Magdeburg gedenkt und wehrt sich gegen Missbrauch durch Neonazis Glockenläuten erinnert an Stadtzerstörung
Magdeburg gedenkt heute einer der schwersten Stunden der Stadtgeschichte. Am 16. Januar 1945 waren bei einem Bombenangriff mehrere Tausend Elbestädter ums Leben gekommen. Mit Veranstaltungen protestieren die Elbestädter gegen den Missbrauch des Gedenktages durch Neonazis.
Magdeburg l Um 21.28 Uhr hatte der Angriff begonnen. Binnen kürzester Zeit fielen vor allem auf das Stadtzentrum Tausende Bomben. Die Innenstadt wurde zwischen Bahnhof und Elbe in Schutt und Asche gelegt. Tausende Opfer waren zu beklagen. Wie viele es tatsächlich waren, darüber gibt es unterschiedliche Angaben. Klar ist nur: Der von Deutschland angezettelte Krieg war mit aller Brutalität nach Magdeburg zurückgekehrt. Die Elbestädter gedenken dieses Tages heute mit Stadtführungen, Vorträgen, Informationsveranstaltungen und Konzerten. Um 21.28 Uhr läuten zudem die Glocken vieler Kirchen. Zu dieser Uhrzeit hatte der Angriff 1945 begonnen. Zugleich dienen alle Veranstaltungen der Mahnung und Aufklärung, weil Neonazis den Tag für ihre Zwecke missbrauchen.
Zu DDR-Zeiten war von bis zu 16000 Toten die Rede. Einen historischen Beleg für diese Aussage gibt es jedoch nicht, sagt Freya Paschen, Sprecherin der Magdeburger Museen. Niemand könne sagen, woher die Zahl stamme. Mit der politischen Wende hat das Kulturhistorische Museum weitere Forschungen angestellt und Quellen gesucht. Aber auch danach sind die Opferzahlen nicht sicher bestimmbar.
Nach Angaben des Museums gibt es einen Hinweis, der aus dem Statistischen Jahrbuch der Stadt Magdeburg von 1946 stammt. Danach ist in diesem Werk von 6000 Toten und 11221 Verletzten die Rede. Aus dem Jahrbuch zitiert auch der Magdeburger Autor Manfred Wille in seinem Buch "Der Himmel brennt über Magdeburg" und nennt dieselbe Zahl.
In einem weiteren Werk gemeinsam mit Rudi Hartwig hat Wille recherchiert, dass 3756 Magdeburger auf Friedhöfen beigesetzt worden sind, die bei Luftangriffen ums Leben kamen. Diese Zahl sei die einzige, die amtlich verbrieft ist, aber auch Opfer anderer Bombenangriffe enthalte, so Freya Paschen. Eine abschließende und gesicherte Zahl über die Opfer des 16. Januar 1945 sei bis heute nicht zu finden, sagte die Museumssprecherin weiter. Derzeit gebe es keine aktuelle Forschung, weil sich die wissenschaftliche Arbeit momentan auf die Geschichte des Ersten Weltkrieges konzentriere. Dennoch sei das Interesse an Erinnerungen groß. Innerhalb der laufenden Ausstellung "Der Breite Weg - ein verlorenes Stadtbild" gebe es ein Zeitzeugenprojekt. Gesucht werden Erinnerungen an den Breiten Weg vor und nach seiner Zerstörung. Das schließe die Erlebnisse vom 16. Januar 1945 mit ein, ebenso alle Hinweise, die zur weiteren Aufklärung der Umstände und Folgen des Luftangriffs vor 69 Jahren dienen, dessen die Magdeburger heute gedenken.