Altmarkdorf gibt vor Eingemeindung mehr als 15 Millionen Euro aus Steinitz verjubelt Millionen, zahlen soll Salzwedel
Die Zwangseingemeindung von Steinitz kommt die Hansestadt Salzwedel teuer zu stehen. Nur deshalb werde die Kreisstadt ein Defizit von mehr als zehn Millionen Euro bis 2013 einfahren. Das geht aus einem Schreiben der Stadt an das Landesverfassungsgericht hervor.
Salzwedel l Der von Rechtsamtsleiter Erich Kaiser unterzeichnete Brief birgt politischen Zündstoff. Der Amtsleiter wirft darin der Gemeinde Steinitz, die sich vor dem Landesverfassungsgericht gegen eine Eingemeindung nach Salzwedel wehrt, vor, "alle Anstrengungen unternommen zu haben, um die Rücklage" bis zur Zwangseingemeindung am 1. Januar 2011 "aufzubrauchen". Rund 15,8 Millionen Euro hatte Steinitz - dank potenter Gewerbesteuerzahler eine der reichsten Gemeinden Sachsen-Anhalts - Ende 2008 auf der hohen Kante.
Zwei Jahre später belief sich das Restguthaben auf gerade noch 540000 Euro - mit Zustimmung der Kommunalaufsicht des Landkreises. Die hatte die Haushaltspläne genehmigt und damit auch die Investitionen. So flossen nach Volksstimme-Recherchen zwischen 2008 und 2010 rund 4,4 Millionen Euro in Straßenbauprojekte. Die Jeetze-Landschaftssanierung, eine Arbeitsbeschaffungsgesellschaft, erhielt zwei Millionen Euro, unter anderem für den Märchenpark, eine Touristenattraktion vor den Toren der Stadt. Für gut eine Million Euro bauten die Steinitzer ihr Schützenhaus um, bezuschussten Vereine und Verbände sowie die Kultur mit 800000 Euro, leisteten sich für 370000 Euro einen Anwalt, gaben 150000 Euro für den Bau der Salzwedeler Feuerwache, kauften Aktien ... Außerdem mussten 4,3 Millionen Euro Steuern zurückgezahlt werden.
Die Steinitzer Rücklage fehlt der Hansestadt nun, um Ausfälle in Millionenhöhe zu kompensieren. Den allgemeinen Zuweisungen liegt Steinitz\' hohe Steuerkraft von 2008 zugrunde. Erschwerend kommt die Kreisumlage auf Basis des gültigen Finanzausgleichsgesetzes hinzu, so dass bei der altmärkischen Kreisstadt bis 2013 ein Haushaltsdefizit von mehr als 10,9 Millionen Euro entsteht, hat Salzwedels Kämmerei errechnet. Die Hansestadt Salzwedel ist auch Steuerschuldner für die Hubschrauberrundflüge für Steinitzer Gemeindemitglieder geworden. Die Helikoptertouren, den Ball der Vereine und andere rauschende Feste hatte das Finanzamt aufgrund des VIP-Erlasses nachversteuert. Der Steinitzer Bürgermeister Ernst-Otto Schuhl konnte die Teilnehmerliste nicht vorlegen, nutzte Möglichkeiten des Steuerrechts, beglich aber den Nachbescheid nicht.
Mit der Stellungnahme der Hansestadt wird der Ton im Streit um die Rechtmäßigkeit der Zwangseingemeindung rauer. Die Anwälte des altmärkischen 478-Einwohner-Dorfes hatten Anfang Juli Verfassungsbeschwerde vor dem Landesverfassungsgericht eingereicht.
"Wir hatten einen genehmigten Haushalt. Es ist erstaunlich, dass die Stadträte nichts wissen", kann Schuhl die Aufregung nicht nachvollziehen. Steinitz habe einige Millionen Euro Steuern zurückzahlen müssen und in Absprache und mit Zustimmung Salzwedels Straßen auf Stadtterritorium gebaut. Kaiser kritisiert hingegen, dass das Landesverwaltungsamt die Verantwortung auf die Landkreise als Aufsicht abwälze. So hätten Altmarkkreis-Landrat Michael Ziche (CDU) und weitere Landräte das Innenministerium zu Übergangsregelungen aufgefordert, die Fälle wie die von Steinitz ausschließen sollten - allerdings erfolglos. Seite 5