Gerichtsprozess Zerbster in Wut: Erst Messer-Attacke, dann ins Ohr gebissen
Soll ein Zerbster 15 Monate ins Gefängnis, weil er einen Mann erst mit dem Messer attackiert und dann ins Ohr gebissen hat? Diese Frage beschäftigt das Landgericht Dessau.

Dessau/Zerbst - Maximilian Schindler hätte gern ein paar Belege in der Hand. Ganz allein auf die Behauptungen des Angeklagten möchte sich der Staatsanwalt nicht verlassen. Zum Prozessstart am Montagvormittag erhielt er nun von dem Zerbster die Zusage, dass er die Unterlagen am 16. August vor sich haben werde. Dann will die 7. Strafkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau ein Urteil gegen den 29-Jährigen fällen.
Vorab lässt sich sagen, dass der Vertreter der Anklagebehörde nicht abgeneigt scheint, dem von Manuela Schmelzer verteidigten Mann, der inzwischen im niedersächsischen Apen zu Hause ist, eine Bewährungschance einzuräumen. Er wolle sich diesem Weg „nicht grundsätzlich verschließen“, sagte Schindler in dem Berufungsverfahren, in dem sich die Kammer unter dem Vorsitz von Siegrun Baumgarten mit gleich zwei Entscheidungen des Amtsgerichtes Zerbst zu befassen hat.
Angeklagter attackiert völlig fremden Mann
Ein Jahr und drei Monate Gefängnis erhielt der Angeklagte wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Körperverletzung und Bedrohung. Zu Grunde lag eine Tat vom 4. Januar 2022. Sich auf dem Weg zur Zerbster Kaufland-Filiale befindend, hatte er damals auf dem Dornburger Platz unvermittelt einen Mann angegriffen, der ihm bis dato unbekannt war.
Zum Glück blieb der Einsatz eines Messers mit einer fast 19 Zentimeter langen Klinge folgenlos, doch durch einen Biss ins Ohr und das Ziehen an einem Piercing in der Nase trug das Opfer blutende Wunden davon.

Zusätzliche fünf Monate Gefängnis wurden gegen den Mann kurz darauf wegen Widerstands gegen und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte verhängt. Auf der Suche nach seiner damaligen Freundin, die mit dem gemeinsamen Kind verschwunden war, hatte er am 18. Juli vorigen Jahres in stark alkoholisiertem Zustand mehrere Polizisten, die ihn auf der Bundesstraße 184 antrafen, insbesondere mit Tritten attackiert.
Einer der Beamten trug Abschürfungen am Ellenbogen und dem linken Knie davon. Die nach der Festnahme durchgeführte Blutentnahme ergab einen Wert von 2,29 Promille. Durch die Beschränkung der Berufung auf das Strafmaß stehen die beiden Sachverhalte fest. Zeugen musste die Kammer nicht mehr hören.
Nicht immer gehen Streitigkeiten mit Messerattacken so glimpflich aus, sondern enden tödlich.
Entzugstherapie soll auf den rechten Weg helfen
In dem aktuellen Fall kommt es darauf an, wie stark der 29-Jährige belegen kann, auch mit seinem Wegzug aus Zerbst - „Ich habe einen Cut gemacht.“ - eine Wende zum Besseren eingeleitet zu haben. Immerhin führte er aus, mit einer neuen Lebensgefährtin, die zwei Kinder mit in die Beziehung brachte, verlobt zu sein. Diese Familie wolle er auf keinen Fall verlieren. Deswegen verfolge er das Ziel, seinen übermäßigen Alkoholgenuss, der ein „ewiges Leidensthema“ sei, in den Griff zu bekommen.
Vorgesehen sei eine Langzeittherapie, um die er sich „seit mehreren Wochen“ kümmere. Zwei, drei Kliniken seien schon näher ins Auge gefasst worden. „Ich habe Schritte eingeleitet, um alte Lasten los zu werden“, so der Angeklagte.
Die Vorsitzende Richterin hielt es für ratsam, dass er am 16. August 2023 auch Nachweise mitbringt, dass er an Suchtpräventionen teilnahm und sich um einen Arbeitsplatz kümmerte.