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Berlin Ausschreitungen im Freibad: Kanzler für Polizeieinsatz

Ausgerechnet zu Beginn der Sommerferien ist eines der beliebtesten Freibäder in Berlin nach wiederholter Gewalt geschlossen. Die Politik verspricht sich durch eine Reihe von Maßnahmen mehr Sicherheit. Doch wie schnell kann das gehen?

Von dpa Aktualisiert: 14.07.2023, 15:47
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht. Michael Kappeler/dpa

Berlin - Nach Gewaltausbrüchen in Berliner Freibädern hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz dafür ausgesprochen, mit Polizei gegen die Randalierer vorzugehen. „Es ist völlig richtig, wenn daraus die Konsequenz gezogen wird, jetzt auch Polizei einzusetzen“, sagte der SPD-Politiker am Freitag in Berlin bei seiner Sommer-Pressekonferenz. Derartige Vorfälle dürften nicht „achselzuckend“ zur Kenntnis genommen werden, betonte Scholz. Es müsse klar werden, „dass wir als Staat das nicht dulden“.

Gewaltsame Auseinandersetzungen in Freibädern in Neukölln und Kreuzberg haben für bundesweite Schlagzeilen gesorgt. Das Columbiabad in Neukölln wurde am vergangenen Sonntag zum wiederholten Mal geräumt. Seither ist das beliebte Bad wegen hohen Krankenstandes geschlossen.

Das Freibad ist überregional bekannt, weil es dort öfter Randale und Probleme mit Jugendlichen und jungen Männern gibt. Der Bezirk Neukölln gilt in Teilen als sozialer Brennpunkt. Zur Frage, ob die Vorfälle auf Integrationsdefizite zurückzuführen seien, äußerte sich Kanzler Scholz ausweichend: „Wer sowas macht, verhält sich nicht so, wie unsere Regeln sind.“

Um Randalierer künftig aus Berliner Bädern fernzuhalten, sollen nach dem Willen der Landesregierung eine Reihe von Sicherheitsvorkehrungen ergriffen werden. So soll es etwa eine Ausweispflicht geben für die Bäder. Zudem sind eine Videoüberwachung an den Eingängen sowie mobile Polizei-Wachen am Columbiabad und dem Prinzenbad Kreuzberg geplant, wo es am vergangenen Sonntag ebenfalls eine Schlägerei gab.

Zur Umsetzung sind allerdings noch zahlreiche Fragen offen. „Aktuell laufen noch die nötigen Abstimmungen“, hieß es von den Berliner Bäder-Betrieben (BBB) am Freitagvormittag. Der Vorstandsvorsitzende Johannes Kleinsorg sei dazu mit den politisch Verantwortlichen im Gespräch. Eine Sprecherin der Bäder-Betriebe kündigte für den Nachmittag eine Pressemitteilung dazu an.

Tags zuvor hatten Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und Innensenatorin Iris Spranger (SPD) betont, dass man in den Bädern „keine rechtsfreien Räume“ zulassen werde. In erster Linie hätten zwar die Bäder-Betriebe als Betreiber für Sicherheit zu sorgen, aber auch die Landesregierung sei in der Pflicht.

Ob das beliebte Columbiabad zum ersten Ferienwochenende mit voraussichtlich Temperaturen über 30 Grad wieder geöffnet ist, stand zunächst nicht fest. Innensenatorin Spranger hatte am Donnerstag verdeutlicht, dass sie von den Bäder-Betrieben erwartet, die Einrichtung dann wieder zu öffnen. „Wir entscheiden von Tag zu Tag“, hieß es dazu zunächst von der Unternehmenssprecherin.

Auf der Suche nach möglichen Auslösern für Gewaltausbrüche in Freibädern verwies der Kriminologe Vincenz Leuschner in der „Berliner Morgenpost“ auf Aspekte wie Selbstdarstellung, Gruppendynamik, das Verständnis von Männlichkeit - und natürlich die Wärme. „Hohe Temperaturen sind nicht gerade zuträglich dafür, Aggressionen, die man mit sich rumschleppt, im Zaum zu halten“, sagte Leuschner der Zeitung. Er ist Professor für Kriminologie und Soziologie an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin.

Ein allgemeiner Befund aus der Kriminologie sei, dass meistens junge Männer an Gewalt beteiligt seien - die aber wiederum auch am meisten darunter litten. „Wir müssen uns daher mit Männlichkeitskonzepten auseinandersetzen, die auch in Freibädern zum Tragen kommen: sich in der Ehre verletzt fühlen, Autoritäten nicht anerkennen“, sagte er.