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ÖPNV-Subunternehmen geben Beförderungsverträge auf und entlassen Mitarbeiter Zu wenig Geld fürs Busfahren

Von Thomas Drechsel 08.07.2011, 04:32

Das Busunternehmen Fritz Ehle wird ab dem neuen Schuljahr keine Leistungen aus dem Fahrplanangebot des öffentlichen Personennahverkehrs mehr erbringen. "Es rentiert sich in keinster Weise mehr", so Ehle. Auch das Zerbster Fahr-Unternehmen Lachmann zieht sich aus dem Linien- und dem Rufbusverkehr zurück.

Zerbst/Salzfurtkapelle. "Der Rufbus ist vom Prinzip her eine gute Sache. Würde ich gern weiter fahren. Aber nicht zu diesen Konditionen. Das treibt mich in den Ruin." Sven Lachmann, Inhaber des gleichnamigen Zerbster Taxi- und Beförderungsunternehmens, hat "selbst schon in Zerbst die Leute erzählen hören, ich wäre pleite. Stimmt zwar nicht, aber es ist eng." Manch Gehalt stehe aus, und 15 der ehedem 28 Mitarbeiter habe er schon kündigen müssen. "Im April habe ich die Linienverträge und die Rufbusverträge gekündigt. Am Freitag (heute - d. Autor) fahren wir zum letzten Mal Schüler. Rufbus fahren wir dann noch bis zur Fahrplanumstellung am Ferienende."

Weniger Einwohner, höhere Betriebskosten

Die Aussichten auf auskömmliche Einnahmen sind auch beim Deetzer Busunternehmer Fritz Ehle ganz schlecht. Die Kündigungen für sieben seiner acht Mitarbeiter sind raus - je nach Frist zu heute und zum Monatsende Juli wirksam. "Alle haben immer treu zum Unternehmen gehalten, keiner ist weniger als zehn Jahre bei mir." Auch Ehle ist Sub-Unternehmer im ÖPNV-Liniennetzbündel Zerbst. Die Konzession hierfür hat die Bietergemeinschaft der Nahverkehrsunternehmen Vetter (Salzfurtkapelle) und Ruthe (Zerbst) 2009 im Rahmen einer Ausschreibung erhalten. Die Effizienz des straßengebundenen öffentlichen Nahverkehrs zu erhöhen, zugleich wieder mehr Fahrgäste fürs Busfahren zu begeistern - das sind wesentliche Vorgaben aus der Konzessionsvergabe.

Die Leistungsvergütung sei unmittelbar aus dem zur Verfügung stehenden Finanzvolumen abgeleitet. Damit begegnet Geschäftsführer Thomas Vetter dem Vorwurf, die Sub-Unternehmer zu niedrig zu bezahlen. "Wir behalten keinerlei Mittel ein, im Gegenteil. Wir müssen den Einsatz der Mittel knallhart nachweisen, es sind Mittel der öffentlichen Hand", so der Unternehmer. Angesichts sinkender Einwohnerzahl und somit Beförderungsfälle und zugleich steigender Betriebs- und Energiekosten sei kein Spielraum vorhanden. "Wir versuchen, die Besetzt-Kilometer ausgeglichen unter allen Beteiligten zu verteilen." Man habe mehrfach mit Herrn Ehle beraten. Letztlich kam eine Steigerung des Besetztkilometer-Preises von 86 auf 90 Cent beim Rufbus heraus.

"Hilft gar nichts", sagt Ehle.Reicht das für den ÖPNV vorgesehene Geld des Landes und des Landkreises nicht für ordentliche Entlohnung? Ehle: "Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich immer höhere Standzeiten, immer mehr Leerfahrten und immer weniger Besetzt-Kilometer zu fahren hatte."

17 000 Leerkilometer im Jahr

Er hat es aufgeschrieben: Im Juli 2009, als er den Vertrag mit Vetter einging, fuhr er mit fünf Linienbussen an Schultagen 732,81 Fahrplankilometer. In den Ferien waren es 510,15 Kilometer mit drei Bussen. Heute, zwei Jahre und fünf Fahrplanwechsel später, sind noch drei Busse im Einsatz. Zwei fahren pro Schultag je 130 Kilometer und sind dafür jeweils höchstens vier Stunden und elf Minuten tatsächlich am Fahren, die restliche Zeit stehen sie. Der dritte Bus fährt schultäglich 2,22 Stunden und 80 Kilometer. "Das ist nicht rentabel", sagt Ehle. "Ich fahre im Jahr 17 000 Leer-Kilometer. Für die gibt es gar nichts." Und im Rufbus-Geschäft hat er folgendes Beispiel: 4.20 Uhr holt sein Kleinbus einen Rufbus-Passagier in Reuden/Süd ab und bringt ihn nach Zerbst. 5.10 Uhr steht der Kleinbus wieder in Reuden/Süd - die nächste Rufbus-Bestellung abarbeiten. So laufen täglich 520 Rufbus-Leerkilometer auf, die nicht bezahlt werden."

Vetter-Betriebsleiter Hans-Jürgen Wolf zuckt mit den Schultern. "Es obliegt dem unternehmerischen Geschick, die Anzahl der Fahrzeuge zu optimieren und ihre Standzeiten anderweitig wirtschaftlich sinnvoll zu nutzen." Er bestreitet energisch, mit der Umlauf-Koordination zusätzliche Leerkilometer beschert zu haben. "Herr Ehle hat den Walternienburger und Güterglücker Raum dazubekommen, als im Nedlitzer Bereich die Fahrgastzahlen drastisch einbrachen." Die von ihm dargestellten beiden Umläufe zum Ehle-Linienfahrtvolumen müssen an Schultagen lediglich leer von Zerbst nach Walternienburg beziehungsweise von Zerbst nach Lindau. "Wenn die Busse zwischen den Fahrten auf den Betriebshof fahren, dann ist das sein Problem."

Noch unklar, wer künftig fährt

Grundsätzlich aber sagt auch Wolf, dass manche aktuelle Rufbus-Strecke aufgrund zunehmender Resonanz wieder zu einer regulären Linie umgewandelt wird. "Das beobachten wir natürlich auch ganz genau. Wenn die Bündelung auf eine feste Bus-Abfahrtszeit etwas bringt, wandeln wir das."

Ehle wie Lachmann sehen Potenzial im Rufbus-System. Die aktuellen Konditionen jedoch seien nicht länger akzeptabel. Andererseits sind die Unternehmen Vetter und Ruthe als Konzessionsinhaber verpflichtet, ein Mindestangebot öffentlicher Beförderung anzubieten. "Das werden wir auch", erklärt Thomas Vetter knapp.