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Trauer Kreuz vom Straßenrand gestohlen

Ein Kreuz sollte an der Unfallstelle an ihren Sohn erinnern. Doch es wurde entwendet. Elwira Heilig-Mengewein ist fassungslos.

Von Sebastian Siebert 13.05.2016, 06:00

Zerbst l Elwira Heilig-Mengewein trauert. Sie trauert um ihren Sohn, der im November des vergangenen Jahres zwischen Dobritz und Reuden bei einem Unfall verstarb.

Sie stellt an der Stelle ein Holzkreuz auf, das mit einem Bild von ihrem Sohn gleichzeitig eine Erinnerungsstätte wird, als auch andere Fahrer zur Vorsicht mahnen soll. Regelmäßig bringt sie Blumen zu der Stelle. Kürzlich macht sie eine Entdeckung, die sie sich an die Zeitung wenden lässt.

„Was mich sehr betroffen und traurig macht, ist die Tatsache, dass die Blumensträuße gestohlen werden.“ Dann fährt sie fort: „Nun hat man sogar das Holzkreuz gestohlen.“

Für die 80-Jährige aus Grimme ist das ein sehr schmerzlicher Verlust. An der Unfallstelle bricht sie immer wieder in Tränen aus, spricht nur mit zittriger Stimme.

Eigentlich, so erzählt sie, hatte sie sich immer vorgenommen, niemals etwas aufzustellen, sollte ihr einmal so ein Schicksalsschlag passieren. „Doch nach dem Unfall hatten Freunde und Bekannte dort Blumen hinterlegt. Also tat ich das auch“, erzählt sie weiter. So hat sie sich auch dafür entschieden, ein Holzkreuz fertigen zu lassen. Rund 30 Euro habe das gekostet, inklusive der Arbeitsstunden des Stellmachers. Der Materialwert des Kreuzes ist ungleich geringer. „Wer macht denn sowas?“, fragt die Mutter unter Tränen. Wer könne denn schon ein Holzkreuz gebrauchen, wozu wolle jemand so etwas haben, fügt sie an. Über den Verlust ihres einzigen Sohnes komme sie ohnehin nicht hinweg. Dass ihr noch die Erinnerungsstätte so entwendet wurde, vertieft ihren Schmerz nur noch mehr.

Sie erstattet bei der Polizei eine Anzeige gegen Unbekannt. Dass der Vorfall jemals aufgeklärt werde, so habe sie erfahren, sei wegen der Geringe des Wertes und auch weil das Kreuz öffentlich zugänglich war, sehr unwahrscheinlich. Sie tritt in die Öffentlichkeit, denn so ein Diebstahl „geht moralisch gar nicht“, wie sie in ihren Zeilen an die Redaktion verfasst. Und insgeheim hofft sie, dass das Kreuz seinen Weg zurück findet.

Tatsächlich ist das Aufstellen von Gedenkkreuzen an Unfallstellen rechtlich nicht unproblematisch.

Bereits 2015 hatte Peter Mennicke, Sprecher des Verkehrsministeriums, auf Anfrage der Deutschen Presseagentur verlauten lassen: „Gesetzliche Regelungen für dieses Phänomen existieren nicht.“ In Sachsen-Anhalt werden die Kreuze geduldet, so lange sie den Verkehr nicht gefährden. Sie dürfen unter anderem nicht in den Straßenbereich hineinragen. Feste Steine als auch Blinklichter seien nicht möglich.

Oliver Grafe, Regionalbereichsleiter der Landestraßenbaubehöde Ost in Dessau: „Die Thematik der Aufstellung von Kreuzen beschäftigt die Straßenbauverwaltung seit vielen Jahren. Die Errichtung erfolgt durch die Hinterbliebenen an der Unfallstelle in aller Regel ohne Hinterfragung oder Klärung der Rechtmäßigkeit dieses Handelns. Dabei wird durch die Hinterbliebenen nicht beachtet, dass ein besonderes Schutzbedürfnis der Straße als sicherer Verkehrsweg besteht.“ Bauliche Anlagen jedweder Art dürften nur in einem Mindestabstand von 20 Metern von der Straße gebaut werden, fügte er an.

Da Kreuze und Blumenstätten Autofahrer ablenken könnten, aber auch weil sich durch das Aufhalten von Personen an den Gedenkstätten Gefahren für sich und andere ergeben, dürfte die Straßenbauverwaltung diese auch nicht tolerieren und einen Rückbau veranlassen, erklärt er weiter.

„Aus Gründen der Pietät und bei Beachtung eines Sicherheitsabstandes zum Fahrbahnrand von mindestens 2,5 Meter sowie der Nichtgefährdung von Verkehrsteilnehmern, hierbei ist auch die Lage der Unfallstelle im Einzelfall zu beurteilen, kann die Straßenbauverwaltung die Aufstellung von Kreuzen über einen gewissen Zeitraum dulden“, schreibt Grafe weiter in der Stellungnahme.

Er fügt an: „Die vor Ort tätigen Straßenwärter der Straßenmeistereien sowie die Beschäftigten der Straßenbauverwaltung müssen im Rahmen ihrer täglichen Arbeit mit den Gefahren, die durch Verkehrssituationen entstehen, und den auftretenden Unfallereignissen sich ständig auseinandersetzen.“

Auch Todesfälle von Personal der Straßenbauverwaltung seien leider Realität bei der Ausübung der verantwortungsbewussten Arbeit im täglichen Straßenverkehr.

„Den Hinterbliebenen von Unfallopfern wird gerade mit diesem Hintergrund auch Trauer und Respekt gegenüber gebracht. Das Gedenken an die Unfallopfer und die Trauer der Hinterbliebenen sollten jedoch nicht im Straßenraum stattfinden, da ein großes Gefährdungspotential vorhanden bleibt“, sagt er weiter.

Hat also die Straßenverwaltung eventuell das Kreuz entfernt? „Hierzu teilt Ihnen der Regionalbereich Ost mit, dass die Wegnahme des Kreuzes nicht durch die Straßenbauverwaltung erfolgte“, so die Stellungnahme.

Wer das Kreuz also entfernt hat, bleibt offen. Elwira Heilig-Mengewein wird kein neues aufstellen lassen. „Ich bringe auch keine Blumen mehr her“, sagt sie. Zu groß ist das Unverständnis über die Blumendiebstähle und letztlich des Kreuzes. Was bleibt, ist Leere.