Stadtgeschichte Zerbster Wasserjette steht nicht mehr kopflos auf der Alten Brücke
Henriette Schulze hat ihren Kopf zurück. Nicht nur das, denn aus der steinernen wurde dank vieler Spender eine bronzene Wasserjette. Seit Donnerstagnachmittag hat das Zerbster Original von ihrem Brunnen aus wieder ihre Alte Brücke im Blick.
Zerbst - Etwas erstaunt blickt sie schon, die Henriette. Mit großen Augen und offenem Mund schaut sie von ihrem Brunnen auf der Alten Brücke herab – wieder, denn die Brunnenfigur war mehr als ein Jahr kopflos – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Unbekannte hatten dem steinernen Abbild von Henriette Schulze, eben jener Wasserjette, die Anfang des 19. Jahrhunderts mit ihrem Handkarren die Zerbster mit Wasser versorgte, Anfang Mai 2020 mutwillig den Kopf abgetrennt. „Das fällt unter bekloppt“, fand Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD) damals drastische Worte für die Tat.
Wasserjette begrüßt ihre Gäste höchstpersönlich
Nun ist Wasserjette wieder zurück und schöner als je zuvor. Denn aus der steinernen wurde eine bronzene Brunnenfigur. Ihre Enthüllung wollte Henriette um nichts auf der Welt verpassen und war persönlich auf der Brücke erschienen. Rote Schürze, rotes Kopftuch und den Bollerwagen samt Wasserfass im Schlepptau, so bahnte sich die resolute Jette alias Anika Johannes ihren Weg durch die Menschentraube und entdeckt sogleich ihre Vorgängerin, die Wasserjette im Ruhestand Heidi Kontzog.
„Vorstellen muss ich mich ja eijentlich nicht. Sie kenn mich doch. Ich bin Henriette Schulze. Awwer alle saren nur Wasserjette zu mich“, begrüßt das Original in typisch Zerbster Mundart die Gäste. Alles andere wäre eben auch nicht Wasserjette. „Wenn se meinen Vater noch kennen, denn wissen se det der Korchenschließer war, hinten anne Bartholomäi. Ich hawwe keenen Mann, also muss ich for mich selber sorjen und jehe eben Wasser fahrn und krieje jerade ma drei Jroschen for son Fass“, klagt sie sich ihr Leid. Und warum hier alle so rumstehen, will sie wissen. Jettes Neugier wurde dann sogleich gestillt.
Viele Helfer und Sponsoren haben das Projekt unterstützt
„Als Steinmetz Christian Keck von der geköpften Wasserjette berichtete, haben wir beschlossen, uns der Sache anzunehmen und die Brunnenfigur wieder in altem Glanz erstrahlen zu lassen“, erklärte Christian Schreck, derzeit amtierender Präsident des Zerbster Rotary-Clubs anschließend.
Dank vieler Helfer und vor allem Spender, sowohl Privatleute als auch Firmen, sei es gelungen, das Zerbster Original neu zu erschaffen – in Bronze. „Modelliert hat den Kopf der russische Künstler Sergej Musat, zu dem Tatjana Nindel, Vorsitzende des Katharina-Vereins, den Kontakt hergestellt hatte. Gegossen wurde die Figur in der renommierten die Kunst- und Glockengießerei Lauchhammer“, so Schreck.
Aber auch die Außenanlagen rund um den Brunnen sowie der Brunnen selbst seien gereinigt und teils erneuert wurden, „wie beispielsweise auch die kleine Erinnerungstafel mit Informationen zur Wasserjette, die vor dem Brunnen zu finden ist“, betonte Schreck und dankte allen, die zum Gelingen des Projektes beigetragen haben.
Stellvertretende Bürgermeisterin würdigt das Engagement der Zerbster
„Die Stadt Zerbst freut sich sehr über die Initiative des Rotary-Clubs und aller Zerbster Bürger, die Wasserjette an ihren angestammten Platz zurückkehren zu lassen, und das wieder komplett mit Kopf“, betonte die stellvertretende Bürgermeisterin Evelyn Johannes, die den Rathauschef, der aus Termingründen verhindert war, vertrat. Am schlimmsten finde sie, dass die vielen Bemühungen der Bürger, ihre Stadt zu gestalten, von anderen „die nicht ganz gesund im Kopf sind“, zerstört werden.
„Ich freu mich, dass neben der amtierenden auch die Wasserjette im Ruhestand Heidi Kontzog heute hier ist, die beide bei Veranstaltungen in die historische Rolle der Jette schlüpfen oder schlüpften. Das ist Heimat- und Brauchtumspflege. Das ist ein Teil der Geschichte unserer Stadt“, betonte Johannes, bevor die neue Brunnenfigur enthüllt wurde.
Auch Heidi Kontzog zeigt sich entzückt über die bronzene Jette und gleichzeitig entsetzt über so viel Zerstörungswut. „Hirnrissig und hundsgemein, was anderes fällt mir dazu nicht ein“, sagt Heidi Kontzog.