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Winckelmann-Museum zeigt grafische Arbeiten von Anny Schröder Wiederentdeckung einer fast vergessenen Künstlerin

Von Reinhard Opitz 14.06.2010, 05:22

Die am Sonnabend im Winckelmann-Museum eröffnete Ausstellung "Griechische Visionen" ist ein schöner Beitrag zur Wiederentdeckung einer nahezu vergessenen Künstlerin. Anny Schröder (1898 – 1972) hinterließ handwerklich perfekte und künstlerisch ausgefeilte Holz- und Bleischnitte zu antiken Themen. Die Sonderausstellung ist bis zum 5. September zu sehen.

Stendal. Sie war nicht durchweg eine große Künstlerin, hat aber großartige grafische Arbeiten zur Antikerezeption hervorgebracht. Anny Schröder war "ein eigener Charakter", fasste der Mediziner und Archäologe Prof. Dr. Dr. Andreas Hillert aus Prien am Chiemsee am Ende seiner Einführung in die Ausstellung "Griechische Visionen" zusammen.

Seit Mitte der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts bemüht sich Hillert darum, die 1898 in Wien geborene und 1972 in Bad Segeberg verstorbene Ausnahmekünstlerin dem Vergessen zu entreißen. Er hat ihre Herkunft, ihren Lebensweg von der Metropole der k.u.k.-Monarchie über Berlin und Nazi-Deutschland bis in die Nachkriegszeit in Bad Segeberg und natürlich ihre künstlerische Entwicklung erforscht und publiziert. Hilfreich unterstützt wurde und wird er dabei von Dr. Friedrich Flemming. Der Arzt aus Bad Segeberg war mit Anny Schröder in ihrem letzten Lebensjahrzehnt befreundet und verwaltet den größten Teil ihres künstlerischen Nachlasses. Er trug am Sonnabend im Winckelmann-Museum mit sehr persönlichen Erinnerungen an die eigenwillige und kaum Kontakte pflegende Frau zur Entdeckung dieser Künstlerpersönlichkeit bei.

An der Kunstgewerbeschule in der österreichischen Hauptstadt und in den Wiener Werkstätten erlernt Anny Schröder ihre vielfältigen kunsthandwerklichen Fertigkeiten: Holz-, Leder- und Scherenschnitte, Emailarbeiten, das Bemalen von Keramiken und vieles mehr. 1919/20 gibt sie Unterricht im Fach Email an der Kunstgewerbeschule in Halle an der Saale. Nach einer nur fünf Jahre dauernden Ehe mit dem jüdischen Mediziner und Kunsthistoriker Oskar Ehrenfest verlässt sie Wien und siedelt 1930 nach Berlin über. Große Erfolge kann sie auch hier nicht feiern. Obwohl sie Mitglied der Reichskammer der Bildenden Kunst wird und 1934 in der großen Kunstausstellung in der Akademie der Künste vertreten ist, muss sie sich vor allem mit Illustrationen für Zeitschriften und Romanheftchen über Wasser halten – "ohne großen künst- lerischen Anspruch", wie Andreas Hillert urteilte.

Das ändert sich, als sie, ausgelöst durch die Olympischen Spiele 1936 in Berlin, antike Themen aufgreift. Ihr erstes großes Buchprojekt "Griechische Blätter" verbrennt mit sämtlichen Holzstöcken im Bombenhagel von Leipzig. Kurz nach dem Krieg feiert es als Grafikmappe unter dem Titel "Griechische Visionen" glanzvolle Wiederauferstehung. Bis zu ihrem Tod in der ungeliebten Provinz bringt sie zahlreiche weitere Arbeiten von hoher Qualität hervor.