Bundestagswahl AfD holt Wahlsieg in Thüringen - CDU: „Warnsignal“
Erneut gewinnt die AfD eine Wahl in Thüringen - diesmal haushoch. Die Partei kommt auf ein Ergebnis doppelt so hoch wie die CDU. Die AfD-Siegesserie in den Wahlkreisen durchbricht nur ein Linker.
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Erfurt - Die AfD gewinnt die Bundestagswahl in Thüringen mit ihrem bisher besten Ergebnis. Die Partei von Rechtsaußen Björn Höcke kommt auf 38,6 Prozent der Stimmen nach Auszählung aller Wahlbezirke. Höcke nannte das Ergebnis „historisch“. CDU-Ministerpräsident Mario Voigt hingegen sprach von einem „Weckruf für die Politik“. Thüringens CDU-Vize Christian Hirte bezeichnete das hohe AfD-Ergebnis am Wahlabend als „Warnsignal für das ganze Land“.
CDU unter 20 Prozent
Die Christdemokraten landeten weit hinter der AfD - mit 18,6 Prozent, vor der Linken mit 15,2 Prozent. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) kam auf 9,4 Prozent, die SPD auf 8,8 Prozent. Alle anderen Parteien lagen unter der Fünf-Prozent-Marke. Die Wahlbeteiligung lag bei 80,7 Prozent. Die Bundestagswahl 2021 hatte in Thüringen ebenfalls bereits die AfD gewonnen - vor der SPD und der CDU.
Im Bund zeichnete sich für die AfD Platz zwei ab - hinter der Union. Im Gegensatz zur AfD-Parteispitze sprach sich Höcke gegen eine Koalition mit der Union im Bund aus. Er könne seiner Partei im Augenblick nicht empfehlen, in eine Koalition als Juniorpartner mit dieser CDU reinzugehen, sagte Höcke bei der AfD-Wahlparty in Berlin. „Ich erwarte von der CDU eine 180-Grad-Wende in Bezug auf die Merkel-Jahre“, fügte er hinzu und forderte eine Distanzierung von der Energiewendepolitik und der „Multikulturalisierungspolitik“.
Ramelow gewinnt Wahlkreis
In dem guten Abschneiden seiner Partei in Thüringen sieht Höcke auch ein Signal an die Landesregierung. Die Thüringer hätten „nicht nur die Ampel abgewählt, sondern auch die Brombeere“. In Thüringen regiert eine sogenannte Brombeer-Koalition aus CDU, BSW und SPD, eine Mehrheit hat sie aber nicht.
Auch mit ihren Direktkandidaten erzielte die AfD Erfolge - und gewann in sieben von acht Thüringer Wahlkreisen. Den Wahlkreis Erfurt-Weimar-Weimarer Land II holte Thüringens Ex-Ministerpräsident Bodo Ramelow für die Linke. Der 69-Jährige setzte sich klar gegen den AfD-Kandidaten Alexander Claus durch. Ramelow sagte: „Offenbar kann man mit Geradlinigkeit Wahlen gewinnen.“ Laut dem neuen Wahlrecht ziehen die Sieger im Wahlkreis allerdings nicht wie bisher automatisch in den Bundestag ein. Sie bekommen nur noch dann ein Mandat, wenn ihre Partei auf genügend Zweitstimmen kommt.
Hirte gab der bisherigen Ampel-Regierung eine Mitschuld am Erfolg der AfD. Sie habe das Ergebnis der AfD verdoppelt. Voigt sagte der dpa, erst wenn sich in Berlin etwas grundlegend ändere, bestehe die Chance, das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen. Zugleich sah er das AfD-Ergebnis als Ansporn, den pragmatischen Politik-Kurs der Thüringer Landesregierung aus CDU, BSW und SPD fortzusetzen.
SPD-Chef: „Bittere Niederlage“
Thüringens SPD-Chef Georg Maier nannte das Abschneiden seiner Partei eine „bittere Niederlage“. „Das ist kein schöner Tag für die SPD“, sagte Maier. Offenbar hätten viele Menschen die SPD für das Aus der Ampel-Koalition verantwortlich gemacht, sagte er. Zudem sei die SPD bei vielen Wählern mit ihren Kernthemen Renten und Löhne nicht durchgedrungen. Der Wahlkampf sei von Debatten über die Migrationspolitik überlagert worden, sagte Maier.
Rückkehr der Linken
Jubel herrschte dagegen bei den Linken: Ihr gelang ein Überraschungserfolg im Bund. „Wir sind zurück, stärker als zuvor“, schrieb Thüringens Linke-Chef Christian Schaft bei X. Es gebe eine starke Linke im Bundestag. „Krass Leute und einfach danke!“
Der Ost-Beauftragte der Bundesregierung und SPD-Abgeordnete Carsten Schneider rechnet mit einer schwierigen Regierungsbildung. Es müsse sich noch zeigen, welche Koalitionsoptionen es überhaupt gebe, sagte Schneider. CDU-Spitzenkandidat Friedrich Merz habe durch einige seiner Aussagen die Suche nach einer Mehrheit im Bundestag erschwert. Dennoch liege der Auftrag zur Bildung einer Regierung bei ihm und der Union. „Er muss jetzt eine Regierung bilden. Soll er mal machen.“
BSW bangt um Einzug in Bundestag
Für das Bündnis Sahra Wagenknecht wurde der Wahlabend zur Zitterpartie. Thüringens BSW-Co-Chef Steffen Schütz zeigte sich zuversichtlich, dass seine Partei über die Fünf-Prozent-Hürde kommen werde. „Wenn es klappt - und davon gehe ich aus - dann ist das ein historisches Ergebnis“, sagte Schütz. In Thüringen ist das BSW an der neuen Brombeer-Landesregierung beteiligt, Schütz ist als Infrastrukturminister Teil des Kabinetts.
Die Bundestagswahl in Thüringen verlief weitgehend störungsfrei. Nach Polizeiangaben hatten Unbekannte in Bad Sulza in Sichtweite eines Wahllokals ein drei mal drei Meter großes Hakenkreuz angebracht. Einen Tag vor der Wahl waren tausende Menschen gegen einen Rechtsruck in der Gesellschaft auf die Straße gegangen - allein rund 4.000 in Erfurt. Sie zogen unter anderem mit Plakaten durch die Innenstadt zum Domplatz, wo die AfD Thüringen ihren Wahlkampfabschluss abhielt. Laut Polizei hatten sich zu der AfD-Kundgebung rund 1.100 Teilnehmer versammelt.