierungen im Gespräch, ließ Köhler wissen.
Es ergab sich noch die Frage nach der alten Bahnlinie, die durch das Gebiet führt. Eine Wiederbelebung als Bahn sei durch den neuen Eigentümer nicht vorgesehen, so Andreas Dittmann. Helmut Seidler sieht Potential im Ausbau der alten Kanonenbahntrasse zum Radweg, der dann zum Trappengucken führen könnte.