Eröffnung der 60. Zerbster Kulturfesttage Tradition aus der DDR ist heute ein Plädoyer für kulturelle Vielfalt
Wiederholt drohte den Zerbster Kulturfesttagen das Aus.
Die Tradition aber überlebte und sorgt bis 16. März 2025
nun erneut für breitgefächerte Angebote.

Zerbst - Wenn „Zwei im Gartenhäuschen“ auf Ratte Remmer treffen und professionelle Künstler auf Nachwuchstalente, dann sind Kulturfesttage in Zerbst. Die 60. Auflage findet in diesem Jahr statt und verspricht einmal mehr ein vielfältiges Angebot für alle Generationen.
Mit Ausstellungen, Konzerten, Vorträgen, Filmen und einigem mehr warten die vier Veranstaltungswochen auf, die am Sonnabend offiziell durch Bürgermeister Andreas Dittmann eröffnet wurden.
In der voll besetzten Aula des Francisceums nutzte er seine Festrede anlässlich des Jubiläums für einen Blick auf die Geschichte der Kulturfesttage, die 1966 ins Leben gerufen wurden. Er erinnerte an Gerhard Schuboth, der als Initiator betrachtet werden kann, und an Günther Mohs, der als ehrenamtlicher Kurator der Kunstausstellungen agierte, die noch immer wesentlicher Bestandteil der Kulturfesttage sind.
Künstler aus Jever und Nürtingen stellen in Zerbst aus
Dass es diese bis heute gibt, ist nicht selbstverständlich, wie Dittmann schilderte. Nach der Wende 1989 drohte das Aus, 1994 erneut. Doch die Tradition überlebte, weil sie eben nicht politisch verordnet war, sondern „eine Initiative von Künstlern für Künstler und einem breiten Publikum“, so Dittmann: „Wir brauchen die Kultur als generationsübergreifende Idee und sollten es als Glücksfall betrachten, wenn sich Freizeit- und Hobbykünstler trauen, sich neben anerkannten Künstlern zu präsentieren.“
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Dieser kreative Kontrast zeichnet die Ausstellungen im Museum aus, die seit 1991 durch Werke des Künstlerforums Jever – nun LOK-Kulturzentrum Jever – bereichert werden. Seit 1993 ist mit dem Kunstverein Nürtingen eine weitere Zerbster Partnerstadt bei den Kulturfesttagen vertreten, die 1994 um die „Junge Kunst in Anhalt“ ergänzt wurde.

Neben den Ausstellungen, die sich als konstanter Part durch die vier Kulturwochen ziehen, bietet das Programm der 60. Ausgabe ein breitgefächertes Veranstaltungsangebot – vom Genre wie den Themen her. Es wird eingeladen zu Reisen ins unzerstörte Zerbst und zu Begegnungen mit geflüchteten Frauen, ein singender Rosenheim-Cop ist zu erleben und erstmals die neue Theatergruppe des Francisceums.
Duo begeistert mit Songs von Sting und Bruce Springsteen
Und jede Menge Musik wird bis zum 16. März serviert, vom Chorkonzert bis zum Bandabend. Zur Eröffnung begeisterten Elena Bianchi und Jan P. Pajak als „Zwei im Gartenhäuschen“ das Publikum mit ihrer ganz eigenen Interpretation deutscher, englischer und italienischer Titel. Mit Akustik-Gitarren und ihren ausdrucksstarken Stimmen verliehen sie Songs von Sting, Gianna Nannini, Karat oder auch Bruce Springsteen ihre persönliche Note und das kam bei den Zuhörern an.

Gisela Kalow ließ sich ebenfalls von dem Duo mitreißen. Die Illustratorin, Autorin und Grafikerin, die sich inzwischen in erster Linie als Kulturvermittlerin sieht, stand tags zuvor im Mittelpunkt. Denn sie gestaltet die Personalausstellung der 60. Kulturfesttage.
Die Vernissage lockte am Freitagabend viele Interessierte in das Museum am Weinberg, wo sie auf „Ratte Remmer und das Fräulein Maria von Jever“ trafen und damit auf die von Gisela Kalow kreierte wissbegierige Ratte und weitere Schlosstiere. Zugleich spiegeln die Exponate ihre Arbeit mit Kindern wider. Diese durften bei der Ausstellungseröffnung nicht fehlen. Junge Talente der Zerbster Musikschule „Fasch“ brachten Stücke auf Flöte und Trompete zu Gehör, während Jan Edo Albers die Laudatio hielt.
Der Bürgermeister von Jever war erstmals zu Gast zum Start der Kulturfesttage, und das nicht nur wegen des runden Jubiläums. Seit nunmehr 35 Jahren besteht zwischen Zerbst und Jever eine Städtepartnerschaft, die von den Menschen gelebt wird, wie er betonte. Durch die gebürtige Jeveranerin Gisela Kalow, die zu Workshops mit Schülern nach Zerbst zurückkehren will, ist eine weitere Verbindung entstanden.