1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Zerbst
  6. >
  7. Peter Ibe ist Ersatzvater für drei verwaiste Biberjungen

Biosphärenreservat Mittelelbe leistet Amtshilfe für brandenburgische Kollegen Peter Ibe ist Ersatzvater für drei verwaiste Biberjungen

Von Daniela Apel 19.07.2010, 08:08

Das Oderhochwasser hat drei Biberjunge von ihren Eltern getrennt. Nun zieht Peter Ibe die verwaisten Nager bei sich daheim in Steckby groß. Und die pelzigen Findelkinder mit den Mini-Kellen halten den Mitarbeiter des Biosphärenreservats gehörig auf Trab.

Steckby. Aufgeweckt wuseln Knorkelohr, Moppel und Kleini durch das Gatter, in das sie Peter Ibe nach dem täglichen Wiegen setzt. Immer wieder versuchen die putzigen Nager, über die niedrige Bretterwand zu klettern. Ihr fürsorglicher "Ersatzvater" ist stets auf dem Sprung zu verhindern, dass seine Findelkinder ausbüxen. "Ausbrechen können sie wunderbar", bemerkt der leidenschaftliche Naturschützer.

Die Biberjungen kommen nun in ein Alter, in dem sie auf Erkundungstour gehen. Nichts ist derzeit vor ihrem Entdeckergeist sicher. Erst recht nicht im Haus des Steckbyers, wo sie die meiste Zeit verbringen. "Kabel sind sehr beliebt und alles, was man wegschleppen kann", sagt Peter Ibe. Lächelnd beobachtet er seine Schützlinge, die ihm völlig neue Erfahrungen bescheren. Zwar widmet er sich nun seit 37 Jahren dem Schutz des Elbebibers, "aber eine Flaschenaufzucht hatte ich noch nicht".

Etwa eine Woche alt sind die Biber gewesen, als sie im Mai durch das Oderhochwasser von ihren Eltern getrennt wurden. Glücklicherweise fanden aufmerksame Tierfreunde die verwaisten Nager auf einer überschwemmten Wiese bei Frankfurt. Ohne menschliche Hilfe wären sie sonst umgekommen.

"Biber können zwar von Anfang an schwimmen, aber sie sind so leicht, dass sie nicht tauchen können", erläutert Peter Ibe. Von allein gelangen die Kleinen nicht wieder in den unter Wasser liegenden Eingang der Biberburg, die sie in den ersten Wochen eigentlich nicht verlassen. Bis sie richtig selbständig sind, vergeht ein gutes Jahr. Erst dann sind ihre zeitlebens vorhandenen Schneidezähne ausgehärtet, so dass sie damit selbst Bäume fällen können.

Die Retter brachten das elternlose Trio zur Naturschutzstation Zippelsförde, wo der pelzige Nachwuchs zunächst einige Tage aufgepäppelt wurde. Dann baten die brandenburgischen Kollegen die Referenzstelle für Biberschutz des Landes Sachsen-Anhalt, die bei der Biosphärenreservatsverwaltung Mittelelbe angesiedelt ist, um Amtshilfe.

Seither sorgt Peter Ibe für die Rund-um-Betreuung von Kleini, Moppel und Knorkelohr, wie er die drei aufgrund ihrer hervorragenden Merkmale genannt hat. Viermal täglich – jeweils um 7, 12, 18 und 23 Uhr – füttert er die Biberbabys. Eine Mischung aus Milch und Schlagsahne, die dem fetthaltigen Original sehr nahe kommt, befindet sich in der Flasche, an der Moppel gerade genüsslich saugt. Als Nachschlag gibt es eine energiereiche Ergänzungsnahrung.

Äpfel und Zwieback lassen sich die possierlichen Nager genauso schmecken wie saftige Wassermelonen, die üblicherweise nicht auf dem Biber-Speiseplan stehen. "Das habe ich einfach mal ausprobiert", erklärt Peter Ibe, dass seine Schützlinge viel Feuchtigkeit brauchen. Als nächstes will er sie von der Flasche entwöhnen und an Haferflocken mit Milch heranführen. Von saftigen Blättern haben seine Findelkinder ebenfalls schon genascht. "Sie gewöhnen sich langsam an Grünes", berichtet der Biber-Experte. Er erläutert, dass die Umstellung kritisch ist, weil sich die Darmflora anpassen muss.

Bis jetzt jedenfalls haben sie Knorkelohr, Moppel und auch der Zierlichste des Trios, Kleini, prächtig entwickelt. Um die 2000 Gramm wiegen sie mittlerweile, nehmen jeden Tag zwischen 40 und stolzen 110 Gramm zu. Das einzige, was ihnen zu schaffen machte, war die Hitze. Ein erfrischender Abstecher in die Badewanne versprach da kurzfristig Abkühlung und weckte einmal mehr die Neugier der jungen Biber. "Sie wissen genau, wie man den Stöpsel herauszieht", erzählt der Steckbyer. Bei der Blechwanne draußen in seinem Garten funktioniert das nicht, in das er sie nun nacheinander taucht. "Nun seht ihr aus wie nasse Ratten", bemerkt er schmunzelnd und schnappt sich Knorkelohr: "Jetzt kommt die Rubbelmaschine." Immerhin sollen sie keine Lungenentzündung kriegen.

Rührig kümmert sich Peter Ibe um die drolligen Gesellen, deren Vorfahren einst hier im Biosphärenreservat ihre Burg hatten. "In den 80er Jahren haben wir Elbebiber an die Oder gebracht. Nun haben wir drei zurückbekommen", blickt der Naturschützer auf die Mini-Exemplare von Castor fiber albicus. So lautet der lateinische Name des Elbebibers, der einst fast ausgestorben war. Heute ist der Bestand wieder auf gut 8000 Tiere angewachsen. Davon leben ungefähr 2500 in Sachsen-Anhalt. Die Anzahl sei seit Jahren konstant, betont Peter Ibe. Auch ihre Ausbreitung halte sich in Grenzen. Von 1200 Revieren seien nur 800 besetzt.

Moppel, Kleini und Knorkelohr werden später allerdings nicht ausgewildert. Dazu hätten sie sich zu sehr an den Menschen gewöhnt, bedauert Peter Ibe. Auf sie wartet eine Freianlage. Allerdings nicht die an der Kapenmühle, in der er arbeitet. Da hätten die jetzigen Bewohner, die sich übrigens kürzlich ebenfalls über dreifachen Nachwuchs freuen konnten, was dagegen. So wird sich Ziehvater Ibe irgendwann von seinen Schützlingen trennen müssen. Wie lange genau er sie noch behalten wird, kann der Biberexperte nicht sagen. "Sicher nicht lange genug", antwortet er.