Wernigeröder Profilschleifspezialist beschäftigt wieder fast 100 Mitarbeiter Familienbetrieb ist der Neustart geglückt
Der Neustart für die PSFU Profilschleif-, Fertigungs- Umwelttechnik GmbH in Wernigerode ist geglückt. Nach der Insolvenz 2010 hat sich der Familienbetrieb zurück auf den Markt gekämpft.
Wernigerode l Nils Appelt erhält heute Besuch. Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos) hat sich beim Geschäftsführer der PSFU Profilschleif-, Fertigungs- Umwelttechnik GmbH am Gießerweg angekündigt. Wernigerodes Rathauschef möchte sich persönlich für den großen Einsatz des Unternehmers bei der Rettung der Firma und eines Großteils der Arbeitsplätze bedanken. Appelt: "Der Oberbürgermeister hat sich über uns immer auf dem laufenden gehalten."
Rückblende: Die Auswirkungen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 waren auch an den Harzer Spezialisten nicht spurlos vorübergegangen. Am 1. September 2010 musste die PSFU mit ihren damals fast 125 Beschäftigten in Insolvenz gehen. Nach mehreren Umstrukturierungen während des laufenden Verfahrens gelang es dem Fachanwalt für Insolvenzrecht, Lucas Flöther, das Unternehmen umzuprofilieren und den Geschäftsbetrieb auf die neu gegründete PSFU Wernigerode GmbH zu übertragen. Nils Appelt als bisheriger Prokurist übernahm zum 1. Oktober 2011 die Geschäftsführung.
"Ich empfinde die Insolvenz nicht als Makel", sagt der 40-Jährige, "sie war der richtige Schritt zum richtigen Zeitpunkt." Unter der dadurch geschaffenen Schutzglocke habe der Betrieb komplett weiterlaufen können. "Man hat uns relativ freie Hand gelassen", berichtet Appelt. Abnehmer und Versorger hätten in dieser heiklen Situation zur PSFU gehalten. Von "problembehafteten Produkten" hätten sich die Wernigeröder gleichzeitig konsequent getrennt, um sich auf die gut funktionierenden zu konzentrieren.
Mit Erfolg, wie der Wirtschaftsinformatiker und diplomierte Betriebswirt ein halbes Jahr nach dem Neustart einschätzen kann. "Aktuell haben wir wieder knapp 100 Mitarbeiter", sagt er nicht ohne Stolz Das seien mehr als die ursprünglich geplanten rund 90. Von den in der damals ebenfalls gegründeten und zum 31. März auslaufenden Transfergesellschaft beschäftigten 33 Kollegen hätten bis auf sechs alle vermittelt werden können. Unter der aktuellen Belegschaft gebe es auch erste Neueinstellungen. So unter anderem die drei Lehrlinge, die im Januar erfolgreich ihren Abschluss abgelegt hätten. Der Geschäftsführer betont, dies auch weiter so zuhandhaben. Das Ziel heiße bedarfsgerechte Ausbildung für die Firma, deren Belegschaft ein Durchschnittsalter von Mitte 40 habe. Momentan gebe es sechs Azubis.
Rund sieben Millionen Euro Umsatz sollen 2012 erreicht werden. Er prognostiziere das eher konservativ, betont der Darlingeröder. Auch in punkto Investitionen "sind wir noch etwas vorsichtig". Bei der Neugründung habe er den gesamten Maschinenpark übernehmen müssen.
Warum er sich dies alles eigentlich angetan habe? Das ist für den zweifachen Familienvater ganz simpel, sagt er, "die Firma war nicht am Boden". Er habe sie intern gekannt, sei hier schon fünf Jahre lang in leitender Stellung tätig gewesen. Der Geschäftsführer weiß, was sie leisten kann und was nicht. Etwa 3500 Quadratmeter Produktionsfläche habe PSFU. Es gehe nicht darum, um jeden Preis zu wachsen. Appelt: "Wir wollen uns auf breitere Füße stellen und schauen jetzt genauer hin, ob es passt." Dies heiße unter anderem, sich nicht mehr ausschließlich auf die Automobilindustrie zu konzentrieren. Und: "Wir gehen mit größerem Selbstbewusstsein zu den Kunden." 80 Prozent der Erzeugnisse würden innerhalb der Bundesrepublik ausgeliefert. Der Rest in deutschsprachige Anrainerstaaten wie die Schweiz und Österreich. Dass die PSFU aber sogar weltweit auf dem Markt präsent sei, habe einen einfachen Grund: "Wir wissen nicht, wo die Teile tatsächlich hingehen", sagt der Firmenchef.
Bevor der Unternehmer in die Heimat zurückkehrte, hat er fünfeinhalb Jahre in den USA gelebt und gearbeitet. Diese Erfahrungen wolle er nicht missen. So gehe er mit mehr Ruhe daran, Entscheidungen zu treffen und habe kein Problem damit, sie bei Bedarf zu korrigieren.
In diesem Jahr besteht der von seinem Schwiegervater Andreas Schubert begründete Spezialbetrieb für hochpräzise Zerspanung und die Herstellung anspruchsvoller Designoberflächen 20 Jahre. Und noch immer als Familienbetrieb. Seine Frau arbeite hier, die Schwiegereltern, Tanten, Cousins. Nils Appelt: "Wir sind das letzte Wernigeröder Unternehmen, das noch in Wernigeröder Hand ist." Er ist überzeugtdavon, dass PSFU "ihren Platz haben wird und es für uns eine Perspektive gibt."