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Fußball-Nationalmannschaft Ausfälle und Zeitdruck: Nagelsmanns schwerer Italien-Plan

Gegen Italien soll die Nationalmannschaft Titelreife demonstrieren. Doch dem Bundestrainer ist fast die ganze Offensive weggebrochen. Spekuliert wird über besondere Namen, aber Nagelsmann blockt ab.

Von Arne Richter und Klaus Bergmann, dpa 11.03.2025, 10:08
Der Bundestrainer benennt sein Personal für die ersten Länderspiele des Jahres.
Der Bundestrainer benennt sein Personal für die ersten Länderspiele des Jahres. Jan Woitas/dpa

Frankfurt/Main - Kein Florian Wirtz. Kein Kai Havertz. Und schon lange kein Torgarant Niclas Füllkrug mehr. Wenn Julian Nagelsmann sein Personaltableau für den Knaller-Start der Fußball-Nationalmannschaft ins Länderspieljahr gegen Italien zusammenstellt, klaffen vor allem in der Offensive bedenkliche Lücken. Ein Großteil der umjubelten EM-Angriffsformation - also alle außer Jamal Musiala - muss der Bundestrainer beim brisanten K.o.-Doppelpack in der kommenden Woche ersetzen. 

Und das sind bei weitem nicht die einzigen Baustellen. Auch im defensiven Mittelfeld ist die Lage für den Bundestrainer nicht rosig. Alexander Pavlovic ist mal wieder längerfristig malade, Robert Andrich bei Bayer Leverkusen zuletzt krank und davor oft nur Reservist. Längst wird über ein Comeback des seit mehr als einem Jahr verbannten Leon Goretzka spekuliert, auch wenn es hierfür aus dem DFB-Dunstkreis keine Signale gibt. 

Kein Kontakt mit Goretzka

„Ich bin nicht im Kontakt mit Julian“, sagte Goretzka vor dem Achtelfinal-Rückspiel des FC Bayern bei Bayer Leverkusen. „Es ist ja kein Geheimnis, dass ich jedes einzelne meiner Länderspiele mit großem Stolz gemacht habe und mir natürlich auch wünschen würde, dass da noch welche dazukommen“, fügte der 30-Jährige an. Also wohl auch kein Goretzka. 

Die Liste öffentlich gehandelter Ersatz-Kandidaten für diverse Positionen wurde zuletzt jedenfalls lang und länger. Nagelsmann selbst sprach vorerst noch mehr über ein anderes Problem. „Wir haben nur wenig Zeit. Wir haben praktisch nur ein richtiges Training“, beschrieb er schon Ende Januar beim Festakt zum 125. DFB-Geburtstag in Leipzig die Ausgangslage für den sehr kurzen Vorlauf zu den Viertelfinals in der Nations League gegen die Squadra Azzurra, in denen der Sprung zum Finalturnier im Juni gelingen soll. 

Im Januar konnte der 37-Jährige noch mit einem Glas Rotwein in der Hand recht lässig seine Vertragsverlängerung bis zur EM 2028 feiern. Doch die für den ehrgeizigen Coach viel zu langen vier Monate Winterpause sind jetzt vorbei. Plötzlich rennt die Zeit und Entscheidungen müssen her. Nicht nur für die Positionen ganz vorne. Mit Spannung wird erwartet, welche Antworten Nagelsmann bei seiner Kaderbekanntgabe am Donnerstag (11.00 Uhr) gibt.

Akuter Zeitmangel für den Bundestrainer 

Zeit- und Personalprobleme sind dabei für den Bundestrainer miteinander verquickt. Er hat schlicht keine Chancen, möglichen Debütanten seine Idee im Schnelldurchlauf zu vermitteln. Soll heißen: Wer die Abläufe beim DFB-Team schon kennt, hat klare Vorteile. „Das ist der kürzeste Lehrgang, den wir haben, da können wir gar nicht viel verändern“, erklärte Nagelsmann. „Wir können in zwei Einheiten den Plan gegen die Italiener trainieren, so 20 Minuten jeweils“, sagte er im Interview der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“.

Potenzielle Neulinge wie Stuttgarts Stoßstürmer Nick Woltemade oder der medial plötzlich gepushte, in Deutschland aber ziemlich unbekannte Mika Biereth, der bei der AS Monaco gerade durchstartet und auch für Dänemark, England oder Bosnien-Herzegowina spielen könnte, wären auf dem Personalbogen somit eine faustdicke Überraschung. 

Setzt Nagelsmann seinen Routine-Bonus konsequent um, wäre logischerweise auch BVB-Reservist Waldemar Anton in der Abwehr eher dabei als der junge Yann Aurel Bisseck, der von Inter Mailand neben guter Form auch Italien-Expertise mitbringen könnte. 

Vakante Offensiv-Slots

Für Füllkrug, der bei West Ham United nach Monaten immerhin wieder auf dem Trainingsplatz steht, hat sich Gladbachs Tim Kleindienst mittlerweile als Option ganz vorne bewährt. Doch wer soll die verletzten Wirtz und Havertz ersetzen? Sicher dabei sind neben Musiala und Kleindienst auch die Stuttgarter Chris Führich und Deniz Undav und Bayerns Leroy Sané. Bleiben mindestens drei vakante Offensiv-Slots. 

Nadiem Amiri werden gute Chancen eingeräumt. Der spielte zwar zuletzt 2020 noch unter Bundestrainer Joachim Löw für Deutschland, trumpft aber gerade mit Mainz 05 mächtig auf. Sein Club-Kompagnon Jonathan Burkardt steht auf dem Nagelsmann-Zettel. Jamie Leweling könnte nach seinem tollen Tor-Debüt gegen Holland (1:0) im Oktober zurückkehren. Karim Adeyemi ist einer der wenige Dortmunder Lichtblicke. Sein BVB-Kollege Maximilian Beier fiel zuletzt deutlich ab. Beide könnten auch noch für die U21 spielen. 

Keine Veränderungen plant Nagelmann mit Joshua Kimmich. Der Kapitän muss mangels Alternativen weiter hinten rechts spielen, auch wenn es in der Sechser-Zentrale ebenfalls klemmt. 

„Ich muss abwägen: Was ist die kleinere, was ist die größere Baustelle? Aktuell sehe ich noch keinen stabileren Rechtsverteidiger als Josh, erst recht nicht nach der Verletzung von Benny Henrichs. Auf der Sechs habe ich Pascal (Groß), Angelo (Stiller), Pavlo (Aleksandar Pavlović), wenn er fit ist, Rob (Andrich), Felix (Nmecha) und weitere Kandidaten. Das ist die kleinere Baustelle. Deswegen halte ich auch erst einmal daran fest“, sagte er der „FAZ“.

Eine weitere Entscheidung muss Nagelsmann noch fällen. Oliver Baumann oder Alexander Nübel? Wer wird zur Teilzeit-Nummer-Eins in Abwesenheit von Rekonvaleszent Marc-André ter Stegen? Nach dem Vorspielen im Oktober und November wirkt es, als habe der gerade wieder genesene Hoffenheimer Baumann die Nase vorn. Antworten gibt der Bundestrainer am Donnerstag.