Schweinepest Abschussprämie für Wildschweine?
Die Angst vor der Afrikanischen Schweinepest ist auch in Zerbst groß. Daher fordern die Freien Wähler die Abschussprämiere.
Zerbst/Köthen l „Es muss endlich reagiert werden“, betont Mario Rudolf. Der Ortsbürgermeister von Bornum gehört der Fraktion der Freien Wähler im Kreistag von Anhalt-Bitterfeld an, die dringenden Handlungsbedarf sieht, um die weitere Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Deutschland einzudämmen. Bislang ist die Tierseuche nur in Brandenburg aufgetreten – bis 3. Oktober wurden 49 Fälle bestätigt.
Die Angst, dass der Virus um sich greift, ist groß. Zwar ist die Infektionskrankheit für Menschen ungefährlich, die wirtschaftlichen Folgen vor allem für die Landwirtschaft sind allerdings enorm. Denn sobald ein nachweislich an ASP verendetes Wildschwein entdeckt wird, werden rund um den Fundort Restriktionszonen eingerichtet, in denen strenge Auflagen gelten – unter anderem dürfen Äcker nicht bewirtschaftet werden und Schweinehalter ihre Tiere nicht verkaufen.
Um die Wildschweinpopulation im Landkreis zu reduzieren, sind die Freien Wähler für die Einführung einer Prämie zum Abschuss der Schwarzkittel in Höhe von 30 Euro pro erlegtes Tier und zwar rückwirkend zum 1. September 2020. Diesen Vorschlag unterbreitete Mario Rudolf im Namen seiner Fraktion auf der letzten Kreistagssitzung. Zumal andere Kreise wie das Jerichower Land, Wittenberg oder der Saalekreis solche Beschlüsse bereits gefasst hätten.
Als weiteren Anreiz für die Jägerschaft fordern die Freien Wähler die Übernahme der Kosten für die Trichinenschau zum gleichen Stichtag. Inzwischen hat Landrat Uwe Schulze (CDU) gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung erklärt, dass der Kreis ab 2021 diese Tests zu je zwölf Euro übernehmen wird. 60.000 Euro sollen dafür im Haushalt eingestellt werden. „Das ist ein schönes Signal, aber zu spät“, sagt Mario Rudolf. Es bleibe beim bisherigen Datum, die Kosten den Jägern bereits ab 1. September 2020 zu erlassen.
Diese Forderung findet sich zusammen mit der Einführung einer Abschussprämie in dem Antrag der Freien Wähler wider, mit dem sich heute als erstes Gremium der Kreis- und Finanzausschuss beschäftigen wird, bevor am 13. Oktober der Landwirtschafts- und Umweltausschuss folgt. Am 29. Oktober soll schließlich der Kreistag darüber abstimmen.
Bei der AfD treffen die Freien Wähler mit ihrem Antrag auf offene Ohren. Wie Fraktionsvorsitzender Daniel Roi erklärt, habe seine Fraktion bereits zur Kreistagssitzung am 5. März, als der Haushalt für 2020 verabschiedet wurde, über einen Änderungsantrag gefordert, 30.000 Euro einzustellen, um die Trichinenuntersuchung zu übernehmen. „Dies war sogar mit einem Deckungsvorschlag untermauert. Hierfür erhielten wir keine Mehrheit“, blickt Daniel Roi zurück. Auch nicht unter den Freien Wähler. Der Landrat habe sich ebenfalls dagegen gesperrt. „Offenbar brauchte es erst einen Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in Deutschland, damit manche aufwachen“, sagt er. „Wir schließen uns dem Antrag der Freien Wähler an und freuen uns, dass man unsere Forderung übernommen hat.“
Hinter der Abschussprämie steht die AfD ebenfalls, wie Roi erklärt, der auch dem Landtag von Sachsen-Anhalt angehört, wo die AfD eine solche Prämie bereits gefordert habe. Dies sei von Umwelt- und Landwirtschaftsministerin Claudia Dalbert (Bündnis 90/Grüne) abgelehnt worden. „Wir werden das im Kreistag unterstützen, jedoch sehen wir hier auch das Land in der Pflicht“, sagt Roi.
„Der Abschussprämie stehen wir eher verhalten gegenüber. Sehen aber gerade im Vergleich zu anderen Landkreisen auch eine Verantwortung gegenüber unserer Jägerschaft“, sagt Marcel Urban, Vorsitzender der CDU/FDP-Fraktion im Kreistag. Man sollte aber prüfen, ob die Abschussprämie ganzjährig gezahlt werden müsse. „Hier müssen wir uns noch von der Fachjägerschaft beraten lassen“, ergänzt er.
Mit dem Vorschlag der Freien Wähler zur Übernahme der Kosten für die Trichinenschau ab 1. September 2020 hingegen können CDU und FDP mitgehen. Allerdings sollte der Kreis gegenüber dem Land als obere Jagdbehörde die Erstattungsansprüche durch das Land beziehungsweise gegenüber dem Bund prüfen. „Der Bund hat den Krisenstab für Tierseuchen aktiviert, folglich könnten sich Ansprüche auf Erstattung nach dem Tierseuchengesetz oder nach Schweinepestverordnung ergeben“, argumentiert Urban.
Während die Kreistagsfraktion der Linken auf die Volksstimme-Anfrage nicht reagierte, wird sich die Fraktion SPD-Grüne erst noch mit dem Antrag der Freien Wähler befassen, wie Vorsitzender Andreas Dittmann (SPD) mitteilt. Allerdings könnte jener zur Kreistagssitzung bereits überflüssig sein, informiert er über einen Antrag der Regierungskoalition CDU/SPD/Grüne, der unter anderem die Abschaffung der Gebühr für die Trichinenschau und eine Abschussprämie beinhaltet. Dies würde zu einer landeseinheitlichen Regelung führen, „was ich grundsätzlich begrüße“, so der Zerbster Bürgermeister Dittmann.
Landtagsmitglied Dietmar Krause (CDU) bestätigte das Einbringen eines solchen Antrages zur Unterstützung der Jägerschaft in der nächsten Parlamentssitzung kommende Woche.