Gaststätte "Zum Dorfkrug" in Nutha feiert 20-jähriges Bestehen mit einem Sommerfest Mit der D-Mark startet Familie Leue in die Selbständigkeit
Der 1. Juli 1990 ist ein Sonntag. Während die Währungsunion den ehemaligen DDR-Bürgern die D-Mark bringt, eröffnet Familie Leue in Nutha die Gaststätte "Zum Dorfkrug". 20 Jahre ist es inzwischen her, dass sich Hannerose Leue mit ihrem Mann für die Selbständigkeit entschied – ein Schritt, den sie bis heute nicht bereut.
Nutha. "Wir haben gleich angefangen, richtiges Geld zu kassieren", spielt Hannerose Leue schmunzelnd auf die Währungsunion am 1. Juli 1990 an. Den Sonntag vor 20 Jahren hatten sie sich für die Eröffnung des "Dorfkrugs" ausgewählt. "Wir wollten die Gastronomie im Osten in Schwung bringen", erklärt die heute 60-Jährige gut gelaunt. Die Idee, in die Gastwirtschaft zu gehen, hatten die Leues schon früher. Nach der Wende und dem wirtschaftlichen Umbruch in der ehemaligen DDR setzen sie die Beiden um.
Das passende Objekt fanden sie in Nutha. "Nach Verhandlungen mit der Konsumgenossenschaft Zerbst habe ich für 50 DDR-Mark am 8. Mai 1990 beim Rat des Kreises eine Gewerbeerlaubnis beantragt sowie einen Mietvertrag mit der Gemeinde Nutha", erinnert sich Hannerose Leue. Wenig später, am 25. Juni, folgte mit der Inventur die Geschäftsübernahme. Nun mussten Waren eingekauft werden. Während es Preise und Lieferscheine noch in DDR-Mark gab, kamen die Rechnungen dann umgerechnet in D-Mark, schildert die 60-Jährige die kuriose Situation.
Zugleich bescherte ihnen die Währungsunion am Eröffnungstag nur wenige Gäste. "Die meisten Leute hatten keinen Pfennig Bargeld, da sie erst am Montag von der Bank die begehrte D-Mark holen konnten", blickt Hannerose Leue zurück. Doch einige schauten vorbei und warfen einen Blick in die Speisekarte.
"Die Soljanka ist immer noch gefragt", sieht sie auf das mit Schreibmaschine getippte Blatt Papier. Auch Pommes Frites standen damals drauf. "Das war der Renner", verrät die 60-Jährige, wie sie sich bei einem Besuch in Westdeutschland eine Haushaltsfriteuse gekauft hat. Heute sind ihre Rinderrouladen besonders begehrt, vielleicht, weil sie mit Liebe zubereitet sind. "Ich hatte schon immer Spaß am Kochen." Lächelnd erzählt die gelernte Industriekauffrau, wie sie Rezepte ausprobierte und an der Abendschule eine Ausbildung zur Köchin absolvierte.
Ihr Mann Klaus arbeitete erst in der Landwirtschaft und später als Kraftfahrer, bis er nach einigen Jahren voll mit in die Gastwirtschaft eingestiegen ist. Tatkräftig mit angepackt hat er schon vorher. "Mein Mann und ich ergänzen uns prima", betont Hannerose Leue. "Auf meine Familie kann ich mich verlassen", bezieht sie ausdrücklich ihre zwei Kinder mit ein. Mit der familiären Unterstützung konnte sich der "Dorfkrug" zu einem attraktiven Landgasthof mit mehreren Standbeinen entwickeln.
Nachdem Leues 1992 das Grundstück im Kleinen Winkel erwerben konnten, begannen sie zu renovieren und umzubauen. Sie schufen moderne Toilettenanlagen und richteten vier Gästezimmer ein. Damit war die Pension geboren, die im Herbst des gleichen Jahres ein prominentes Paar beherbergte: den Hamburger Kaffee-König Albert Darboven und seine Frau Edda, Prinzessin von Anhalt. Heute zählen Radtouristen, Kurzurlauber, Außendienstmitarbeiter und Monteure zu den Übernachtungsgästen.
Zusammen mit einem Nachbarn pflasterte Klaus Leue 1995 den Innenhof, so dass zum fünfjährigen Bestehen im neu gestalteten Biergarten gefeiert werden konnte. 1998 schloss sich die Einweihung der Kegelbahn an. Inzwischen rundet ein Partyservice das Angebot des "Dorfkrugs" ab, der aus DDR-Zeiten den "Altherrenstammtisch" übernommen hat. "Der findet noch immer mittwochs statt", erzählt Hannerose Leue.
Treu sind auch die Skatspieler, die bei ihnen monatlich einen Preisskat veranstalten. Und jeden ersten Dienstag im Monat kommen die Nuthaer Rentner zum Kegeln. Tradition hat ebenfalls die Weihnachtsfeier der Senioren aus den beiden Gemeinden Nutha und Hohenlepte, die stets im Saal durchgeführt wird. Dort trat schon das hiesige Kabarett "Witzlos" auf, unterhielt Travestie-Künstler Annemarie Finkel und entführte Weltenradler Thomas Meixner seine Zuhörer auf fremde Kontinente.
Am kommenden Sonnabend lädt Familie Leue ein, bei einem Sommerfest mit ihnen zusammen das 20-jähriges Bestehen des "Dorfkrugs" zu feiern. Ab 14 Uhr erwarten die Gäste musikalische Unterhaltung mit dem Walternienburger Volkschor, ein Preiskegeln und andere Überraschungen.