Eine Magdeburgerin geht ab morgen in Singapur als eine von vier Deutschen an den Start im Wettstreit. Von Martin Rieß Biologie-Olympiade: Martina Heller will Gold
Eine bislang unbekannte Heuschreckenart hat Martina Heller vor Jahren entdeckt. Jetzt fehlt der Abiturientin noch ein Titel bei der Internationalen Biologie-Olympiade. In den kommenden Tagen stellt sie sich dem Wettbewerb in Singapur.
Magdeburg/Singapur l Die Abifeier fällt für Martina Heller aus Magdeburg aus. Und das, obwohl die 18-jährige Abiturientin vom Werner-von-Siemens-Gymnasium in der Landeshauptstadt einen glatten Abi-Schnitt von 1,0 vorgelegt hat. Aber eine andere Verpflichtung geht vor. Martina Heller wird nämlich Deutschland bei der Internationalen Biologie-Olympiade in Singapur vertreten. Der Wettstreit der Besten unter den Nachwuchswissenschaftlern aus aller Welt beginnt morgen offiziell. Bis zum 15. Juli werden sich die Bio-Asse miteinander in Theorie und Praxis messen.
"Natürlich bin ich auch ein bisschen aufgeregt", gibt Martina Heller unumwunden zu. Sie hat sich mit ihren Eltern, ihrem Klassen- und Biolehrer Bernd Langnäse und Dorit Darge, ebenfalls Biolehrerin im Siemensgymnasium und Landesbeauftragte für die Internationale Biologie-Olympiade, bei Kaffee und Kuchen im Vorbereitungsraum für Biologie der Schule getroffen. Langnäse: "Ich bin durchaus optimistisch. Martina ist immer eine herausragende Schülerin gewesen, und sie hätte ihr Abitur schon in der zehnten Klasse in der Tasche haben können." Dorit Darge ist auch voller Zuversicht. Und ein bisschen stolz ist sie schon jetzt: Erstmals seit 15 Jahren ist mit Martina Heller eine Teilnehmerin aus Sachsen-Anhalt mit von der Partie beim abschließenden Wettstreit der Nachwuchsbiologen.
"Die Biologie war bei uns zu Hause sehr oft ein Thema."
Martina Heller ist das Interesse zur Wissenschaft des Lebens quasi mit in die Wiege gelegt worden: Ihre Eltern sind beide Biologen. "Klar, das hat mich auch geprägt. Die Biologie war bei uns auch zu Hause sehr oft ein Thema", erinnert sich Martina Heller.
Allerdings ist die Biologie nicht ihr einziges Thema: Martina Heller widmet sich als Ausgleich zur Wissenschaft dem Voltigiersport. "Dies allerdings ganz und gar ohne Leistungsdruck und abseits des Wettkampfbetriebs", stellt die 18-jährige Wissenschaftswettkämpferin klar. Und ebenfalls zur Entspannung spielt sie ab und zu Blockflöte, dem Instrument, dessen Spiel sie bis zur achten Klasse intensiv geübt hat. "Danach war die Zeit irgendwie immer ein wenig knapp geworden", sagt sie.
Kein Wunder, denn auch in der Schule war es ja nicht allein die Biologie, der sie sich verschrieben hatte und die daher auch noch die eine oder andere Stunde nach Schulschluss in Anspruch genommen hat: Das Fach Psychologie hat sie in der Schule besonders begeistert. Ebenso wie Latein und Mathe.
"Für die Mathematik muss man zu Hause viel mehr arbeiten."
In früheren Jahren hat die Bio-Olympionikin noch an Mathe-Olympiaden teilgenommen. "Aber mal ganz ehrlich: Für die Mathematik muss man zu Hause viel mehr arbeiten als für die Biologie. Da muss man Wege und Strategien selbst entwickeln. In der Biologie geht es hingegen vielmehr um Wissen", sagt Martina Heller.
Wissen, das trainiert und vorbereitet sein möchte. Das Training stand daher auch im Mittelpunkt bei der vierten und letzten Runde auf nationaler Ebene in Kiel. Sechs Tage waren dafür im Kalender von Martina Heller markiert, sechs Tage, in denen es um Meerrettich-Peroxidase, die Wachstumsrate von Bakterien oder die Anatomie von Schollen ging. Ganz wichtig: Der theoretische Prüfungsteil unter Bedingungen des bevorstehenden internationalen Wettkampfs. Und immer wieder; Praxis, Praxis, Praxis. Eine andere Teilnehmerin der vierten Runde berichtet von dem "gefürchteten Botanik-Praktikum", bei dem es um die Bestimmung von Luftwurzeln ging.
Daheim in Magdeburg hat Martina Heller schon längst bewiesen, dass sie zur Spitze gehört: In der Theorie mit hervorragenden Leistungen in der Schule samt Auszeichnung als beste Abiturientin dieses Jahres im Fach Biologie - aber auch in der Praxis des Naturforschers. Bei einem Urlaub in der Türkei vor einigen Jahren hat sie eine eigene Tierart entdeckt. Eine Heuschrecken-Art - die inzwischen auch nach ihr benannt ist: Als Poeculimon martinae ist das Insekt in der Fachliteratur zu finden. Die Tiere sind weder eine besonders seltene Spezies, noch sind sie besonders scheu im Vergleich zu anderen Heuschrecken. "Viele Insektenarten sind aber einfach sehr schwer auseinanderzuhalten", erklärt Martina Heller. Oft gelingt es nur Spezialisten, die feinen Unterschiede zwischen den einzelnen Arten der gut getarnt in Sträuchern und auf Wiesen verborgenen Sechsbeiner zu unterscheiden. Vater Klaus-Gerhard Heller erläutert: "Um eine Heuschreckenart zu entdecken, muss man sie erst einmal finden. Kinder können Heuschrecken viel besser entdecken als Erwachsene. Sie hören nämlich noch die höheren Frequenzen und können die Tiere gut orten." Ob seine Tochter die neuen Heuschrecken heute noch erlauschen könnte? Vielleicht - sicher ist das nicht. "Das Gehör des Menschen verändert sich ziemlich zeitig", sagt Mutter Marianne Volleth. Das bedeutet: Über Jahrhunderte haben die Menschen Martinas Heuschrecke wahrgenommen, sie aber nicht als eigene Art erkannt. Auch heute noch sei es daher möglich, auch in vertrautem Gebiet eine neue Art zu entdecken, konstatiert die Heuschrecken-Entdeckerin Martina Heller.
Und wie soll es nach der Internationalen Biologie-Olympiade in Singapur weitergehen? Die reine Lehre von der Biologie wird es keinesfalls. "Nein, da habe ich doch schon längst gesehen, wie schwer es ist, damit beruflich Fuß zu fassen - egal, wie gut man am Ende ist", erklärt Martina Heller.
"Ich muss jetzt einfach einmal von zu Hause weg."
Doch so ganz fern vom Stamm fällt der Apfel auch in diesem Falle nicht. Zwar ist Mutter Marianne Volleth eine diplomierte Biologin - ihre Brötchen verdient sie allerdings an der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität in der Humangenetik. "Ich habe daher einen guten Einblick in den Alltag an der Medizinischen Fakultät und mich entschlossen, Medizin zu studieren", erzählt Martina Heller. Dies aber nicht in Magdeburg. "Ich muss jetzt einfach einmal von zu Hause weg", sagt sie und umreißt das Idealbild ihrer Universitätsstadt: Sie sollte nicht zu groß und gut zu erreichen sein. Denkbar also: Greifswald oder Würzburg.