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Investor will das ehemalige Lüderitzer Kinderheim in Mehrgenerationenhaus verwandeln Ein Schloss im Dornröschenschlaf soll aus seinen Alpträumen erwachen

Von Rudi-Michael Wienecke 09.02.2013, 02:18

Schrottdiebe und Vandalen waren in den vergangenen sieben Jahren die Einzigen, die sich für das ehemalige Kinderheim in Lüderitz interessierten. Nun ist ein Investor gefunden.

Lüderitz l "Mit Wohlwollen", so die Lüderitzerin Edith Braun, habe der Hauptausschuss der Einheitsgemeinde Tangerhütte im nichtöffentlichen Teil seiner jüngsten Sitzung über den Verkauf des ehemaligen Kinderheimes in Lüderitz beraten. Den Bauausschuss habe das Projekt bereits vorher passiert und am Montag wird der Antrag noch einmal auf der Sitzung des Sozialausschusses zur Sprache kommen. Edith Braun hofft, dass damit der Verkauf in Sack und Tüten ist.

Ein Investor aus dem Landkreis Stendal sei interessiert an dem Objektensemble. Laut Braun soll dort, wo bis 2006 noch Kinder betreut wurden, nun ein Mehrgenerationenhaus beziehungsweise altersgerechtes betreutes Wohnen, ähnlich dem Beispiel Klädens, entstehen. In diesem Ortsteil der Gemeinde Bismark wurde eine ehemalige Schule für das altersgerechte Wohnen umgebaut und in den oberen Stockwerken stehen seit der Sanierung Wohnungen für jüngere Leute zur Verfügung.

Gestern eingehüllt in Schnee, wirkte das Schloss im Lüderitzer Ortsteil Groß Schwarzlosen wie im Dornröschenschlaf. Mit Blick auf die jüngere Geschichte des Objektes waren es aber eher Alpträume, die es zu durchleben hatte. Laut Braun ist das Ensemble in der Denkmalschutz-Landesliste noch als Wasserschloss erfasst. Von Wasser ist aber derzeit, abgesehen von dem in den Wänden, genauso wenig zu sehen wie von einem Schloss. Der Wassergraben, der den einstigen Wohnsitz derer von Borstel umschloss, wurde 1968 zugeschüttet. Der Schlosscharakter ging zum Großteil während der Umbauten zu DDR-Zeiten verloren. Nach dem Leerzug 2006 bekamen die Gebäude den Rest. Schrottdiebe hatten es vor allem auf Buntmetall abgesehen. Kein Wasserrohr, kein Wasserhahn, nicht einmal die Heizungs-Thermostate blieben verschont. Parallel wüteten die Vandalen. "Von den Toiletten, die nach der Wende komplett erneuert wurden, ist nicht ein Stück mehr heil", schimpft die ehemalige Bürgermeisterin von Lüderitz. Auch die Fenster, ebenfalls nach 1990 erneuert, sind zerstört worden. "Ich bin fassungslos, wenn ich daran denke, was hier an Gemeindevermögen sinnlos zerdroschen wurde", fügt Edith Braun hinzu.

Sind die letzten Formalitäten in den politischen Gremien und die der Grundstücksübertragung geklärt, könnten die Vermesser nach Lüderitz kommen. Rund 2000 Quadratmeter auf der ehemaligen Insel seien nur bebaubar. Der Weg von der Kirchstraße als Zugang zum Park bleibe der Öffentlichkeit erhalten.

Heizhaus mit Schornstein soll weichen

Wie Edith Braun erklärte, möchte der neue Eigentümer die einstige Schlossansicht nach den Vorlagen des Denkmalschutzes wieder herstellen. Darüber hinaus habe er sich bereit erklärt, für den Abriss des alten Heizhauses zu sorgen. Besonders der hohe Schornstein bereitete dem Ortschaftsrat in der Vergangenheit Kopfzerbrechen. Er droht auf das Nachbargrundstück zu stürzen. "Da ist Gefahr im Verzug", warnt Edith Braun. Auch ein Teil der Wasserfläche soll wieder zum Vorschein kommen. Für den alten Baumbestand in diesem Gebiet des Dorfes mit Namen "Unter den Eichen" sei das ganz wichtig.

Nach dem Krieg zogen die ersten Kinder in das Schloss, welches auch bis 2006 als Kinderheim genutzt wurde. Anschließend blieb die Kommune auf der Immobilie sitzen, hatte für Versicherung, Grundsteuer, Straßenreinigung und was sonst noch alles dazugehört, zu sorgen.

Mehrere Versuche wurden in der Vergangenheit unternommen, um neue Nutzer zu finden. Einen Interessenten gab es, erinnert sich Braun, dessen Konzept, im Ortschaftsrat mündlich vorgetragen, sei aber nicht schlüssig gewesen. Schriftlich habe er gar nichts eingereicht. "An unsere ortsansässigen Handwerker hätten wir es gern verschenkt", sagt Edith Braun. Alle hätten abgelehnt. Wer sich solchen Objektes annimmt, brauche eben eine Menge Mut und Visionen, so Edith Braun. Der jetzige Investor habe nun den Mut. Dafür könne er aber auch mit Zuschüssen über das Leader-Programm rechnen, denn ein Umbau zum Mehrgenerationenhaus sei förderfähig.