Vermisste Kinder in Sachsen-Anhalt Sondereinheit Kindersuche gefordert
Am Montag ist der "Tag der vermissten Kinder". Jedes Jahr werden 100.000 als vermisst gemeldet -- einige bleiben bis heute verschwunden, wie jetzt Inga aus Schönebeck. Eine Bundesinitiative fordert eine Polizei-Sondereinheit wie in Polen.
Magdeburg (js/mf/dpa) l Die Suche nach verschwundenen Kindern sollte zentral von einer Polizeidienststelle auf Bundesebene gesteuert werden. Dies hat die "Initiative für Vermisste Kinder" gefordert. So könnten Informationen koordiniert und schneller unter die Leute gebracht werden. "Bei Fällen, in denen Kinder entführt werden, beträgt die Überlebenschance nur wenige Stunden", sagte ihr Bundesvorsitzender Lars Bruhns in Hamburg. Bruhns verwies auf Polen.
In Warschau gebe es seit zwei Jahren eine zentrale Sondereinheit, die rund um die Uhr Zugriff auf zahlreiche Inernetseiten habe. So sei es Dank eines schellen Alarms 2014 gelungen, ein Mädchen zu finden. Die Zehnjährige war bei Stettin entführt und dann von deutschen Polizisten gerettet worden.
Die Initiative und der Opferverein Weißer Ring organisieren jährlich am 25. Mai den Tag der vermissten Kinder. Der Vorschlag der Initiative besitzt derzeit aktuelle Brisanz, da die fünfjährige Inga Gehricke aus Schönebeck seit drei Wochen verschwunden ist. Die Einrichtung einer zentralen Sucheinheit auf Bundesebene war unter Sachsen-Anhalts Innenpolitikern bislang kein Thema. Vize-Fraktionschef Rüdiger Erben (SPD), bis 2011 als Staatssekretär für die Polizei mit zuständig, sagte: "Unter fachlichen Gesichtspunkten sehe ich derzeit keine Notwendigkeit für solch eine Zentrale. Es gibt keine grundlegenden Defizite."
Wird ein Kind bei der Polizei als vermisst gemeldet, würden Medien wie Presse, Agenturen und Rundfunk bundesweit informiert, sobald dies ermittlungstaktisch geboten sei und Eltern ihr Einverständnis gegeben haben, erklärte ein Sprecher der Polizeidirektion Nord in Magdeburg. Im Falle der kleinen Inga war dies etwa 18 Stunden nach ihrem Verschwinden der Fall. Am Abend des 2. Mai, einem Sonnabend, hatte die Polizei zunächst mit der Suche in einem Waldstück im Wilhelmshof bei Stendal begonnen, wo das Mädchen mit der Familie das Wochenede verbrachte und vom Holzsammeln für ein Grillfeuer nicht zurückgekehrt war.
Am Sonntagmittag begann die öffentliche Fahndung. Zudem sind alle Polizeidienststellen in Deutschland und des Schengenraums (26 europäische Länder) eingeschaltet. Darüber hinaus gingen Informationen auch in die sozialen Netzwerke wie Facebook. Vor allem dort fehlt es nach Auffassung der Initiative an Klarheit und Koordination. Bruhns meint: "Der Zeitablauf muss sehr viel schneller sein. Die förderalen Strukturen sind schwerfällig."
Die Ermittlungsgruppe "Wald" geht den inzwischen hunderten Hinweisen aus ganz Deutschland weiter nach. Polizeisprecher Marc Becher: "Eine heiße Spur war bisher noch nicht dabei." Auch die Ermittlungen vor Ort laufen über Pfingsten weiter.